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Heft 08/1985
Berichte von der Arbeit des Theaterverbandes
Broschur mit 80 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Dresden: Offen, streitbar, konstruktiv. Diese Konferenz begann auf ganz unübliche Weise mit einem ungemein gelungenen praktischen Diskussionsbeitrag des Staatsschauspiels: alle Delegierten waren zunächst eingeladen, an der Generalprobe zu Tragelehns Inszenierung der »Umsiedlerin« (Heiner Müller) teilzunehmen. Im Referat ging dann Gerhard Wolfram, Intendant des Staatsschauspiels, davon aus, daß in allen Theatern des Bezirks ein produktiver Beitrag zur Entwicklung unserer Gesellschaft aufrichtig angestrebt wird und daß überall phantasiereiche Aufführungen entstanden sind: in Radebeul, in Bautzen, in Görlitz/Zittau und in der Stadt Dresden, wo mit der Eröffnung der Semperoper »nun mehr und endgültig eine Theaterstruktur verwirklicht worden ist, die außer in der Hauptstadt kein Beispiel hat und den Theaterleuten Bedingungen einräumt, von denen wir seit langem träumen«.
Er konzentrierte sich danach auf drei seiner Ansicht nach gravierende Fragen heutiger
Theaterarbeit:
• Das Verhältnis Theater - Autor: Das Theater könne lediglich für mangelnden
Einsatz für neue Werke verantwortlich gemacht werden, nicht aber für Mängel oder
Eigenart der Autoren.
• Die Entwicklung der Künste im Prozeß des Wachstums der Gesellschaft: Es gelte, die Spezifik des Theaters - Spiel, Sinnlichkeit - herauszuarbeiten, aber den Realismus als philosophisches Kriterium der Weitsicht zu behaupten. Weite und Vielfalt dürfe weder auf eine naturalistische Spielweise reduziert noch als Freibrief für inhaltlose Phantasie - als Beispiel nannte er UIrich Mühes Einrad-Auftritt im »Kaufmann von Venedig« des DT - mißbraucht werden.
• Die Strukturfrage: Seit langem werde zu Recht über Anzahl, Standort und Größe der Theater im Verhältnis zu den personellen Ressourcen unseres Landes debattiert, es werde aber ebenso dringlich, sich nun auch den Strukturen innerhalb der Theater zuzu wenden:
wie organisieren wir Ensembles, die durch einheitlichen Auftrag und gemeinsames Wollen vereinigt sind, als unabdingbare Form künstlerischer Kollektivität? Die »engagierte Truppe« im Sinne von Littlewood, Planchon, Strehler sowie der historischen DDR-Beispiele Senftenberg und Halle - in der Gegenwart: Schwerin, in Ansätzen Bautzen - sei die eigentliche Lösung des Problems und wohl auch die richtige, sozialistische Perspektive. Das dürfe aber nicht mehr eine denkbare Möglichkeit von vielen sein, das müsse Kulturpolitik werden.
Schließlich wandte sich Wolfram der Verbandsarbeit zu. Er ging davon aus, daß die Beziehungen zwischen der Lösung von Grundsatzfragen, die durch die Verbandszentrale
nach seinen Beobachtungen sehr zielstrebig verfolgt würden, und der Basisarbeit in den Theatern und Bezirken weit wirksamer gestaltet werden müßten. Er räumte ein, daß die Verbandsarbeit im Bezirk Dresden im Verhältnis zum vorhandenen Potential trotz nachweisbarer Leistungen noch zu schwach sei und unterbreitete Vorschläge für die künftige Arbeit:
• Jährlich sollte sich eines der Theater mit seinen konkreten Erfahrungen der allgemeinen Diskussion in der Bezirksorganisation stellen.
• Der Verband solle Partnerschaften und Kooperationsbeziehungen zwischen den Theatern des Bezirks zwecks effektiveren Einsatzes von Künstlern und zur besseren Nutzung von Inszenierungen und sachlichen Mitteln anregen und unterstützen.
• Einrichtung regelmäßiger Weiterbil dungsveranstaltungen, geleitet von Experten, und ständiger Foren der streitbaren Auseinandersetzung mit Fragen und Tendenzen sozialistischer Theaterarbeit.
• Jedes Mitglied, das zu zentralen Veranstaltungen des Verbandes oder Auslandsreisen delegiert wird, soll verpflichtet werden, seine Erfahrungen und Erkenntnisse im jeweiligen Theaterkollektiv öffentlich auszuwerten.
