„Kein schwierigerer Vormarsch als der zurück zur Vernunft!“, schreibt Brecht im „Messingkauf“-Fragment. Nicht leicht, zurückzufinden zur Vernunft in der festgefahrenen Debatte um die Zukunft der Berliner Volksbühne. Was ist passiert? Die Intendanz Frank Castorfs, in der es gelungen ist, mit einem Team unverwechselbarer Künstler ein geschichtsbewusstes, aber gegenwartsbezogenes politisches Theater zu machen, hat am Rosa-Luxemburg-Platz nach 25 Jahren ein Ende gefunden, das viele als unnötige Zäsur verstanden haben. Chris Dercon, ein Fachmann im Bereich der Bildenden Kunst, wurde als Nachfolger berufen. Die Kulturpolitik hat es versäumt, der Belegschaft der Volksbühne, ihrem Publikum, der Stadtbevölkerung die ambitionierten Pläne zu vermitteln. Ein Theaterstreit ist entbrannt – ausgefochten nicht nur in den Feuilletons, sondern etwa auch mittels einer Theaterbesetzung. Nach sieben Monaten bricht Dercons Arbeit vorzeitig, aber nicht unerwartet ab. Wie weiter?
Um Wege aus der Krise zu zeigen, hat die Akademie der Künste, Berlin, mit Unterstützung des Deutschen Bühnenvereins und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa einen „Kongress aus gegebenem Anlass“ organisiert – mit dem bedeutungsschweren Titel „Vorsicht Volksbühne!“. In drei Panels wurde fachkundig über den „Mythos Volksbühne“, die strukturellen Bedingungen der Kunstproduktion und die Bedeutung des Theaters für die Stadt diskutiert. Gerahmt wurde die Veranstaltung von kenntnisreichen und meinungsstarken Kurzstatements und pointierten Schlussbemerkungen. Die vorliegende Sonderausgabe der Zeitschrift „Theater der Zeit“ dokumentiert die vielseitigen Debattenbeiträge.
Darüber hinaus findet sich in dem Heft die Arbeit „No Future – A Masterplan“ des Künstlers J. Michael Birn, die anhand des Areals um den Rosa-Luxemburg-Platz „die Brüche bei der Suche nach umfassender gesellschaftlicher Erneuerung“ zeigt.
Unter dem Titel „Denkzeichen“, angelehnt an das Online-Medium der Volksbühne, das in den letzten Jahren Denkräume über das Theater hinaus geöffnet hat, sind in Fortführung und Erweiterung der Diskussionsveranstaltung die Stimmen verschiedener Generationen versammelt: Der Dramatiker Thomas Köck, der Kultursoziologe Wolfgang Engler, die Autorin Luise Meier, der Publizist Jakob Hayner, der Philosoph Guillaume Paoli, der Theaterwissenschaftler Joachim Fiebach, der Schriftsteller Friedrich Dieckmann und der Theaterkritiker Peter Laudenbach beziehen klare Position, was die Tradition und mögliche Zukunft des Schlachtschiffs Volksbühne anbelangt. Ein kurzer Abriss des Berliner Kulturkampfs soll helfen, den Überblick zu bewahren angesichts intransparenter und sich überstürzender Ereignisse. Das Heft schließt mit einem lautstarken Zwischenruf des Volksbühnen-Matadors Henry Hübchen.
Jeder Vorstoß in dieser Debatte – sei es, Castorf zurückzugewinnen, eine kollektive Intendanz einzuführen, oder, das Theater vorerst geschlossen zu lassen – muss nicht darauf geprüft werden, ob er nachvollziehbar oder gut gemeint, sondern ob er vernünftig ist, das heißt: umsetzbar und förderlich, um ein relevantes Theater auf der Berliner Bühne wieder stattfinden zu lassen. Ein solcher, wenngleich schwieriger, Vormarsch wäre lohnenswert.
Klaus Lederer, Harald Müller und Erik Zielke
Die digitale Ausgabe im Original-Layout:
Gastprofessorin für Theaterwissenschaft an der FU Berlin und Privatdozentin an der Ruhr-Universität Bochum. 2015/16 hat sie die Professur für Theater und Medien an der LMU München vertreten. Fellowships am IRC Interweaving Performance Cultures und an der Rutgers University. Lehre und Forschung u. a. an…mehr
Regisseurin, ab der Spielzeit 2018/19 Intendantin für das Schauspiel am Badischen Staatstheater Karlsruhe.
