Heft 03/2005
Luxuselend
Volker Braun im Gespräch
Broschur mit 76 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Die heimliche Hoffnung der Gegenwart In seiner jüngst erschienen Sammlung philosophischer und prosaischer Brocken mit dem Titel "Im schwarzen Berg", beigefügt der erstaunlichen Erzählung "Das unbesetzte Gebiet", schreibt Büchner-Preisträger Volker Braun: "Überhaupt drängt sich der Gedanke auf, ob sich Staatswesen nicht aller Jubeljahre umwälzen sollten, damit sie auf eine neue Basis gestellt würden und das schier Unlösbare wieder seine einfache Lösung fande." Das muss für jedes Staatswesen ein anstößiger Gedanke sein - aber ein notwendiger. Man fangt an, seine Dringlichkeit nicht nur zu ahnen. Man spürt sie bereits. Das Theater, Raum, unerhörte Gedanken zu erproben, wäre der Ort, der Ahnung Gestalt zu verleihen. Die Realität ist meist eine andere. Die wachsende finanzielle und soziale Verunsicherung lässt die utopischen Potentiale verkümmern; und die Angst vor dem Schwinden der eigenen Pfründe treibt die seltsamsten Blüten. Die Utopie der Gegenwart, hat der gegenwartszerknirschte Botho Strauß jüngst geschrieben, liege nicht länger im Vorstellen des Neuen, nicht in der Erwartung eines Anderswo; eine Utopie wäre es vielmehr, all das Neue verkraften zu können und dabei der Alte zu bleiben. Unser Bedürfnis richte sich auf größere "Verkraftungskraft": Im Sturm der Veränderungen bei sich selbst bleiben, das ist die heimliche Hoffnung der Gegenwart. Ein tragisches Jahrhundert: Wir sitzen mit dem Rücken zum Kommenden. Unser Glaube gilt der lauen Revolution: der langsame Umbau des Vertrauten, die behutsame Reform der Gewohnheiten.
Die böse Ironie lauer Revolutionen ist: Man lernt unter der Hand zu verkraften, was bei Lichte besehen keiner verkraften wollte, man verliert den Blick für die Verhältnisse. Arthur Miller verstand das Theater daher immer als Instanz der moralischen Erschütterung: dem Zuschauer die Drastik gesellschaftlicher Realität und menschlicher Untiefen vorführen, das war ihm die Bühne. "Ein großes Drama ist ein großes Wissen von dem, was recht ist", hat er sich zum Credo gemacht. Am 11. Februar ist Arthur Miller gestorben; in der April-Ausgabe wird TdZ ein Nachwort veröffentlichen.
In diesem Heft wirft TdZ den Blick auf die Zukunft und fragt nach der Arbeit der Dramaturgen, wie sie sich heute gestaltet und künftig vonstatten gehen muss, will das Theater mehr als Gewohnheiten fortschreiben. Und TdZ setzt seine Gesprächsreihe zur Utopie fort, diesmal mit dem jungen Schweizer Dramatiker Lukas Bärfuss. Es geht dabei, wie stets in diesen Gesprächen, um Einübung einer Vorstellungskraft, die jenseits der vertrauten Denkgleise verläuft. Weil aber ohne genauen Blick für das Vorfindbare jede Vorstellungskraft leer bleibt, stellen wir auch die gegenwärtige Theaterpraxis vor. Mit einem Porträt des Choreografen Philipp Gehrnacher und einer neuen Reihe, die in loser Folge verschiedene Landestheater vorstellt. Den Anfang macht Stendal.
Auf demTitelblatt sehen Sie: Volker Braun. Im Heft fmden Sie: den Erstdruck seines neuen Stückes "Was wollt ihr denn", uraufgeführt an der Neuen Bühne Senftenberg. Es zeigt in einem Szenenpanorama die gesellschaftlichen Konflikte von Heute und stellt die utopische Kernfrage: Was wollen wir denn?
Die Redaktion
P.S. März ist Messezeit. Dieses Jahr findet die Leipziger Buchmesse vom 17. bis 20. März statt. Mit TdZ, in Halte 5 am Stand C 302. Neben einer Auswahl unseres Buchprogramms präsentieren wir auch zwei Neuerscheinungen. Als Band 23 der Reihe Recherchen haben Sabine Kebir und Therese Hömigk die Dokumentation der Brecht-Tage 2004 "Brecht und der Krieg. Widersprüche damals, Einsprüche heute" herausgegeben. Und als sechster Band der Reihe Dialog sind soeben "Theaterstücke" von Lutz Hübner erschienen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Tristan Berger
Josef Bierbichler
Volker Braun
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Klaus Dermutz
Michael Helbing
Stefan Hilpold
Constanze Klementz
Hans-Thies Lehmann
Martin Linzer
Nikolaus Merck
Anne Peter
Nina Peters
Dirk Pilz
Falk Richter
Shirin Sojitrawalla
Katja Werner
Hans-Christoph Zimmermann
€ 6,99
Zu den Apps
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Die elektronische Ausgabe steht direkt nach dem Kauf zur Verfügung. Unsere eMagazine können Sie mit nahezu allen Geräten lesen, da das PDF ein plattformunabhängiges Format ist.
Zeitschrift
Neue Bücher
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren