Heft 01/2004
Junge Talente
Schwerpunkt Freie Szene
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Vom Rand aus gedacht: Kreativität entspringt zum nicht geringen Teil aus der Fähigkeit, sich selbst in Frage zu stellen. Und zumindest diese Seite der Kunst, das zweckfrei Suchende, hat die Freie Szene immer wieder bedient. Für Weimars Theaterintendanten Stephan Märki war das eine der wichtigsten Erfahrungen, die er in der Freien Szene gemacht hat. Im Kern hat er sie auf das Deutsche NationalTheater in Weimar übertragen. In dieser Ausgabe erklärt Märki das Modell, das er seit einem Jahr in Weimar praktiziert. Der Schweizer hat sich damit nicht nur Freunde gemacht, der Röstigraben geht durch Deutschland - Grund genug, das Weimarer Modell zu diskutieren.
Der Freien Szene widmet TdZ in dieser Ausgabe einen eigenen Schwerpunkt. Ästhetische und strukturelle Gesichtspunkte werden diskutiert, zwei Plattformen für junge Regisseure vorgestellt sowie das Berufsbild des Produktionsmanagers portraitiert. Michael Vesper, Minister für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen, geht im Gespräch mit TdZ auf Rasenmähermethoden und die mass ive Kürzungen im Kulturbereich ein , die in sein em Bundesland auch die Freie Szene nicht ungeschoren lassen. Und TdZ gibt zu bedenken, was Niels Ewerbeck, Leiter des Forum Freies Theater in Düsseldorf, vermutet: "Es spricht zwar keiner aus, aber jeder weiß ganz genau, dass in den kommenden Jahren immer mehr Stadttheater geschlossen werden."
Heiner Müller hat übrigens 1995 den Vorschlag gemacht, alle Theater der Welt für ein Jahr lang zu schließen. Die Leute würden weiter bezahlt, "aber ein Jahr lang gibt es kein Theater, und dann weiß man hinterher vielleicht, warum Theater". Müller wäre am 9. Januar 75 Jahre alt geworden. Kulturpolitisch hat Müllers Vorschlag (zum Glück) keine Folgen gehabt. Die meisten Theater wären wohl noch heute dicht, weggespart, so steht zu befürchten. Aber die künstlerische und intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Dichter geht weiter: Ulrich Mühe entwickelt im Gespräch mit Martin Linzer se ine Lesart von Müllers "Auftrag", den der Schauspieler am 9. Januar als sein Regiedebüt inszeniert. Außerdem drucken wir die "Herzstück"-Paraphrase des Dramatikers und Dramaturgen Thomas Oberender, richten mit Uta Atzpodien und Hans-Thies Lehmann den Fokus auf einen Heiner-Müller-Workshop in Brasilien und blicken in Müllers Dichterwerkstatt.
Unveröffentlichtes druckt TdZ auch von Einar Schleef, der in diesem Monat 60 Jahre alt geworden wäre. "Die Party" entstand kurz nach Schleefs Übersiedlung in den Westen und ist erst vor kurzem im Nachlass aufgefunden worden. Schleef verstand sein Stück, das er am Düsseldorfer Schauspielhaus aufführen wollte, als zeitgenössische Verschärfung von Strindbergs "Totentanz". Warum kam das Stück nie zur Aufführung?
Was schließlich hat Brechts Theatertheorie in deutschen Gerichtssendungen zu suchen und warum ist Queer Theatre in New York ein Thema, das beleuchten zwei Essays in di eser Ausgabe.
Wenn selbst die Hausfrau in Minnesota Schwule und Lesben aus Fernsehsendungen und Talkshows irgendwie sympathisch fin den, dann liegt ein Paradigmenwechsel vor: Minoritäten haben es bis zum Mainstream geschafft und werden von den Medien hofiert oderwenigstens repräsentiert. "Nur. Wer war denn je repräsentiert. Auf den deutschsprachigen Bühnen", fragt Schrifts tellerin Marlene Streeruwitz, die TdZ als eine seiner neuen KolumnistInnen vorstellt. Alleinerziehende zumindest nicht, weshalb Anja Dürrschmidt in ihrem Kommentar der deutschsprachigen Dramatik den Blick auf sozial relevante Stoffe empfiehlt. In Deutschland, das hat eine Studie gezeigt, wächst übrigens die Bereitschaft, soziale Minderheiten zu verachten. Und wen verachten Sie, liebe TdZ-Leser?
Mit dieser Ausgabe ist unser Premierenkalender nur noch im Internet zugänglich - keine Verachtung der Leser ohne Internetzugang, sondern die Setzung inhaltlicher Prioritäten.
Die Redaktion
Uta Atzpodien
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Roland Dippel
Anja Dürrschmidt
Melanie Fritsch
Ludwig Haugk
Rolf C. Hemke
Stefan Hilpold
Reinhard Kannonier
Alexander Karschnia
Hella Kemper
Hartmut Krug
Hans-Thies Lehmann
Martin Linzer
Verena Mayer
Harald Müller
Nikolaus Müller-Schöll
Thomas Oberender
Nina Peters
Dirk Pilz
Patrick Primavesi
Einar Schleef
Daniel Schreiber
Marlene Streeruwitz
Katja Werner
Jörg Wiesel
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