• Der Bezirksvorstand soll jährlich zweimal zusammentreten. Im März wird der Rat des Bezirks bei der Verabschiedung der Spiel planvorhaben für das nächste Jahr beratend
unterstützt, im November werden aktuelle und konkrete Fragen der Theater im Bezirk diskutiert und Empfehlungen ausgearbeitet.
Dieses Konzept traf in der Diskussion auf lebhafte Zustimmung. Der Schauspieler Thomas Härtig (Theater der Jungen Generation) bekannte, er sei Verbandsmitglied geworden, um gemeinsam mit anderen zu lernen und zu streiten, und um Hilfe beanspruchen zu können, wenn die Schwierigkeiten einmal zu groß würden. Der Sänger Rochus Bliesener (Görlitz) forderte nachdrücklich Werkstattgespräche und überhaupt geistigen Austausch zwischen den Theatern des Bezirks. Annegudrun Heilmann (Puppentheater) bat, dabei unbedingt auch die »Randgruppen« Operette, Puppentheater und Kabarett einzubeziehen. Jörg Liljeberg (Bautzen) erklärte öffentliche Diskussionen über Aufführungen und Regiekonzeptionen für unentbehrlich und bat zu prüfen , ob nicht regelmäßige »Theatertage des Bezirks«, zu denen alle Theater mit ihren besten Inszenierungen in die Bezirkshauptstadt eingeladen werden, konkreter Bezugspunkt sein könnten.
Unmöglich, die kritisch-konstruktive Debatte lückenlos zu referieren. Die Notwendigkeit von Baumaßnahmen spielte da eine Rolle, sowohl hinsichtlich einiger Theater (Görlitz, Puppentheater, Theater der Jungen Generation) als auch einiger Abstecherbühnen (Bautzen und Radebeul, die viel gastieren, beklagten, daß sich deren Zustand seit Jahrzehnten kaum verändert habe und heute die Wirksamkeit der Theaterarbeit beeinträchtige). Wiederholt wurde die Presse angesprochen (gerade kleinere Theater wünschen sich mehr Widerhall in der Bezirkspresse, mehr Unterstützung durch Publizität, und ein Darsteller wandte sich gegen »freundlich-wohlwollende, aber nichtssagende Rezensionen« und forderte das deutlich formulierte kritische Urteil). Zweifel wurde laut, ob unsere Hochschulen, ob DTO, ob die Vorstände der Theater ihre Verantwortung für Absolventen in den ersten Praxisjahren tatsächlich wahrnehmen. Natürlich wurde auch nach dem Regisseur gerufen, der nicht nur sich selbst zu verwirklichen sucht, sondern bereit ist, Verantwortung für ein Ensemble zu übernehmen (in diesem Zusammenhang gab es wieder kritische Fragen an die Ausbildung durch das Regieinstitut). Vorgeschlagen wurde, die Ausbildung von Puppentheater-Regisseuren aufzunehmen und einen Verlag mit Entwicklung und Vertrieb von Puppenspielen zu beauflagen. Schließlich wurde der mühsame Weg der glanzvoll eröffneten Semperoper (1150 Mitarbeiter!) in den Alltag (150000 Kartenvorbestellungen!)beschrieben und vorausskizziert bis zum Jahr 1990, da 40 Inszenierungen (darunter der »Ring«) im Repertoire stehen werden: die Spielplanpolitik scheint keinen wesentlichen Bereich auszusparen, setzt aber Akzente auf die Gegenwart; man bekennt sich zum Ensemble - das freilich noch ausgebaut und ständig durch Gäste ergänzt werden muß. Politisches Profil und methodisches Verfahren blieben dabei noch ausgespart, weshalb in der Diskussion an Dresdner Erfahrungen aus den ersten Nachkriegsjahren erinnert wurde.
Namens des Rats des Bezirks orientierte Inge Scheibner die Theater nachdrücklich auf neue Werke. Sie empfahl die Zusammenarbeit mit FDJ und Volksbildung zu vertiefen. In der Auseinandersetzung mit den künstlerischen Ergebnissen lägen noch Reserven für die Erhöhung von Qualität und Wirksamkeit der Theaterkunst; die Theaterleiter wurden aufgefordert, noch bessere Voraussetzungen für die Arbeit des Verbands zu schaffen. Auch der Rat des Bezirks werde den Verband stärker einbeziehen und sich in Theaterfragen seiner Beratung versichern.
