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Heft 08/1984
Errungenschaften: Unser Schauspieltheater im 35. Jahr der Republik
Broschur mit 80 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
Errungenschaften: Kein attraktiver Titel? Weil er auf das in einem Festartikel zu Erwartende auch noch auf die am ehesten zu erwartende, auf die un-originellste Weise hindeutet? Bitte lesen Sie weiter auf Risiko des Verfassers. Er sucht nach der Provokation in dem Begriff.
Dazu eine Modell-Situation: Vor ein paar Jahren haben wir an der Theaterhochschule »Hans Otto« das Erziehungsziel in der Ausbildung junger Theaterwissenschaftler diskutiert. Uns Lehrenden ging es um eine möglichst kreative Aneignung der gesellschaftlichen Vorgaben, die es dafür ja gibt, und auch um Formulierungen, die angenommen werden konnten von unseren Partnern, den Studenten; denn »Erziehung«, das war längst klar, konnte überhaupt nur stattfinden, wenn sie die Trennung von »Zögling« und »Erzieher« - gräßlich schon der Klang der Worte, die Pädagogik-Wissenschaftler mögen verzeihen! - zwar nicht gänzlich leugnete, sich aber doch zu neunzig Prozent verstand als Stimulierung junger, erwachsener Menschen zu kollektiver und individueller Selbsterziehung. Es ging uns also im Grunde um eine Diskussion über politische Haltungen, die Theaterschaffende der DDR in den nächsten Jahrzehnten benötigen werden, um die man sich also zu bemühen hätte.
In diesen Diskussionen erlangte der Begriff Geschichtsbewußtsein eine gewisse Zentralstellung. Wir haben versucht, ihn (natürlich nicht von einem Nullpunkt aus analytisch auseinanderzunehmen: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft -Traditionsbewußtsein, Gegenwartsbewußsein, Strategiebewußtsein. Alle in unserem Leben noch wirkenden Traditionen, so fanden wir, hätten wir anzunehmen, auch die belastenden, der grundfalschen »Misere«-Theorie könne nicht die Position entgegengesetzt werden, alles Gewesene sei auf dem direktesten Wege bloß auf uns hinausgelaufen, schließlich habe schon Lenin einen solchen rein geradlinigen Fortschrittsbegriff sarkastisch verspottet - aber orientieren müsse man sich schon an den Traditionen, die den Sozialismus als historisch notwendig ausweisen, die ihn politisch zu stärken und geistig zu bereichern vermögen. Denn das »Gegenwartsbewußtsein« junger Sozialisten, zum zweiten, könne nur als eine Einheit von historischem Selbstbewußtsein und kritischem Problembewußtsein richtig definiert werden: eines sei wenig ohne das andere. »Zunkunfstbewußtsein« schließlich
ersetzten wir durch »Strategiebewußtsein«. Das sollte ausdrücken: Unsere Gesellschaft, als eine der assoziierten Produzenten, hat eine (wissenschaftlich fundierte!) Strategie, die sich am klarsten wohl im Programm der Partei manifestiert, und historisches Denken wird diese reflektieren. Es kommt nicht darauf an, an »Zukunft« zu glauben, sondern darauf, sich einzubringen in die gesellschaftliche Strategie, die sich nicht von selbst realisiert - sich risikobereit zu beteiligen an ihren widerspruchsreichen Verläufen, an ihrer Verwirklichung und Fortschreibung.
An diesem Punkt war die Verbindung erreicht zur politischen (und beruflichen!) Ethik, zur Subjektivität im Sinne der Marxschen Feuerbachthesen. Kritische Haltung, Problembewußtsein - die jungen Menschen verständlicher- und berechtigterweise stets am Herzen liegen! - enthielten nun gleichsam schon konzeptionell den »neuen Vorschlag«, von dem Brecht sprach. Ich hoffe, die Studenten spürten die in diesem Sinne gemeinte Ermutigung. Andererseits glaube ich auch, das Wort »Errungenschaften« gewann für manchen wieder einen frischen Klang.
