Kleists Beziehung zum Theater ist durchaus problematischer Natur, weil Kleist nie eine Aufführung seiner Stücke auf dem Theater gesehen hat. Zu seinen Lebzeiten kamen insgesamt nur fünf Aufführungen zustande. Die Geschichte der Beziehungen des Dramatikers Kleist zum Theater seiner Zeit kann man aber nicht nur als eine der Mißerfolge und Demütigungen, sondern auch als eine der tapferen Selbstbehauptung und Selbstfindung beschreiben. Die Entwicklung der Kleistschen Dramatik und des ihr immanenten Darstellungsstils bis hin zum »Homburg« ist auch das Ergebnis nicht stattgehabter Anpassung, eines zunehmend kritischen Verhältnisses gegenüber dem zeitgenössischen Theater und einer erzwungenen gewaltigen Imagination. Dafür gibt es schon aus Kleists Dresdner Zeit die ersten Zeugnisse. In Briefen an Marie von Kleist und Goethe (Spätherbst 1807/24. Januar 1808) äußerte sich Kleist kritisch zum Theater, indem er bezweifelte, ob seine Stücke gespielt würden, weil »... die Kräfte unserer Schauspieler auf nichts geübt, als Naturen, wie die Kotzebueschen und Ifflandschen sind, nachzuahmen« und »Unsre übrigen Bühnen sind weder vor noch hinter dem Vorhang so beschaffen, daß ich auf diese Auszeichnung (daß »Penthesilea« gespielt würde - A. W.) rechnen dürfte ...«
Diese kritischen Äußerungen stehen in engem Zusammenhang mit den »Fragmenten über die dramatische Poesie und Kunst« Adam Müllers, die wenig später im mit ihm gemeinsam herausgegebenen »Phöbus« erschienen und sehr wahrscheinlich im Kern mehr Gedanken Kleists als solche des wenig originellen Müller enthalten. Sie sind der gedankliche Hintergrund solcher kritischen Äußerungen Kleists zum Theater: »Grade erhöht sollt ihr die Bühne verlassen, nicht bloß bekräftigt in dem alten Sauerteig der ordinairen, s. g. wahrscheinlichen Gefühle und der ordinairen Grundsätze, die nur auf ordinaire Lage des Lebens, wo ihr überhaupt der Grundsätze nicht bedürft, passen, in allen außerordentlichen Fällen Euch aber im Stich lassen; grade hineingerissen sollt ihr werden, in das gewaltige Leben der Poesie, nicht außerhalb sitzen und kalt und kritisch hineinschauen ...« (Phöbus. Viertes und fünftes Stück. April und Mai 1808); und später: »Tiefer gegriffen in das Herz der Familien und der Menschen! Abgesehen von den äußeren Verhältnissen, von den Lumpen, die der Augenblick, die Umstände und die Convenienz dem gewaltigen Wesen umhängen, das in jedem Busen schlägt! ... In den einfachsten Familiensituationen unsres häuslichen Lebens walten noch dieselben Mächte, die im Hause der Atriden herrschten ... wie heroisch wird noch heut gehandelt und gelitten!« (Elftes und Zwölftes Stück. Novbr. u. Decbr. 1808). Das Theater, wie es nun einmal bestand, verschloß sich solchen Forderungen : »Zuförderst ist das Theater bei uns Alltagsvergnügen; bei den Griechen war es die Erweiterung religiöser Gebräuche, es war durchaus in seiner ganzen Anordnung festlich. Wir, meistenteils ohne weitere Absicht, als die der Zerstreuung oder Unterhaltung, besuchen das Schauspielhaus, das mit den öffentlichen Dingen, mit den ernsthaften Angelegenheiten unsers Lebens durchaus in keinem Zusammenhang steht. Daß man bei gewissen besonders feierlichen Gelegenheiten den Vorstellungen einen Prolog hinzufügt, und daß einzelne Bühnen den Titel Nationaltheater angenommen haben, den indes bis jetzt noch keine zu realisieren gewußt hat - dies sind die einzigen Spuren einer Verknüpfung der Bühne mit dem nationellen Leben, die ich Ihnen aufweisen könnte.« (Achtes Stück. August 1808)
»Verknüpfung der Bühne mit dem nationellen Leben« , das war es, was die geschichtliche Situation vom zeitgenössischen Theater forderte und was Kleist mit seinen Dramen und Vorstellungen zum Theater zu leisten gedachte, denn »ich ... finde, man muß sich mit seinem ganzen Gewicht, so schwer oder leicht es sein mag, in die Waage der Zeit werfen ...« (20. April 1809 an Heinrich Joseph von Collin)
Daß in diesem Zusammenhang die einschränkenden Bemerkungen in den beiden Briefen an Marie von Kleist und Goethe nicht auf Lesedramatik abzielten, sondern daß Kleist mit seiner dramatischen Produktion öffentliche theatralische Darstellung in ganz Deutschland wollte, dafür sprechen nicht nur seine Bemühungen in Wien, Berlin und anderen Städten, sondern auch der Kompromiß mit dem »Käthchen von Heilbronn«, mit dem er sich offenbar über ein beliebtes und vielgespieltes Genre bei den Theatern als Autor einzuführen gedachte. [...].
Aus Alexander Weigel: Das imaginäre Theater Kleists. Heinrich von Kleist als Kritiker des Königlichen Nationaltheaters zu Berlin, S. 1 (S. 1-4).
Theo Adam
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