Zum neuen Vorsitzenden des Bezirksvorstands wurde Prof. Dr. Eckart Kröplin, Stellvertretender Intendant und Chefdramaturg der Dresdner Staatsoper, gewählt.
Hans-Rainer John
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Umschau | |
Berlin/Klub »International«»Zoogeschichte« von Edward Albee. Regie Immo Sennewaldvon Dieter Krebs | Seite 1 |
Friedrich-Wolf-Theater Neustrelitz»Frau Flinz« von Helmut Baierl. Regie Erhard Kunkel, Ausstattung Horst-Werner Schneidervon Volker Trauth | Seite 1 |
Städtische Theater Karl-Marx-Stadt/Schauspielhaus»Der Silbersee« von Kaiser / Weill. Regie: Hartwig Albiro, Ausstattung: Volker Walther, musikalische Leitung: Uwe Lohse / Jan Triedervon Martin Linzer | Seite 2 |
Landestheater Halle/Theater des Friedens»Die Zauberflöte« von Mozart. Regie: Andreas Baumann, musikalische Leitung: Steffen Leißner, Ausstattung: Bernd Leistner / Barbara Albrechtvon Klaus Thiel | Seite 2 |
Theater der Stadt Plauen»Ballettabend '85« mit Musik von Britten / Debussy / Strawinsky. Choreographie/Inszenierung: Renate Tietze, musikalische Leitung: Egon Reichel, Ausstattung: Fritz Werner / Ines Freckmannvon Genia Bleier | Seite 3 |
Theater Greifswald»Aufforderung zum Tanz« von Weber. Kammertanzabend. Künstlerische Gesamtleitung: Margit Nicolaus, Choreographie: Frank Männel, Kostüme: Dietlinde Galitz / Gustav Gumm, Pianist: Ralf Schiemenzvon Volkmar Draeger | Seite 3 |
Berichte | Seite 4 |
Wir berichten von Bezirksdelegiertenkonferenzen des TheaterverbandsDresden: Offen, streitbar, konstruktiv (Hans-Rainer John); Erfurt/Suhl: Miteinander sprechen (Jochen Gleiß)von Jochen Gleiß und Hans-Rainer John | |
Musiktheater | Seite 6 |
Dürfen wir zufrieden sein?Zu einem Regie-Problem an unseren Musikbühnenvon Wolfgang Lange | |
Kolumne | Seite 7 |
Gute Leitungsarbeitvon Karl Kayser | |
Rezension | Seite 9 |
Komik und tragische Untergründe»Die verkaufte Braut« von Smetana in der Komischen Oper Berlinvon Dieter Kranz | |
Szenografie national | Seite 11 |
Eleonore Kleiber (16)von Eleonore Kleiber | |
Dresdner Musikfestspiele '85 | |
Staatsoper Dresden: »La Traviata« von Giuseppe Verdivon Dietmar Fritzsche | Seite 15 |
Hochschule für Musik Dresden: »Prinzessin Hochmut« von Stefan Kadenvon Klaus Thiel | Seite 16 |
Impressionen von internationalen Opern-Gastspielenvon Wolfgang Lange | Seite 16 |
Gespräch mit Gundula Janowitzvon Ingrid Schubert und Gundula Janowitz | Seite 19 |
Staatsoperette Dresden: »Daphnis und Chloe« von Jacques Offenbachvon Klaus Thiel | Seite 19 |
Ballett des Moskauer Bolschoi-Theatersvon Volkmar Draeger | Seite 20 |
»Compagnie Michel Hallet Eghayan« aus Lyonvon Werner Gommlich | Seite 21 |
Staatsoper Dresden: »Tänzerische Kontraste IV«von Dietmar Fritzsche | Seite 22 |
Palucca Schule Dresden: Tanzabendvon Dietmar Fritzsche | Seite 22 |
Kulturpalast Dresden: »Klanghaus«von Dietmar Fritzsche | Seite 23 |
Ein »Zauberflöten«-Experimentvon Wilhelm Hübner | Seite 23 |
Porträt | Seite 24 |
Verlockt, geblieben, erfülltÜber den Sänger Jürgen Krassmann, Landestheater Hallevon Annette Siegmund-Schultze | |
Theaterreport | Seite 28 |
Manchmal mehr als das MöglicheTdZ-Theaterreport über das Musiktheater-Ensemble am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzenvon Wolfgang Lange | |
Dirigenten im Gespräch | Seite 32 |
Hartmut Haenchenvon Wolfgang Lange und Hartmut Haenchen | |
