Training, Wunschprogramme, Technolabs und das reale Leben: Die Studienprogramme der Theater-Ausbildung sind sehr beharrlich. In der Regel bestehen die Curricula an den Hochschulen über Jahrzehnte, die Ausbildungsziele werden selten einer Revision unterworfen. Wenn nicht gerade eine Krise droht – etwa der Leiter oder die Leiterin des Studiengangs sich verabschiedet, wirtschaftsbedingte Kürzungen anstehen oder der Bologna-Prozess anrollt – tut es nicht Not, ein einmal etabliertes und erfolgreiches Trainingskonzept in seinen Grundfesten zu erschüttern. Aber spätestens dann kommt die Zeit, in der alles in Frage steht. Ist es noch das Richtige, was wir unseren Absolventen mitgeben, um in der bestehenden Theaterlandschaft sich kreativ entfalten, ökonomisch bestehen und erfolgreich arbeiten zu können?
Seit einiger Zeit kann man wahrnehmen, dass sich diese Theaterlandschaft verändert. Nicht nur der wachsende Medieneinfluss auf Theaterästhetik, auch die zunehmende Öffnung der großen Bühnen für performative Theaterformen, hat neue Konkurrenzsituationen und ästhetische Anforderungen, aber auch Möglichkeiten für das Puppenspiel zur Folge. Wie kann eine Figurentheater-Ausbildung darauf reagieren, um die Puppen-Studenten bestmöglich auf das ‚reale Leben’ jenseits der Hochschule vorzubereiten? Der anstehende Führungswechsel am Stuttgarter Studiengang und die Debatte um dessen Weiterbestehen waren für uns Anlass, uns mit der Frage der Theater-Ausbildung auseinander zu setzen.
Zum Auftakt des Thementeils fragen sich passionierte Theatergänger, was sie von Puppenspielerinnen und Figurentheatermachern erwarten: Welche Ideen von einer idealen Ausbildung entwickeln sie freischwebend? Henk Havens stellt den innovativen und intermedialen Ausbildungszweig an der Theaterakademie Maastricht vor, der aus dem Bedürfnis entwickelt wurde, Theaterstudenten neue Kompetenzen für unsere Medienwelt zu vermitteln. Wolf-Dieter Ernst beschäftigt sich mit dem grundlegenden pädagogischen Problem des Gegensatzes zwischen methodisch strukturiertem Training und der geförderten/geforderten künstlerischen Freiheit. Sigrun Kilger berichtet in ihrem Gespräch mit Katja Spiess von ihrer eigenen Ausbildung. Sie gehörte zu den ersten Absolventen des Stuttgarter Figurentheater-Studiengangs und benennt aufschlussreich wichtige Impulse für ihre künstlerische Laufbahn.
Im zweiten Teil dieser Ausgabe blicken wir auf die großen Festivals und zwei herausragende Inszenierungen des Sommers: Welche Tendenzen, künstlerische Entwicklungen und Verortungen finden sich in Erlangen, Magdeburg, Bochum und Dordrecht, womit beschäftigen sich die Theater in Gera, Halle und Berlin? Außerdem eröffnen wir eine Gesprächsreihe mit Regisseuren: Nino Sandow gibt im Interview Auskunft über seine Regieerfahrungen in Dessau und welche Wünsche, Welche Visionen noch offen sind.
Wir hoffen, dass der Thementeil zur Diskussion um Ausbildungskonzepte beiträgt, dass unsere Berichte aus der Praxis den Blick für die aktuellen Entfaltungen der Puppenspielkunst schärfen. Viel Vergnügen beim Lesen des Heftes wünschen
Meike Wagner und Tim Sandweg
SUMMARY: Syllabuses of drama are very persevering and exist for long periods of time. But the question will come up at least in times of an imminent crisis, e.g. when the Puppetry course of studies in Stuttgart is getting a new management: Do we still provide our students with the right skills? How can we prepare our students for the job? The theme part of this edition aims at stimulating the discussions of training concepts – between master and student, tradition and the modern media.
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Thema | |
Puppenspiel in Wonderlandvon Meike Wagner | Seite 4 |
Zwischen "Technolab" und Bühnen-RampeDie Ausbildung zum intermedialen Performervon Henk Havens | Seite 8 |
Takt und TaktlosigkeitZum Paradox der Meister-Schüler-Beziehungvon Wolf-Dieter Ernst | Seite 12 |
"Wir hatten das Gefühl, die absolute Avantgarde zu sein."Ein Gespräch über Chancen und Grenzen professioneller Ausbildungvon Katja Spiess und Sigrun Kilger | Seite 16 |
Gespräch | Seite 20 |
Dieser verdammte PremierenhorizontDer Regisseur Nino Sandow im Gesprächvon Nino Sandow und Silke Haueiß | |
Festival | |
Mit ehrfürchtiger Respektlosigkeit30 Jahre Figurentheaterfestival Erlangen/Nürnberg/Fürth/Schwabachvon Anna Teuwen und Stefan Bläske | Seite 23 |
Kasper reloadedDie FIDENA zeigt, wie ungezähmt und spielfreudig der Kasper istvon Anna Pechtl | Seite 26 |
Weltverbesserer in MagdeburgInternationales Figurentheaterfestival "Blickwechsel"von Anke Meyer | Seite 28 |
Raus! Ins Freie!Betrachtungen zum 24. Internationalen Poppentheaterfestival 2009 in Dordrechtvon Tim Sandweg | Seite 30 |
Porträt | Seite 32 |
Berühren erwünschtDas "Theater des Lachens" in Frankfurt an der Odervon Michael Isenberg | |
Inszenierungen | |
Federleicht und tiefernstPuppentheater Gera eröffnet mit der "Legende von Wilhelm Tell"von Anke Meyer | Seite 34 |
Versteckte Macht unterm Reifrock"Virgin Queen" von Puppentheater Halle, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, Staatstheater Stuttgartvon Fabian Bartenschlager | Seite 35 |
Rezension | Seite 36 |
Craig et la marionnetteKatalog zur gleichnamigen Ausstellungvon Hana Ribi | |
Notizen | Seite 37 |
Autoren | Seite 40 |
Impressum | Seite 40 |
Fabian Bartenschlager
Stefan Bläske
Wolf-Dieter Ernst
Silke Haueiß
Henk Havens
Michael Isenberg
Sigrun Kilger
Anke Meyer
Anna Pechtl
Hana Ribi
Nino Sandow
Tim Sandweg
Katja Spiess
Anna Teuwen
Meike Wagner
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