Mir jedenfalls erging es so, beschämend spät: Jetzt erst, als Mittvierziger, entdeckte ich das bis dahin für mich stets Verdeckte - der Kern des abstrakten Substantivs Errungenschaft ist das konkrete Verbum »ringen«. Darin liegt die Provokation. Manche Worte muß man blankputzen, sagt Majakowski. Nicht das daseiende Schöne erlebt man als Errungenschaft, sondern das Errungene, das Erkämpfte. (Deshalb fällt es ja jungen Leuten nicht immer leicht, manche unserer Errungenschaften als solche zu begreifen: sie finden sie vor.) Über Errungenschaften reden, müßte eigentlich heißen: bestandene Kämpfe analysieren.
Also reden wir darüber. [...].
Aus: Gottfried Fischborn: Errungenschaften (I). Unsere Schauspieltheater im 35. Jahr der Republik, S. 6 ff.
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Umschau | |
das ei - Sommertheater im Hof Brüderstraße 13Die Gauberstreiche des Scapin von Molière. Deutsch von B. K. Tragelehn. Regie: Eckard Becker, Ausstattung: Jürgen Heidenreichvon Hans-Rainer John | Seite 1 |
Landesbühne Sachsen - Felsenbühne RathenDer Schatz im Silbersee von Helmut Menschel / frei nach Karl May. Regie: Mathis Schrader a. G., Ausstattung: Rolf Döge / Eva Christvon Ulf Brandstädter | Seite 1 |
Landestheater AltenburgWilhelm Tell von Friedrich Schiller. Regie: Christian Bleyhoeffer, Ausstattung: Hendrik Kürsten a. G.von Annet Pohl | Seite 2 |
Landestheater Halle - »neues theater«Zwei Fensterchen von Ljudmila Petruschewskaja. Regie: Bernd Stichler / Frieder Venus, Ausstattung: Heiko Zolchow / Christiane Lieckfeldvon Bernhard Scheller | Seite 2 |
Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin - KammerbühneDraußen vor der Tür von Wolfgang Borchert. Regie: Rudolf Koloc, Ausstattung: Kristina Biedermannvon Martin Linzer | Seite 3 |
Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin - PuppentheaterVom Fischer und seiner Frau. Autor/Regie/Ausstattung: Klaus Frenzelvon Barbara Fuchs | Seite 3 |
Institut für Schauspielregie - Studiotheater »bat«Die Zensur von Frank Wedekind. Regie: Holger Teschke, Ausstattung: Esther Kemter / Ulrich Schreibervon Jochen Gleiß | Seite 4 |
Hochschule für Musik »Franz Liszt« WeimarDie Hochzeit des Figaro von W. A . Mozart. Regie: Reinhard Schau, musikalische Leitung: Ude Nissen, Ausstattung: Dieter Langevon Mathias Rank | Seite 4 |
Komische Oper BerlinIolanthe oder die Hochzeit der Fee von Gilbert / Sullivan. Regie: David Pountney, musikalische Leitung: Joachim Willert, Ausstattung: David Fieldingvon Wolfgang Lange | Seite 5 |
Metropol-Theater BerlinAlexis Sorbas von Stein / Ebb / Kander. Regie: Wolfgang Weit, musikalische Leitung: Günter Joseck, Ausstattung: Werner Schulzvon Wolfgang Lange | Seite 5 |
Theaterpolitik | Seite 6 |
Errungenschaften (I)Unser Schauspieltheater im 35. Jahr der Republikvon Gottfried Fischborn | |
Kolumne | Seite 8 |
Begegnung der Künstevon Silvia Brendenal | |
Werkstatt-Tage | |
Zuwachs an Mut und ErfahrungZum Abschluß des Wettbewerbs für neue Schauspielwerke »DDR konkret«von Dieter Görne | Seite 12 |