Umfrage | Seite 35 |
Umfrage bei Theaterleitern (VI)Antworten aus Wittenberg (Helmut Bläss), Potsdam (Gero Hammer), Dresden (Gunild Lattmann), Nordhausen (Siegfried Mühlhaus)von Gunild Lattmann, Gero Hammer, Helmut Bläss und Siegfried Mühlhaus | |
Hans Otto | Seite 39 |
Umgang mit einem VorbildZum 85. Geburtstag von Hans Otto am 10. Augustvon Wilfried Adling | |
Schauspiel in Dresden | Seite 42 |
Mit fünf neuen Inszenierungen setzen sich Volker Trauth, Bernhard Scheller und Martin Linzer auseinandervon Martin Linzer, Volker Trauth und Bernhard Scheller | |
Erstaufführungen | Seite 47 |
Kontrapunkte/Kontraste»Die dritte Leuchtkugel« von Wladimir Komratow und »So groß wie viermal Frankreich« von Alexander Mischarin in Rostockvon Manfred Zelt | |
Ausland | |
Windstille22. Theatertreffen in Westberlinvon Hans-Rainer John und Rüdiger Volkmer | Seite 48 |
Amsterdamer ImpressionenEindrücke von Publiekstheater. Gespräch mit Hans Croisetvon Ingeborg Pietzsch und Hans Croiset | Seite 55 |
Zum Stückabdruck | Seite 58 |
Die komischen Käuze des Albert Wendtvon Gabriele Kneschke | |
Stückabdruck | |
Der Vogelkoppvon Albert Wendt | Seite 58 |
Prinzessin Zartfuß und die sieben Elefantenvon Albert Wendt | Seite 62 |
TdZ-Informativ | Seite 65 |
Bilanz und neue Aufgaben12. Tagung des Vorstandes des Theaterverbands in Dresdenvon Hans-Rainer John | |
Sommertheater auf Freilichtbühnen | |
Inland | |
Sänger-Qualifizierungvon Dietrich H. Litt | Seite 66 |
IX. Schumann-Wettbewerbvon Dietrich H. Litt | Seite 66 |
1945-1985 - 40 Jahre Henschelverlag (II)Gespräch mit dem Chefdramaturgen von henschel Schauspiel, Wolfgang Schuchvon Martin Linzer und Wolfgang Schuch | Seite 67 |
Zum 60. der Palucca Schulevon Genia Bleier | Seite 67 |
Theater im Spannungsfeld der WidersprücheErich-Engel-Seminar 1985von Michael Funke | Seite 68 |
Personelles | Seite 68 |
Inland | |
Theateralltag in der DDRvon Elke Wiegand | Seite 69 |
Theaterarbeit nach Brechtvon Werner Heinitz | Seite 69 |
Masken von Utztvon Ingeborg Pietzsch | Seite 70 |
Georgische Bühnenbildervon Jochen Gleiß | Seite 70 |
Internationale Studenten-Soireevon - F. | Seite 70 |
Unterwegs | Seite 70 |
Ausland | |
Symposium in Delphivon Esch | Seite 71 |
IV. Nationales Festival in Budapestvon Matthias Caffier | Seite 72 |
Vorschau | Seite 73 |
Vorschau auf die XXIX. Berliner Festtage | |
Spielpläne | Seite 73 |
Vom 16. August bis 15. September 1985 | |
Premierenkalender | Seite 74 |
Vom 16. August bis 15. September 1985 | |
Besetzungen | Seite 78 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel / Musiktheater | |
Autoren | Seite 79 |
Impressum | Seite 79 |
Inhalt | Seite 80 |
Wilfried Adling
Helmut Bläss
Genia Bleier
Matthias Caffier
Hans Croiset
Volkmar Draeger
Esch
- F.
Dietmar Fritzsche
Michael Funke
Jochen Gleiß
Werner Gommlich
Hartmut Haenchen
Gero Hammer
Werner Heinitz
Wilhelm Hübner
Gundula Janowitz
Hans-Rainer John
Karl Kayser
Eleonore Kleiber
Gabriele Kneschke
Dieter Kranz
Dieter Krebs
Wolfgang Lange
Gunild Lattmann
Martin Linzer
Dietrich H. Litt
Siegfried Mühlhaus
Ingeborg Pietzsch
Bernhard Scheller
Ingrid Schubert
Wolfgang Schuch
Annette Siegmund-Schultze
Klaus Thiel
Volker Trauth
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Albert Wendt
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