Autor von No Future – A Masterplan, 2013, verschiedene Materialien ca. 300 x 400 x 200 cm.Die Arbeit von J. Michael Birn zeigt das Areal rund um den Rosa-Luxemburg-Platz als Schauplatz eines utopischen Szenarios. Das Modell gibt den gegenwärtigen baulichen Bestand wieder, an vielen Stellen jedoch…mehr
ist Teil des Künstlerkollektivs Staub zu Glitzer.
war von 2000 bis 2007 Künstlerische Leiterin der Sophiensäle (Berlin), 2004/05 war sie Teil der Künstlerischen Leitung von „Volkspalast“; seit 2007 ist sie Intendantin von Kampnagel (Hamburg). 2017 war Amelie Deuflhard Teil des Viererkuratoriums von Theater der Welt. Sie ist Autorin zahlreicher…mehr
geboren 1937, Schriftsteller und Publizist, lebt in Berlin-Treptow. 1972-1976 Dramaturg am Berliner Ensemble. 1989/90 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.
Dr. phil. h. c. der Humboldt-Universität zu Berlin. Mitglied der Akademie der Künste (Berlin), der Sächsischen Akademie der Künste und der…mehr
Leiter der Abteilung Ton/Video an der Volksbühne Berlin.
Intendant der Volksbühne Berlin.
geboren 1978 in Bremen, ist Professorin für Kulturjournalismus an der Hochschule für Musik und Theater München.
Zuvor war sie von 2020 bis 2021 Chefredakteurin von Theater der Zeit, dessen überregionale und internationale Theaterberichterstattung sie seit 2007 als Redakteurin und Autorin mit…mehr
Journalist.
wurde 1952 in Dresden geboren. Von 1973 bis 1978 studierte er Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach einem Forschungsstudium promovierte er 1980 und arbeitete das folgende Jahr am Philosophischen Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR. Im Herbst 1981 wechselte er an das…mehr
Übersetzerin, Buenos Aires. Leiterin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD und Sprecherin des Rates für die Künste.
geboren 1934 in Berlin, ist einer der vielseitigsten, produktivsten und wirkungsmächtigsten international anerkannten deutschen Theaterwissenschaftler. Sein Forschungsschwerpunkt bilden die darstellerischen Kulturen des 20. Jahrhunderts in Europa und Afrika. Seine Forschungsgebiete umfassen die…mehr
geboren in Gablonz. Er studierte an der Hochschule für Schauspielkunst ‚Ernst Busch‘ Berlin. Seit 1970 ist er am Deutschen Theater engagiert und hat mehr als 50 Rollen gespielt. Dazu zählen ,Torquato Tasso‘, Regie Friedo Solter, und die Doppelrolle Danton/Robespierre in ,Dantons Tod‘, Regie Alexander…mehr
geboren 1964 in Magdeburg, Schriftstellerin, Journalistin und Gastprofessorin für Kulturjournalismus an der Universität der Künste.
wurde 1988 in Dresden geboren und ist in Thüringen aufgewachsen. An der Humboldt-Universität zu Berlin studierte er Deutsche Literatur und Philosophie, nebenher hat begonnen, als Journalist zu arbeiten. 2016 wurde er Redakteur bei „Theater der Zeit – Zeitschrift für Theater und Politik“. Neben…mehr
Theaterleiterin, 1953 bis 1958 Studium an der PhilosophischenFakultät der Humboldt-Universität Berlin. Im Anschluss freischaffendeArbeiten für Rundfunk und Theater. Nach einjährigem Aufenthaltin London ab 1962 Sekretär der Akademie der Künste in denAbteilungen Musik und Darstellende Kunst, seit 1974…mehr
Schauspieler, Berlin. Er war Ensemblemitglied der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
Prof. Dr.geboren 1951 in Stuttgart, Dramaturg und Intendant. Er studierte Jura, Theologie und Germanistik in Freiburg und arbeitete zunächst als Theater- und Literaturkritiker bei der Badischen Zeitung in Karlsruhe. 1980 wurde er Chefdramaturg am Stadttheater Konstanz, wo er acht Jahre später Intendant…mehr
geboren 1986 in Oberösterreich, studierte zunächst in Wien und Berlin Philosophie und Literaturwissenschaft. Seit 2012 Studium des Szenischen Schreibens in Berlin und Leipzig. Für seine Theatertexte erhielt er bereits zahlreiche Preise, u. a. den Osnabrücker Dramatikerpreis (2014), den Stückepreis des…mehr
Kostümdirektorin an der Volksbühne Berlin.