Eindrücke internationaler Gäste. Aufgezeichnet von Ingeborg Pietzschvon Ingeborg Pietzsch, Oldřich Daněk, Alexander Swobodin, Kari Selinheimo, Pentti Paavolainen und Duong Ngoc Duc | Seite 13 |
Schauspiel | Seite 15 |
Gift in der Schokolade»Die Verschwörung des Fiesko zu Genua« von Schiller in Görlitz/Zittau, Greifswald und Karl-Marx-Stadtvon Helmar Schramm | |
Darsteller erinnern sich | Seite 18 |
Blickpunkt 352. Folge: Rudolf Asmus (Aufzeichnung W. Lange), Wolfgang Sörgel (Aufzeichnung I. Pietzsch), Jutta Vulpius (Aufzeichnung W. Lange)von Ingeborg Pietzsch, Wolfgang Lange, Rudolf Asmus, Wolfgang Sörgel und Jutta Vulpius | |
Dresdner Musikfestspiele '84 | |
Teatr Wfelki Warszawa: »Boris Godunow« von Mussorgski / »König Rogen« von Szymanowski / »Manekiny« von Rudzinskivon Mathias Rank | Seite 22 |
Gespräch mit Robert Satanowskivon Mathias Rank und Robert Satanowski | Seite 24 |
Volkstheater Rostock: »Pollicino« von Henzevon Friedbert Streller | Seite 25 |
Meininger Theater: »Das Lächeln des anderen« von Nikiprowetzki / »Der Halsabschneider« von Hockevon Mathias Rank | Seite 27 |
Tanzensemble des Volkstheaters Budapest: »Getanzte Kurzgeschichten«von Volkmar Draeger | Seite 28 |
Landestheater Halle: Kammertanzabendvon Genia Bleier | Seite 29 |
Staatliches AkademischesTheater Perm: Ballett-Klassikvon Dietmar Fritzsche | Seite 30 |
Königlich Dänisches Ballett Kopenhagen: »La Sylphide« u. a.von Martin Puttke | Seite 31 |
Gespräch mit Kirsten Ralovvon Martin Puttke und Kirsten Ralov | Seite 32 |
»Zeitzeichen« / Elektronische Musik für Bühne und Podium. Staatsoper Dresden: Tanz-Improvisationenvon Dietmar Fritzsche | Seite 33 |
Palucca Schule Dresden: Tanzabendvon Dietmar Fritzsche und Werner Gommlich | Seite 35 |
London Puppet Players München: »Harlequin und Colombine« von Mozartvon Dietmar Fritzsche | Seite 37 |
Theatertreffen Berlin | Seite 37 |
Ruhe im Karton?Eindrücke vom »Theatertreffen 1984« in Westberlinvon Jochen Gleiß und Hans-Rainer John | |
Kongreß | Seite 43 |
StandortbestimmungZwischen dem 3. Leistungsvergleich der Puppenspieler der DDR und dem XIV. UNIMA-Kongreß in Dresdenvon Hans-Peter Schreiber | |
Garderobengespräch | Seite 44 |
Felix LorenzDas Gespräch führte Peter Waschinsky, Mitarbeit Silvia Brendenalvon Silvia Brendenal, Peter Waschinsky und Felix Lorenz | |
Puppentheater | |
Sagen und Geschichte(n): Zu Puppentheater-Aufführungen in Bautzen, Neubrandenburg und ErfurtBautzen: »Rübezahls Wald« (H. J. Lonius); Neubrandenburg: »Die Umsiedlerin oder Das Leben auf dem Lande« (M. Linzer); Erfurt: »Don Quijote« (S. Brendenal)von Martin Linzer, Silvia Brendenal und Horst-Joachim Lonius | Seite 48 |
Gespräch mit Lars Frankvon Silvia Brendenal und Lars Frank | Seite 51 |
Zum Stückabdruck | Seite 52 |
Hochleistungsfeuerzeug in Gera»Das Feuerzeug« von Martin Morgner am Puppentheater Geravon Horst-Joachim Lonius | |
Stückabdruck | |
Das Feuerzeug(Frei nach Hans-Christian Andersen)von Martin Morgner | Seite 53 |
