Recherchen 55
Betrachtungen über den Weltlauf
Kleist 1933 – 1945
von Martin Maurach
Paperback mit 276 Seiten, Format: 140 x 240 mm
ISBN 978-3-940737-12-0
- "... komplexe Deutungen der Kleist-Rezeption 1933 bis 1945" DIE ZEIT
Den ersten nationalsozialistischen Dichter der Vergangenheit nannten ihn die einen. Eine Londoner Emigrantenbühne dürfe mit gutem Recht Kleist spielen, sagten die anderen. Unter Hitler wurden Kleists Werke vor Autobahnarbeitern, vor Veteranen des Ersten und Frontsoldaten des Zweiten Weltkriegs gespielt. Sie wurden für Film, Oper und Ballett bearbeitet und selbst seine kleinen Schriften oft in Programmheften und in der Tagespresse nachgedruckt. Aber auch manche Regimegegner und ins Exil Getriebene erkannten sich in seinen Gestalten wieder.
Die Wirkung Kleists als ein Schlüssel zur kulturellen und politischen Mentalitätsgeschichte jener Jahre wird hier anhand teilweise unveröffentlichter Dokumente episodisch erzählt, unter einem den „Betrachtungen über den Weltlauf" entlehnten Leitgedanken: Der Rückgriff auf die Vergangenheit kann Heroismus und Dekadenz in einem ganz anderen Verhältnis zeigen als ideologisch erwünscht.
Der Umgang mit dem Werk Heinrich von Kleists in der NS-Zeit stellt einen Schlüssel zu Mentalität und politischem Denken sowohl der nationalsozialistischen Ideologen wie ihrer Gegner inner- und außerhalb des Reiches dar.
Eine mediale Annäherung an das Thema, wie etwa eine Literaturausstellung, hätte unter anderem den Streit um den Aussagewert von Bild und Wort zu reflektieren, wie er in Thomas Manns Betrachtungen eines Unpolitischen (1918) innerhalb der Debatte um »Kultur« versus »Zivilisation« ausgefochten worden ist. Denn die Klassikerrezeption der Folgejahre ereignet sich im Wesentlichen in der Kontinuität dieser Debatte. Nahezu allen politischen Lagern zwischen 1933 und 1945 sollte auch Kleist dazu dienen, sich technisch und infrastrukturell gewaltsam modernisierende Massengesellschaften mit rückwärtsgewandten, an vermeintlichen Eliten orientierten Wertvorstellungen zusammenzuhalten. Einrichtungen, die Literatur ausstellen, können sich dieser historischen Aufladung ihrer wichtigsten Darstellungsmittel, Wort und Bild, kaum entziehen. Dennoch wird hier keine systematische Aufarbeitung des Themas angestrebt. Kleists Betrachtungen über den Weltlauf und ihre Reflexion über Heroismus und Dekadenz in der Kulturgeschichte dienen vielmehr der Nacherzählung einiger rezeptionsgeschichtlicher Episoden als Leitfaden, die vor allem anhand der im Kleist-Museum Frankfurt (Oder) aufbewahrten »Sammlung Kleist« der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin - mit einigen aus diesem Blickwinkel notwendigen Ergänzungen - erschlossen wurden.
Frankfurt (Oder), im Juli 2008
Martin Maurach
Kapitel | Seite |
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Kapitel | Seite |
1 Kleists »Betrachtungen über den Weltlauf«. Statt einer Einleitungvon Martin Maurach | Seite 8 |
Teil I - Demagogie gegen die Weimarer Republik | |
2 Provokation für Deutschland und Europa:Kleists »Herrmannsschlacht« und der Reichstagsbrandvon Martin Maurach | Seite 28 |
3 »Northeim grüsst die Frontsoldaten«Wie bei Aufführungen der »Herrmannsschlacht« 1922 und 1936 politische Stereotype mit Kleist assoziiert werdenvon Martin Maurach | Seite 38 |
4 »Michael Kohlhaas«: Eine Waffe gegen innere und äußere Kränkungen deutschen Rechts?von Martin Maurach | Seite 53 |
Teil II - Die mittleren dreißiger Jahre: »Krieg im Frieden« | |
5 Zwischen »Kohlhaas« und NapoleonAdam von Trott zu Solz und die »Politischen und journalistischen Schriften« Kleists (1935)von Martin Maurach | Seite 70 |
6 Der »Zerbrochne Krug« vor Reichsautobahnarbeitern und in anderen MedienMit einem Exkurs zu Brechts Amtsrichter Gollvon Martin Maurach | Seite 84 |
7 Bernhard Minetti als Heinrich von Kleist und Emmy Sonnemann als Königin Luise.Preussen auf der nationalsozialistischen Bühne. Ein Zwischenspielvon Martin Maurach | Seite 102 |
8 Flieger kreisen um den Kleistpark oder Die Selbstgleichschaltung der Kleist-Gesellschaftvon Martin Maurach | Seite 112 |
9 Leni Riefenstahl trainiert für »Penthesilea«Kleist und die Leibes- und Sprecherziehungvon Martin Maurach | Seite 129 |
10 Militärisch-sexueller KomplexDie ›Offiziersehre‹ des Dichters der »Penthesilea« und das Ansehen der Klassiker bei Benn und Döblinvon Martin Maurach | Seite 147 |
Teil III - Krieg, Massenverbrechen, Widerstand, Kriegsende | |
11 Philipp Manes, das Konzentrationslager als Kleistsche »Lasterschule« und die Michael Kohlhaas Stimmung« in Theresienstadtvon Martin Maurach | Seite 166 |
12 »Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten«Kleist im Exilvon Martin Maurach | Seite 179 |
13 Kleists »Von der ÜberlegungEine Paradoxe« und ein Täterzeugnis aus Belgrad: Das ›Nachherdenken‹ als Konstante deutscher Mentalität?von Martin Maurach | Seite 193 |
14 Die beiden Gesichter des »Prinzen Friedrich von Homburg«Heldenerziehung und Dilemmata des militärischen Widerstandsvon Martin Maurach | Seite 204 |
15 Eine Aufführung beim ›Erbfeind‹ in Avignon 1951»Prinz Friedrich von Homburg« und kein Schlussstrichvon Martin Maurach | Seite 226 |
Anhang | |
Hinweise | Seite 242 |
Anmerkungen | Seite 243 |
Abbildungsnachweis | Seite 267 |
Personenregister | Seite 268 |
Danksagung | Seite 271 |
Autor | Seite 273 |
Pressemappe
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12 »Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten«
Kleist im Exil
5 Zwischen »Kohlhaas« und Napoleon
Adam von Trott zu Solz und die »Politischen und journalistischen Schriften« Kleists (1935)
Bibliographie
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