SchauplatzRuhr
Fluchtpunkte
SchauplatzRuhr - Jahrbuch zum Theater im Ruhrgebiet
Herausgegeben von Ulrike Haß und Nikolaus Müller-Schöll
Paperback mit 112 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISBN 9783940737007
Ein dichtes Verkehrsnetz verbindet 5,3 Millionen Menschen, die im Ruhrgebiet in 53 eigenständigen Städten leben. Verdichtung kennzeichnet diese Region, in der sich auch die dichteste Theaterlandschaft Deutschlands und Europas befindet. Nirgendwo sonst werden so viele Theater auf so engem Raum mit öffentlichen Geldern gefördert, gibt es eine so große Zahl neuer Theaterproduktionen pro Jahr und eine solche Häufung überregional und international ausgerichteter Festivals. Dies kommt nicht von ungefähr, denn kaum eine andere Region hat ihren Niedergang als Industrielandschaft so konsequent als Möglichkeit zur Kulturinvestition verstanden wie das Ruhrgebiet. Zu Recht kann sich der „Schauplatz Ruhr" schon heute, drei Jahre bevor die Region den Titel „Kulturhauptstadt Europas" führen wird, als eines der lebendigsten Theaterzentren Europas bezeichnen.
Doch so wird der „Schauplatz Ruhr" jenseits von Rhein und Ruhr nicht wahrgenommen. Das Ruhrgebiet steht dort noch immer für schrumpfende Großstädte im postindustriellen Strukturwandel und schlechte Luft. Vor Ort mag das Verkehrsnetz die Städte miteinander verbinden, aber es trennt sie auch, und das Bewusstsein, dass die Aalto Oper in Essen nicht weiter von Bochum entfernt ist als die Komische Oper vom Deutschen Theater in Berlin, hat sich noch nicht durchgesetzt. Insofern geht es nicht nur um eine Verbindung nach außen, sondern auch um eine Verbindung in dieser Region.
Die Wahrnehmung des „Schauplatzes Ruhr" zu verändern, ist Sinn und Zweck unseres Jahrbuchs. Herausgegeben wird dieses Jahrbuch vom Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, dessen Studierende den größten Teil der Beiträge vorgeschlagen und verfasst haben. Nicht die beworbenen Highlights, sondern eine subjektive Bilanz, die gefühlten Höhepunkte der Theatersaison waren gefragt. Die Auswahl der im Buch besprochenen Inszenierungen und Ereignisse räumt mithin den Wahrnehmungen und Einschätzungen einer jüngeren Generation Platz ein, die anders gewichtet und wertet als die arrivierte Kritik.
Doch „Schauplatz Ruhr" will die Theaterlandschaft der Region nicht nur abbilden, sondern auch in ihre Werkstätten schauen, Impulse geben und das Nachdenken über ihre Zukunft anregen. Nicht zuletzt geben wir denen das Wort, die noch vor den verschlossenen Türen der Theater stehen. In diesem Buch schildert ein Zwanzigjähriger den Spießrutenlauf um den Platz an einer Schauspielschule.
Der Schwerpunkt dieser Ausgabe steht unter dem Motto „Fluchtpunkte". Wir untersuchen Theaterformen, die sich nicht auf den klassischen Guckkasten und die Vorstellung eines nach dem Konstruktionsprinzip der Zentralperspektive zugerichteten Bildes reduzieren lassen. Fluchtpunkte im Plural stehen für eine polyperspektivische und mehrdimensionale Arbeit wie zum Beispiel die experimentelle Tanzinszenierung Studie 1 zu Bildbeschreibung von Heiner Müller. Des Weiteren stellen wir im Schwerpunkt Außenprojekte verschiedener Theater dar, die sich der sozialen Realität ihrer Stadt zuwenden. Schließlich porträtieren wir eine chorische Theaterarbeit, die sich auf andere Weise von einem - vermeintlich einzigen - Fluchtpunkt löst.
„Schauplatz Ruhr" wird von nun ab jedes Jahr im Dezember erscheinen. In einem rotierenden Verfahren zeichnen jeweils zwei Lehrende des Instituts für Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum für eine Ausgabe verantwortlich. Durch den Produktionszeitraum des Jahrbuchs bedingt, können Theaterereignisse des Herbstes erst in der je folgenden Ausgabe berücksichtigt werden.
