Look Out

Technik in Frauenhänden

Das feministische Performancekollektiv Swoosh Lieu feiert die Produktionsmaschine Theater mit all ihren Störungen

von

„Dea ex machina“, die jüngste Produktion des feministischen Performancekollektivs Swoosh Lieu, hätte eigentlich im Frühjahr im Frankfurter Mousonturm Premiere gefeiert. Corona­bedingt müssen sich Liebhaberinnen ihrer Arbeiten nun bis Herbst 2021 gedulden, um herauszufinden, welche queerfeministische Technovision die selbst ernannten „Theatermaschinistinnen“ auf der Bühne entfalten werden. Überbrücken ließe sich die Zeit mit dem Verweilen auf den Webseiten ihres künstlerischen Forschungsprojekts „A Feminist Guide to Nerdom“, dem Lauschen ­ihrer Hörspielversionen von „Who Cares?!“ und „Who Moves?!“ oder der (ohnehin stets wert­vollen) Lektüre Donna ­Haraways, deren Werk in Swoosh Lieus Arbeiten spürbar hineinwirkt.

Foto: Swoosh Lieu
Foto: Swoosh Lieu

Die Inszenierung „Who Cares?! – Eine vielstimmige Personalversammlung der Sorge­tragenen“ (2016) ist der erste Teil der Trilogie „What Is the Plural of Crisis – ein performativer Krisenbericht in verteilten Rollen“ und bringt das Publikum zunächst mit den Stimmen interviewter Sorge-Arbeiterinnen zusammen: Pflegerin, Erzieherin, Blindenassistentin, Sexarbeiterin – sie alle berichten von ihrem Arbeitsalltag, von schlechter Bezahlung, mangelnder Wertschätzung, der eigenen Erschöpfung und dem Wunsch nach mehr Anerkennung. Auch das visuelle Feld wird bespielt: Fünf Performerinnen, die je ein weib­liches Rollenbild in einem Tableau vivant verkörpern, treten der Versammlung bei. Gleiches gilt für Medea, Nora, Antigone oder Mascha, die (imaginär) teilnehmen, indem Performerin ­Katharina Speckmann jene Dramenverse zitiert, die die Figuren gleichfalls als Sorge-Arbeiterinnen markieren. Zum Schluss ­treten in der Videoprojektion weitere Akteurinnen einer spekulativen Zukunft vor die Kamera und berichten leidenschaftlich über ihr Leben nach der großen „Care-Revolution“. Ein unglaublich starker Abend, der nicht nur Kritik an einem Theater äußert, das mit dem Spielen kanonischer Texte trotz Neuinterpretationen fortlaufend bestimmte Frauenbilder reproduziert und dabei ökonomische Verstrickungen (wie die Relation von Geschlecht und Lohnarbeit) im Unsichtbaren lässt, sondern es gerade mit Mitteln des Theaters schafft, widerständige feministische Konstellationen zu präfigurieren.

Meistgelesene Beiträge

Alle

auf theaterderzeit.de

Angriff aufs Weltbild

Eine Nabelschau der Masters of the Universe mit Charly Heidenreich (16), Philipp Karau (37), Annika Prevrhal (14), Anton Prevrhal (16), Mark Schröppel (36) und Jasmin Taeschner (13)

Theater-News

Alle

auf theaterderzeit.de

Autorinnen und Autoren des Verlags

A - Z

Bild von Dirk Baecker

Dirk Baecker

Bild von Gunnar Decker

Gunnar Decker

Bild von Heiner Goebbels

Heiner Goebbels

Bild von Josef Bierbichler

Josef Bierbichler

Bild von Falk Richter

Falk Richter

Bild von Joachim Fiebach

Joachim Fiebach

Bild von Nis-Momme Stockmann

Nis-Momme Stockmann

Bild von Etel Adnan

Etel Adnan

Bild von Ralph Hammerthaler

Ralph Hammerthaler

Bild von Lutz Hübner

Lutz Hübner

Bild von Sasha Marianna Salzmann

Sasha Marianna Salzmann

Bild von Bernd Stegemann

Bernd Stegemann

Bild von Dorte Lena Eilers

Dorte Lena Eilers

Bild von Michael Schindhelm

Michael Schindhelm

Bild von Milo Rau

Milo Rau

Bild von Kathrin Röggla

Kathrin Röggla

Bild von Hans-Thies Lehmann

Hans-Thies Lehmann

Bild von Christine Wahl

Christine Wahl

Bild von Friedrich Dieckmann

Friedrich Dieckmann

Bild von Wolfgang Engler

Wolfgang Engler