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Heft 10/2006
double 09
Theaterkunst als Prozess
Rückstichheftung mit 40 Seiten, Format: 210 x 280 mm
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Eine über Jahrhunderte unveränderte Inszenierung, von unveränderlichen Spielern für ein unveränderliches Publikum präsentiert, wäre das noch Theater? Eine überflüssige Frage, denn mindestens zwei der Grundannahmen sind selbstverständlich unrealistisch. Produzenten und Rezipienten des Theaters sind stets ihrer Zeit verhaftet, die Aufführung ist immer Kondensationspunkt menschlicher Gegenwart in all ihrer chaotischen Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit. Theater ist der Versuch, in dem unentwirrbaren Geflecht an Erfahrungen, Impulsen und Beziehungen Momente der Gemeinsamkeit zu erschaffen. Dass dies gelingt, und es gelingt wunderbarer Weise immer wieder, ist vor allem einem Aspekt geschuldet: Theater lebt aus der Bewegung, es blüht im Versuch der Annäherung auf beiden Seiten der Bühnenkante und stirbt mit der Trägheit einer der Protagonisten. Theater ist das Phantom, das spürbar zwischen Bühne und Zuschauersitz Gestalt gewinnt und sich jeder Beweisbarkeit verweigert.
Das Bemühen um Annäherung an den Partner, den Zuschauer, die Vision auf der einen, an die Darsteller und die Erzählung auf der anderen Seite erzeugt die Prozesshaftigkeit des Theaters, die mit Blick auf die Spezifika des Figurentheaters in der aktuellen Ausgabe von »double« beleuchtet werden soll. Ohne Aussicht, der gewählten Aufgabe in ihrer Gesamtheit gerecht werden zu können, setzt die Redaktion auf die Vielfalt von Stimmen und Perspektiven. Der polnische Theaterhistoriker Hendryk Jurkowski gibt Einblicke in die Genese des Genres im Verlauf des an sozialen, politischen und künstlerischen Eruptionen so reichen 20. Jahrhunderts. Theorieorientiert ist auch der Beitrag des Theaterwissenschaftlers Hajo Kurzenberger in seiner Untersuchung kreativer Prozesse in der Theaterarbeit. Dem gegenüber stehen praxisbezogene Innenansichten aus der Theaterarbeit. Frank Soehnle, einer der renommiertesten Figurenspieler Deutschlands, vermittelt einen Begriff der untergründigen Feinstrukturen des Animationsprozesses. Ein Werkgespräch von Theatermacherinnen und Theatermachern unter der Leitung von René Reinhardt, dem künstlerischen Leiter der Leipziger Schaubühne Lindenfels, beschäftigt sich mit der Prozesshaftigkeit in der Aufführungspraxis selbst.Zwischen analytischer Präzision und erfrischender Utopie spannt sich schließlich der Beitrag zur Jahrestagung der Ständigen Konferenz Spiel und Theater an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland der beiden Wissenschaftler und Theaterpädagogen Gerd Koch und Ute Pinkert. Das hier zitierte »Manifest transeuropa 2006, no. 10 a« schließt den Bogen: »Ensembles, Zuschauer, Kollektive! Zusammen sein ist immer romantisch!...Wir sind da! Wir sind nicht hier, nicht dort! Und wieder weg! Wir sind nicht für immer!« Das Phantom lässt grüßen. Und es bewegt sich.
Christian Bollow, Katja Spiess, Gerd Taube
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Thema | |
Freiräume kollektiver Kreativität:Die Infragestellung theatraler »Grundannahmen«von Hajo Kurzenberger | Seite 4 |
Das Höchste der GefühleEin Gespräch über Gegenwärtigkeit und Prozesshaftigkeit in der Aufführungspraxisvon Michael Vogel, Hendrik Mannes, Charlotte Wilde, Yvette Coetzee, René Reinhardt und Peter Rinderknecht | Seite 7 |
AnimationsprozesseChristian Bollow im Gespräch mit Frank Soehnlevon Christian Bollow | Seite 11 |
A Never ending StoryProzessProduktProzessProdukt… Eine Montagevon Gerd Koch | Seite 15 |
Renaissance, Niedergang und Triumph der PuppeZu historischen Entwicklungsprozessen der Theaters mit Puppen im 20. Jahrhundertvon Henryk Jurkowski | Seite 19 |
Festival | |
Wegbegleiter in Polen40 Jahre Festival in Bielsko-Bialavon Annette Dabs | Seite 22 |
Zwischen radikal und bravÜber das Internationale Festival der Puppentheaterhochschulen in Bialystokvon Silvia Brendenal | Seite 24 |
Gross im KleinenÜber die sechsten »Scènes ouvertes à l’insolite« in Parisvon Katja Spiess | Seite 27 |
Märchen, Mythen, MalereienSynergura 2006 in Erfurtvon Annette Dabs | Seite 30 |
Inszenierungen | |
Das Wort als Geste und BildJosef Nafj eröffnet das Festival 2006 in Avignon mit«ASOBU. Hommage à Henri Michaux«von Anke Meyer | Seite 33 |
Versprechen an die Zünfte»Labyrinth« – Diplominszenierung von Wibke Alphei, Nicola Reinmöller, Birte Hebold, Yifat Maor und Christian Pfütze, Berlinvon Christian Bollow | Seite 34 |
Sommer, Studio, Abend»Ursel« und »Modesty Blaise – Die tödliche Lady«, zwei Arbeiten des Puppenspielstudios Hallevon Silvia Brendenal | Seite 35 |
Bücher | Seite 36 |
Ein Stück der Züricher Kulturgeschichtevon Hana Ribi | |
Notizen | Seite 37 |
Impressum | Seite 39 |
Christian Bollow
Silvia Brendenal
Yvette Coetzee
Annette Dabs
Henryk Jurkowski
Gerd Koch
Hajo Kurzenberger
Hendrik Mannes
Anke Meyer
René Reinhardt
Hana Ribi
Peter Rinderknecht
Katja Spiess
Michael Vogel
Charlotte Wilde
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