Zu danken haben wir an dieser Stelle Berthold Beitz und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Essen, die uns durch ihre großzügige, unbürokratisch gewährte Finanzierung ermöglicht haben, dass wir mit diesem Jahrbuch schon 2007 erscheinen können. Dem Verlag Theater der Zeit ist für die konzeptionelle Beratung bei der Entwicklung des Jahrbuchs wie auch für die Bereitstellung der verlegerischen Logistik zu danken. Last but not least sei
allen Autorinnen und Autoren des Bandes für ihre engagierte Mitwirkung gedankt! Wir hoffen, dass etwas von ihrer Begeisterung für Theater und seine kritische Reflexion bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ankommen wird!
Kapitel | Seite |
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Fluchtpunkte | |
Leere Wiederholung, andere WiederkehrLaurent Chétouane und Frank James Willens erarbeiten ihre Studie 1 zu Bildbeschreibung von Heiner Müller. Ein Werkstattbericht.von Alexander Kerlin | Seite 4 |
Das Sprechen des Textes im RaumZur Arbeit von Laurent Chétouane und Frank James Willens mit Heiner Müllers Bildbeschreibung. Positionen eines Symposiumsvon Nikolaus Müller-Schöll | Seite 7 |
Graue Theorie und Poverty SightseeingDie Duisburger Akzente, das Schauspiel Essen und das raumlabor_berlin erkunden „Paradoxien des Öffentlichen“von Frauke Pahlke | Seite 12 |
Essen sucht den Ghetto-StarNuran Calis’ vielgepries Plattitüden aus dem Problemstadtteil Katernbergenes Stadtteilprojekt Homestories liefert Klischees undvon Friederike Pietsch | Seite 15 |
„Liebe“ ist … wenn wir uns treffenInes Habich und Mirjam Strunk führen im Stadterkundungsprojekt Liebe Alt und Jung zusammenvon Lia Kindinger | Seite 17 |
Stadt-Theater von untenStefan Schroer und sein Team wollen Duisburg dem Theater-Niemandsland entreißenvon Ariane de Waal | Seite 19 |
Das Theater als ParasitUlrich Greb inszeniert die Textcollage MITESSER am Schlosstheater Moersvon Mirjam Schmuck | Seite 21 |
Jenseits des MenschenAlexander Kerlin und Fabian Lettow inszenieren Elfriede Jelineks Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte im Mülheimer Ringlokschuppenvon Sebastian Kirsch | Seite 23 |
Fotoessay | Seite 26 |
connecting citiesvon Vanessa Leißring | |
Theater und Gesellschaft | |
Die Familie als subversive KraftIn memoriam Marie Zimmermann: Carl Hegemann über unrealisierte Pläne für die RuhrTriennale 2008 – 2010von Carl Hegemann | Seite 32 |
Das Elend der AnderenEinige ungeordnete Gedankenvon Nikolaus Müller-Schöll | Seite 36 |
Das Prinzip VerwahrlosungHelmut Schäfer über die Hofmeister-Inszenierung des Mülheimer Theaters an der Ruhrvon Helmut Schäfer | Seite 40 |
Nachruf | Seite 43 |
Die FremdenführerinFür Theresia Birkenhauervon Frank-Patrick Steckel | |
Väter | |
Wenn Väter in Fetzen gehenRoberto Ciulli inszeniert King Lear am Theater an der Ruhrvon Judith Hildebrandt | Seite 45 |
Mörderischer Brief an einen AbwesendenAnne Tismer sucht mit Lars Noréns 20. November nach Motiven des Amoksvon Verena Cornely Harboe | Seite 49 |
Väter im TestDie Probe (Der brave Simon Korach) von Lukas Bärfuss bei den Mülheimer Theatertagen – Stücke '07von Frederike Juliane Jacob | Seite 51 |
Neue Dramatik | Seite 53 |
Ein mäßiger JahrgangZu den 32. Mülheimer Theatertagen – Stücke '07von Mike Hiegemann | |
Freies Theater | |
