Alle Beiträge von Björn Hayer
Auftritt
MOUSONTURM „The Golden Cage“ von Hakan Topal. Regie Hakan Topal, Performance Hakan Topal, Festival „Bodies, un-protected“
von Björn Hayer
Was unter dem Stichwort ‚Identitätspolitik‘ abstrakt verhandelt wird, nimmt auf Ebene des Körpers konkrete Formen an. Er muss sich behaupten in einer Welt der Gewalt und trägt die Wunden davon, die beispielsweise Missbrauch hinterlässt. Allzu oft unterschätzt, etwa als Hülle der Seele, rückte just das Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm dessen Bedeutung im Rahmen eines ganzen Festivals in den Vordergrund. Unter dem Titel „Bodies, un-protected“. Forum zu Körper, Kunst und Schutz befassten sich…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2022
Theaterkünstler*innen
Kathrin Rögglas „Verfahren“ in Saarbrücken uraufgeführt
von Björn Hayer
Das Gerichtsdrama scheint en vogue zu sein. Man denke nur an die theatralische Bühnenanklage unseres Versagens in der Klimapolitik, Andres Veiels „Ökozid“, oder an Ferdinand von Schirachs „Gott“, das in verschiedenen Häusern der Republik rauf und runter gespielt wird. Und natürlich wäre da auch noch Elfriede Jelineks „Das schweigende Mädchen“, eine Farce über den NSU-Prozess zu erwähnen. Und war da noch was? Ja, nun reiht sich auch Kathrin Röggla mit ihrem just am Saarländischen Staatstheater…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2022
Auftritt
Hessisches Staatstheater: „The Minutes – Die Schlacht am Mackie Creek“ von Tracy Letts. Regie/Bühne Daniela Kerck, Kostüme Hannah König
von Björn Hayer
Aus einem nächtlichen Häuserblock heraus strahlt das Licht eines einzigen Fensters. Davor legt sich Regen wie ein Schleier über die Szenerie. Obgleich dieses Bild lediglich die Hintergrundkulisse in der deutschsprachigen Erstaufführung von Tracy Letts’ „The Minutes – Die Schlacht am Mackie Creek“ am Hessischen Staatstheater bildet, hat es eine nicht zu unterschätzende Symbolkraft: Es verdeutlicht den schweren Stand der Wahrheit inmitten einer Welt, in der man allzu vieles gern im Dunkeln…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2022
Auftritt
Schauspiel Frankfurt: „Liberté oh no no no“ von Anja Hilling. Regie Sebastian Schug, Bühne Thea Hoffmann-Axthelm, Kostüme Nini von Selzam
von Björn Hayer
Was sie antreibt, ist die Verheißung: auf Liebe, auf die Rettung der Welt, auf die Freiheit. Dabei ist „R“, die Protagonistin in Anja Hillings neuem Stück „Liberté oh no no no“, längst kein geradliniger Weg durch das Leben beschieden. Sie ringt mit Ängsten und einer kaum zu überwindenden Einsamkeit, bis sie eines Tages auf „V“ trifft. Zwar geht aus deren Liaison d’amour ein Kind hervor, aber trautes Familienglück wird die Unstete auch hier nicht finden. Nachdem ihr Dasein einem juvenilen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2022
Auftritt
Schauspiel Frankfurt: „In letzter Zeit Wut“ von Gerhild Steinbuch. Regie Christina Tscharyiski, Bühne Sarah Sassen, Kostüme Svenja Gassen
von Björn Hayer
„Ich bin die Rose am Weltfrauentag, nur als tägliches Geschenk“ – spätestens bei diesem Satz sollten Feminist:innen aufhorchen. Denn wie ernst kann man einen vermeintlich emanzipierten Mann nehmen, der sich mit solchen Sprüchen verkauft und überdies Mützen mit der Aufschrift „Nice“ verteilt? Die vier Damen in Gerhild Steinbuchs „In letzter Zeit Wut“, das nun gemäß seinem Titel mit reichlich bissiger Komik am Schauspiel Frankfurt Premiere hatte, haben das Spiel ihres smarten Chefs Horst…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2022
Auftritt
