Wer das "Gasthaus Naase" im brandenburgischen Dorf Gröben zum ersten Mal betritt, wird sich kaum erklären können, warum BE-Mitintendant Peter Zadek die Lokalität zum ländlichen Premierenspielort des Traditionshauses am Schiffbauerdamm gemacht hat. "Guten Tag" steht nach Art von Mietwohnungen in Kleinbürgergegenden auf dem Fußabstreifer; die Gaststube mit ihren Holztischen - Oberfläche teils Natur, teils Sprelacart -, ihren allerdings blütenweißen Spitzenstores vor den Fenstern, den raffiniert Mauerwerk fälschenden Tapeten und alten Schwarzweißfotos vom historischen Größen ist freundlich-unscheinbar. Auffallend sind nur die drei kleinen Buddha-Figuren im Flaschenregal hinter der Theke.
Daß Zadek, der hier bei einer Landpartie zufällig einkehrte, die Wirtin Naase dann doch fragte, ob man bei ihr auch Theater spielen könne, versteht erst, wer den Bühnenraum gesehen hat. Eine kleine Guckkastenbühne von ca. 5 Metern Portalbreite und ca. 4 Metern Tiefe; Wirtshausstühle für ca. 130 Zuschauer; die Wände in klassischem DDR-Blaßgelb gehalten und im unteren Teil von einer graubraun gemusterten Struktur-Tapete geziert - darauf Doppel-Wandleuchten mit Milchglas-Schirmen. Links neben der Bühne ein dickes Ofenrohr mit Knie, darunter ein Allesbrenner-Ofen; rechterseits ein halber Quadratmeter Gemälde mit Prachtrahmen: Der Raum hat den verzwickten Charme der ländlichen DDR, die gemütliche Geschichtsvergessenheit, die man im ländlichen Brandenburg noch häufig antrifft. Ein kleiner Nachteil, der sich erst bei laufender Vorstellung erweist: Es gibt hier keine hölzernen Rolladen vor den Fenstern; mehrmals hört man jemanden, der draußen vorbeigeht, sehr deutlich ins Stück hineinteden. - [...].
Aus Klaus Nothnagel: BE on Tour. Eine Zwischenbilanz der Landgastspiele des Berliner Ensembles, S. 16-17
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Revidierte UrteileDieter Hoffmeier: Stanislawskij. Auf der Suche nach dem Kreativen im Schauspieler. Urachhaus Stuttgart 1993, 438 S.von Gisela Ullrich | Seite 88 |
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