Kulturjournalist und Theaterkritiker, Berlin
(* 1964) ist seit 2003 fester Autor beim Magazin brand eins, seit 2006 Berliner Theaterkritiker der Süddeutschen Zeitung und schreibt unter anderem für den Berliner tip und die taz. Letzte Buchveröffentlichung: „Am liebsten hätten sie veganes Theater. Frank Castorf – Peter Laudenbach – Interviews…mehr
Intendantin am Schauspiel Graz, studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und arbeitete einige Jahre als Dramaturgin am Schauspiel Bonn und am Theater Bremen. Von 2001 bis 2002 war sie Mitglied der künstlerischen Leitung des europäischen Theaterfestivals Bonner Biennale, für das sie gemeinsam…mehr
wurde 1974 in Schwerin geboren und wuchs in Frankfurt (Oder) auf. Nach dem Ende der DDR engagierte er sich in linken Jugendverbänden und seit 1992 in der PDS. Er studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er 2004 promovierte. 2003 wurde er als Mitglied der Linken ins…mehr
freier Autor, geboren 1963 in Berlin, veröffentlicht seit 1987 Lyrik, Prosa und Essays in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien. Ab 1990 Reportagen, Rezensionen und Kolumnen u. a. in der FAZ, taz und im Freitag. Parallel begann er seine Arbeit für das Theater zunächst als Regieassistent, dann als…mehr
Präsidentin der Akademie der Künste, Berlin.
freie Autorin in Berlin.
wurde 1953 in Röbel/Müritz geboren und studierte 1976-1981 Bühnenbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seine Zusammenarbeit mit Frank Castorf begann 1981 in Anklam, es entstanden u. a. die Produktionen Die Schlacht, Othello und Trommeln in der Nacht. 1988 reiste er aus der DDR aus und arbeitete…mehr
geboren 1954, studierte Journalistik und Theaterwissenschaften in Leipzig und Berlin. Danach arbeitete er als Lektor, ab 1987 freischaffend. Seit 1993 ist er Verlagsleiter von Theater der Zeit in Berlin und seit 2020 Herausgeber der Zeitschrift Theater der Zeit.
1966 geboren, war von 2012-2021 künstlerischer und geschäftsführender Direktor der Berliner Festspiele / Gropius Bau. Er gründete die mehrjährigen Formate «Immersion» und «The New Infinity», das Planetarien für die Arbeiten von Künstler*Innen des digitalen Zeitalters geöffnet hat. In kuratorischen Teams…mehr
geboren 1959 in Bastia; Philosoph und Publizist.
Mitbegründer der Bewegung der „glücklichen Arbeitslosen“, Autor zahlreicher Essays (u. a. für FAZ, taz, Freitag, Theater heute), Vorträge und Interventionen (u. a. als Demotivationstrainer). 2008 – 2013 Hausphilosoph am Schauspiel Leipzig. Letzte…mehr
Publizist, in Hannover geboren, promovierte über Heiner Müller. Arbeit als Dramaturg am Schauspiel Köln, Staatstheater Hannover, Staatstheater Stuttgart, Düsseldorfer Schauspielhaus u. a. mit Dimiter Gotscheff, Einar Schleef, Theodoros Terzopoulos, Valery Fokin und Tadashi Suzuki. Künstlerischer Leiter…mehr
Schauspieler. Er war Ensemblemitglied der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. www.facebook.com/Bockelson
freie Autorin und Dramaturgin. Sie war an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz tätig.
geboren 1961, freie Journalistin und Theaterkritikerin in Berlin. Sie schreibt unter anderem für die taz, die Financial Times Deutschland, Theater heute, die Schweizer woz und das Online-Magazin Perlentaucher. Mitbegründerin von nachtkritik.de.
hat Theaterwissenschaft und Germanistik studiert. Sie war Dramaturgin auf Kampnagel in Hamburg, Mitbegründerin und Kuratorin des Festivals „reich & berühmt“ in Berlin und arbeitete als Redakteurin und Autorin u. a. für die Wochenzeitung Freitag und Theater der Zeit. Seit 2004 ist sie Künstlerische…mehr
geboren 1938 in Frankfurt am Main, studierte Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Frankfurt und an der FU Berlin, 1969-1985 leitender Dramaturg an Bühnen in Zürich, Basel, Bremen und am Schiller-Theater Berlin, seit 1985 Leiter des »Stückemarkts« der Berliner Festspiele, 1993-2005…mehr
geboren 1989 in Bergen auf Rügen, ist Autor und Redakteur. Er studierte Buchwissenschaft, Slawistik und Osteuropastudien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und an der Freien Universität Berlin. Er war von 2015 bis 2021 als Lektor im Verlag Theater der Zeit tätig und hat darüber hinaus auch als…mehr