Hessisches Staatstheater Wiesbaden: „Wuhan – Die Verwandlung“ von Clemens Bechtel und Jan Neumann. Regie: Clemens Bechtel, Bühne: Till Kuhnert
von Björn Hayer
Viele dürften im vergangenen Jahr einen ominösen Gregor-Samsa-Moment gespürt haben. Man wachte auf und konnte nicht fassen, in welcher Welt man sich befand. Beklemmend und surreal erschien dieser Film, dessen Arrangeur noch immer an den Strippen unseres Lebens zieht: Corona. Es liegt daher nahe, Franz Kafka, diesen Großmeister für Panik, Furcht und Wahn, zu konsultieren, um die Atmosphäre in der Pandemie zu erfassen. Wie formidabel dieser Brückenschlag gelingt, lässt sich derzeit an der…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2021
Protagonisten
Rabih Mroué betreibt im Sommerbau eine Exegese psychologischer Kriegsführung
von Björn Hayer
Wer glaubt, Kunst könne nichts bewegen, wird spätestens in der Lecture-Performance „Before Falling Seek the Assistance of Your Cane“ des Regisseurs und Schauspielers Rabih Mroué eines Besseren belehrt. Sein Vortrag im Sommerbau des Frankfurter Mousonturms gibt genug Stoff für eine Groteske her und präsentiert eine erstaunliche Story: Im Rahmen einer Ausstellung im Salzburger Kunstverein plakatiert er vor dem historischen Gebäudekomplex ein Flugblatt. Zu sehen ist darauf das Piktogramm einer…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Auftritt
Saarländisches Staatstheater: „Eine kurze Chronik des künftigen Chinas“ (DSE) von Pat To Yan. Regie Moritz Schönecker, Bühne Benjamin Schönecker, Kostüme Veronika Bleffert
von Björn Hayer
Die deutschsprachige Erstaufführung von „Eine kurze Chronik des künftigen Chinas“ des Hongkonger Autors Pat To Yan mutet in gleich doppelter Weise irreal an: zum einen, weil sie – nach voriger Testung der Besucherinnen und Besucher – tatsächlich live am Saarländischen Staatstheater stattfindet, zum anderen, weil sie von einem dystopischen Raum erzählt, in den uns der Regisseur Moritz Schönecker geradewegs hineinkatapultiert. Zu Beginn blicken wir auf sich am Boden windende Menschen in…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2021
Auftritt
Nationaltheater Mannheim: „Cecils Briefwechsel. Ein Post-Drama“ von Sapir Heller, Lena Wontorra und Ensemble nach „Gott Vater Einzeltäter – Operation Kleist“ von Necati Öziri
von Björn Hayer
Heinrich von Kleist reloaded, hineingeworfen in ein Jahrzehnt der Entfremdung und des Auseinanderdriftens der Gemeinschaft: Was das Nationaltheater Mannheim mit dem ungewöhnlichen Projekt „Cecils Briefwechsel. Ein Post-Drama“ unternimmt, ist so pfiffig wie schlagkräftig. Den Ausgangspunkt bildet die Erzählung „Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik“ (1810). Hierin schildert der 1777 geborene Kleist die geplante Stürmung des Aachener Doms durch vier ideologisch vernarrte Haudegen, die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2021
Auftritt
Theater und Orchester Heidelberg: „Die Beleidigten. Belarus(sland)“ (DSE) von Andrej Kurejtschik. Texteinrichtung Jürgen Popig, Video Hanna Green
von Björn Hayer
Diktatoren hassen das Theater – insbesondere, wenn es sich auch noch als unabhängig, gar kritisch gebärdet. Passenderweise beginnt die szenische Lesung von Andrej Kurejtschiks Stück „Die Beleidigten. Belarus(sland)“ genau mit dieser Schmähkritik aus dem Mund von vielleicht Europas letztem Usurpator Alexander Lukaschenko. Gespielt wird der seit 1994 amtierende Präsident des titelgebenden Staates von Christina Rubruck. Am Rednerpult stehend, geißelt sie die Verlogenheit des Schauspiels,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2021
Auftritt