Gilgamesch und EnkiduEin Spiel für Puppen, Maske und Figurenvon Christian Noack | Seite 57 |
Zum Stückabdruck | Seite 58 |
Ernst-Frieder Kratochwil im Gespräch mit Christian Noackvon Ernst-Frieder Kratochwil und Christian Noack | |
TdZ-Informativ | Seite 65 |
Theaterkunst will den Sozialismus stärkenLieber Genosse Erich Honecker!von Wolfgang Heinz | |
Das neue Werk - Kriterien, Interpretation, WirkungUrsula Ragwitz referierte auf der 9. Tagung des VT-Vorstandsvon Hans-Rainer John | |
Inland | |
Gegenwartsschaffen prägt SpielplanStaatsopern-Intendant Günter Rimkus über Vorhaben des Hausesvon Günter Rimkus | Seite 66 |
Gewerkschaft Kunst und künstlerischer Nachwuchs | Seite 67 |
Der IV. Leistungsvergleich | Seite 67 |
Aufrufzur »Werkstatt junger Theaterschaffender der DDR« 1985 in Schwerin | Seite 67 |
Übersetzerprämien 1984von Sven Döbler | Seite 67 |
»Bruder Eichmann« im Gesprächvon Ingeborg Pietzsch | Seite 68 |
Erich-Engel-Seminar 1984von Ingeborg Pietzsch | Seite 68 |
»Carlos«-Werkstattvon Erika Stephan | Seite 68 |
Berliner Ballett-Sommerlehrgangvon Frank Erdmann und Norbert Skowronek | Seite 69 |
Greifswalder »Tage des Balletts«von Volkmar Draeger | Seite 69 |
Personelles | Seite 69 |
Inland | Seite 70 |
Werkstattgespräch über »Lukullus«von Sigrid Neef | |
Nachruf | Seite 70 |
Prof. Otto Lang 1906-1984 | |
Unterwegs | Seite 71 |
Ausland | |
Zweites Semafor-Seminar in Prag, 1984von Klaus Thiel | Seite 71 |
Theaterfestival in Novi Sadvon Franz Havemann | Seite 72 |
Bücher | Seite 73 |
»Die Begegnung des Puppentheaters mit anderen Künsten und seine Wirkung in unserer Zeit«Material zum Theater, Nr. 181, hgg. vom Verband der Theaterschaffenden der DDR, 98 S., 3,- Mvon Silvia Brendenal | |
Verweile doch ... Erinnerungen von SChauspielern des Deutschen TheatersHgg. von Renate Seydel, Henschelverlag Berlin 1984, 837 S.,190 Fotos, 36,- Mvon Hans-Rainer John | |
Ireneusz Iredynski: Leb wohl, Judas ... Zwei Dramen und zwei KurzromaneVerlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1983 (RUB 1020), 296 S., 2,50 Mvon Martin Linzer | |
Neue Erfahrungen mit Wagner. Material zum Theater Nr. 179Herausgegeben vom Verband der Theaterschaffenden. 54 Seiten, 3.,- Mvon - an- | |
Spielpläne | Seite 74 |
Vom 16. August bis 15. September 1984 | |
Premierenkalender | Seite 75 |
Vom 16. August bis 15. September 1984 | |
Besetzungen | Seite 75 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel / Musiktheater | |
Autoren | Seite 79 |
Impressum | Seite 79 |
Inhalt | Seite 80 |
- an-
Rudolf Asmus
Genia Bleier
Ulf Brandstädter
Silvia Brendenal
Oldřich Daněk
Sven Döbler
Volkmar Draeger
Frank Erdmann
Gottfried Fischborn
Lars Frank
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Wolfgang Heinz
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Wolfgang Lange
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Martin Puttke
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Mathias Rank
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