„Wir sind das wichtigste Festival“Tom Stromberg und Matthias von Hartz über ihr Konzept für Impulse, das freie Theater und die Reformierbarkeit der Stadttheatervon Tom Stromberg und Matthias von Hartz | Seite 56 |
Neun Monate und noch immer nur schwangerÜber ein Freies Projekt auf dem langen Weg zur Bühnevon Christoph Rodatz | Seite 60 |
Gast-Kommentar | Seite 62 |
Wir brauchen eine neue Förderstruktur!Kathrin Tiedemann zur Misere der Produktionsbedingungen freien Theatersvon Kathrin Tiedemann | |
Kinder- und Jugendtheater | Seite 63 |
Neue Bühnen für die JugendPerspektiven der Kinder- und Jugendtheaterszene in NRWvon Ariane Schön | |
Puppentheater | Seite 67 |
Kasper kann niemals sterben!Tristan Vogts Macbeth für Anfänger als Figurentheater in den Flottmann-Hallen in Hernevon Erika Wickel | |
Musiktheater | |
Murx auf AusflugChristoph Marthaler kreiert Sauser aus Italien. Eine Urheberei bei der RuhrTriennalevon Guido Hiß | Seite 69 |
Die Inszenierung eines BühnenbildesDavid Pountney inszeniert Bernd Alois Zimmermanns Die Soldaten bei der RuhrTriennalevon Thomas Böckstiegel | Seite 71 |
Sehen, Hören, SterbenBarrie Kosky inszeniert Wagners Der Fliegende Holländer und Tristan und Isolde am Essener Aalto-Theatervon Judith Debbeler | Seite 73 |
Ein Bourgeois des Second EmpireCharles François Gounods Faust inszeniert von Michael Simon an der RheinOperMobil in Düsseldorfvon Bernhard F. Loges | Seite 76 |
Schauspielen | |
Zweitausendsieben Vorsprechenvon Niklas Brugge | Seite 78 |
Die Bewegung des Fragensvon Simone Thoma | Seite 81 |
Die Rückführung der Frau in die TragödieEin Portrait der Schauspielerin Simone Thomavon Fabian Lettow | Seite 83 |
Theorie-Essay | Seite 86 |
DétachementZum Spiel bei Jan Lauwersvon Hans-Thies Lehmann | |
Stück | Seite 91 |
WestendEin Stück vom Ruhrgebiet. Chortheater | |
Chronik | |
Ich bin ich, aber wer ist wer?Karin Henkel inszeniert Kleists Amphitryon am Düsseldorfer Schauspielhausvon Britta Marx | Seite 96 |
Totalitäre IndividualistenDer Besuch der alten Dame in der Inszenierung von Volker Lösch am Düsseldorfer Schauspielhausvon Henning Gebhard | Seite 98 |
Kalter Blick aufs Idyll und harmloser GuckkastenJohn von Düffels Buddenbrooks nach Thomas Mann in Düsseldorf und Dortmundvon Marcus Alexander Graf | Seite 99 |
Machtspiele in ungewohnter UmgebungJean Genets Die Zofen am Theater Dortmundvon Klaas Werner | Seite 101 |
„Bei uns brennt schon lange nichts mehr“Jan Bosse inszeniert Eugène Ionescos Die kahle Sängerin am Schauspielhaus Bochumvon Gabriel Knobel | Seite 102 |
Über die Verortung des OrtlosenLisa Nielebocks Inszenierung von Kleists Penthesilea in den Bochumer Kammerspielenvon Guido Hiß | Seite 104 |
Kein Werk, nirgendsShe She Pop zeigt Die Relevanz-Show im Düsseldorfer Forum Freies Theatervon Christoph Rodatz | Seite 105 |
Spaßende oder Die Lehren des FestesChristian Schlüter gibt eine barocke Lesart von Shakespeares Was ihr wollt in Oberhausenvon Walter Stillner | Seite 107 |
Eine zauberhafte MüllkippeLiliom von Franz Molnár in der Inszenierung von David Bösch am Schauspiel Essenvon Katja Herlemann | Seite 108 |
Blick zurück nach vornandcompany&Co. untersucht in Little Red (play): Herstory das Ende der kommunistischen Utopienvon Mareike Aden | Seite 109 |
Getanzte UrlaubsfotosPina Bauschs neues Stückvon Annette Hartmann | Seite 110 |
Info | Seite 112 |
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