Nationaltheater Mannheim: „Land ohne Worte“ von Dea Loher. Regie Dominic Friedel und Annemarie Brüntjen
von Björn Hayer
Am Anfang war die tiefe Sehnsucht, nach den Körpern, die verschwunden waren. Jede Erinnerung an einen von ihnen gleicht nunmehr einem Ton, den Annemarie Brüntjen auf dem Flügel mal zart, mal wild anschlägt. Die Klänge verhallen in den geisterhaft leeren Rängen des Nationaltheaters Mannheim, das mit der One-Woman-Show „Land ohne Worte“ gewissermaßen sein eigenes Schicksal im Schatten der Corona-Pandemie reflektiert. Wonach Dea Lohers ursprünglich aus Erfahrungen einer Afghanistanreise…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2021
Look Out
Eine Wasserseele, die es nach Mannheim verschlagen hat – Die Schauspielerin Annemarie Brüntjen
von Björn Hayer
Wo sonst könnte man die 1993 in Oldenburg geborene Annemarie Brüntjen wohl eher antreffen als am Mannheimer Rheinufer? Seitdem wegen Corona nun auch das Theater lahmgelegt und die Zeit neu zu organisieren ist, gehören die schmalen Auen entlang des Flusses zu ihren bevorzugten Spazierorten. Inmitten der kurpfälzischen Sechziger-Jahre-Architektur findet das Nordlicht zumindest dort das ersehnte Wasser vor. Nicht leicht sei ihr der Ortswechsel gefallen. Ausgebildet an der Berliner…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2020
Auftritt
Theater Heilbronn: „Germania 3. Gespenster am Toten Mann“ von Heiner Müller in einer Fassung von Axel Vornam und Mirjam Meuser. Regie Axel Vornam, Ausstattung Tom Musch
von Björn Hayer
Es ist die große, jedoch unvollendete Abrechnung mit der Moderne, an der Heiner Müller bis zu seinem Tod 1995 arbeitete: „Germania 3. Gespenster am Toten Mann“. Noch einmal versammeln sich dazu all die Schreckensfiguren und trügerischen Charismatiker des 20. Jahrhunderts auf der Bühne des Theaters Heilbronn: ganz vorneweg Stalin (Rahel Ohm), der nach markigen Wendungen wie „Der Mensch wiegt nicht mehr als seine Akte“ und ohnehin sei er nur „trübes Material“ schließlich bekennt, vor seinem…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2019
Magazin
Das Festival Grenzenlos Kultur am Staatstheater Mainz lotet aus, warum unser Begriff von „Normalität“ einer dringenden Erweiterung bedarf
von Björn Hayer
„Miau!“, „Heil, H…!“, „Nautische Nutte“ – wer der von Rimini Protokoll (Helgard Haug) arrangierten Performance-Inszenierung „Chinchilla Arschloch, waswas“ beiwohnt, dürfte sich sicherlich an konkrete Poesie erinnert fühlen. Wild wirbeln Sätze und Wörter durch den Raum. Allerdings nicht, weil dies die Textfassung vorsähe, sondern weil ein Teil der Schauspieler mit dem Tourettesyndrom lebt. Insofern „ist jeder Abend eine Uraufführung“, wie einer von ihnen verschmitzt sagt. Worum geht es? Die…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2019
Auftritt
Theater Heidelberg: „Der sechste Kontinent“ von L. Kittstein, B. Mikeska und M. Schneider. Regie B. Mikeska, Bühne B. Mikeska und S. Termath, Kostüme J. Klimczyk
von Björn Hayer
Die Schwüle steigt ihnen zu Kopf, überall sind gefährliche Mücken, „die Hitze ist wie eine Decke Blei“. Wo sich die Protagonisten des Stücks „Der sechste Kontinent“ befinden, ist tiefster Urwald, irgendwo im Nirgendwo der einstigen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Um ein Mittel gegen eine grassierende Tropenkrankheit zu finden, reist eine Medizinerin Ende des 19. Jahrhunderts in die gottlose Prärie. Doch ihre Bemühungen erweisen sich als vergeblich. Was bleibt, ist die Geschichte einer zuletzt…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2019
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