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Heft 05/1979
Lessing und der Darsteller
Aktuelle Überlegungen zur »Hamburgischen Dramaturgie«
Broschur mit 80 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Das ist einer der aufregenden Sätze in Lessings »Hamburgischer Dramaturgie«: »Es sei uns immer angenehmer, Menschlichkeit zu zeigen als Lebensart.« Und wie viele knapp formulierte Erkenntnisse und Bekenntnisse ließen sich dieser moralischen Forderung an die Seite stellen: »Theater ist eine Schule der moralischen Welt.« - »Das Genie liebt Einfalt, der Witz Verwicklung.« »Nichts ist groß, was nicht wahr ist« - »Die Bühne entscheidet mit Taten über Menschen«. - »Charaktere müssen dem Dichter heiliger sein als Fakta.«
Erstaunlich aber, daß, ebenfalls in der »Dramaturgie«, auch so verwunderliche Urteile zu lesen sind, wie: »Die Rollen sind alle auf das Schicklichste besetzt« - »Es fällt ungemein wohl aus« - »Herr Ekhof spielt ganz vortrefflich« - »Die Rollen sind ohne Ausnahme wohl besetzt« - »Beide Bedienten wurden sehr wohl gespielt.« Welcher Widerspruch waltet hier, welches Gefälle zwischen gründlicher, Neues entdeckender wissenschaftlicher Analyse und solchen floskelhaften Plattheiten?
Lessing tritt 1767 in Hamburg an, um sich mit seiner Erfahrung, seinem Wissen und Wollen der Verbesserung des deutschen Theaters zu stellen. Als Hauptbroterwerb muß er wöchentlich zwei Stücke der »Hamburgischen Dramaturgie« schreiben. Die Absicht ist von Anfang an, »jeden Schritt zu begleiten, den die Kunst, sowohl des Dichters, als des Schauspielers hier tun wird.« Aber kaum hat Lessing die Grundsätze seiner Arbeit abgesteckt, da muß er bereits Umwege gehen.
»Der wahre Geschmack«, so schreibt er über seine Aufgabe als Kunstrichter, »ist der allgemeine, der sich über Schönheiten von jeder Art verbreitet, aber von keiner mehr Vergnügen und Entzücken erwartet, als sie nach ihrer Art gewähren kann.« Mit den Dichtern macht der Kritiker Ernst. Aber was er zu untersuchen hat, ist weitgehend so läppisch, daß Lessing nur Anknüpfungspunkte für das finden kann, was er sagen will. Weit geht er über das vom Spielplan des Nationaltheaters Gebotene hinaus. Er untersucht die poetische und die absolute Wahrheit, schreibt über Genrefragen der Posse, über Gespenster im Altertum, über das Gewicht von Episoden; er äußert sich zum bürgerlichen Trauerspiel, zum Harlekin und zum Unterschied von Liebe und Eifersucht, zur Wahrheit der Charaktere, zur Bühnenmusik, zum Nutzen der Komödie und immer wieder zu Fragen der Übersetzung, stets von den Originalen ausgehend. Lessing baut große geschichtliche Hintergründe auf, ordnet französisches, englisches, italienisches und deutsches Theater in Zusammenhänge ein, feiert die antiken Tragiker, legt den Aristoteles aus, begründet die Theorie von Furcht und Mitleid, ruft Shakespeare auf den Plan. Bald schon gerät der Chronist des Nationaltheaters in den Wettlauf mit der Zeit. Seine Betrachtungen fallen weit hinter die Aufführungsdaten der Stücke zurück. Drei Wochen, dann vier trennen die Dramaturgie vom aktuellen Angebot. Lessing versucht aufzuholen, im 17., im 22. Stück - vergebens, beim 51. Stück ist er um 15 Wochen, also dreieinhalb Monate, geschlagen. Aber wie nebensächlich ist diese Niederlage, was weiß er aus ihr zu machen! Noch eher allerdings, bereits mit dem 25. Stück, muß Lessing mit Bitterkeit seine Absicht aufgeben, auch die Kunst der Schauspieler Schritt für Schritt zu begleiten. Seine Versuche auf diesem Gebiet, für die nicht einmal drei Monate zur Verfügung standen, waren dennoch von grundlegender Bedeutung. [...].
Aus Christoph Funke: Lessing und der Darsteller. Aktuelle Überlegungen zur »Hamburgischen Dramaturgie«, S. 5 (S. 5-7).
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Umschau | |
TdZ-Galerie (5)Karl von Appen: »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui« Berliner Ensemble 1959von Eberhard Keienburg | Seite 1 |
Deutsches TheaterSchwanengesang. Drei Einakter von Anton Tschechow. Regie: Ulrich Engelrnann, Ausstattung: Heinz Wenzelvon Martin Linzer | Seite 1 |
Volkstheater Rostock - Intimes TheaterAlpha Beta von E. A. Whitehead. Regie: Karl-Heinz Adler, Ausstattung: Heinz Weimervon Manfred Zelt | Seite 2 |
Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin - KammerbühneSonny Boys von Neil Simon. Regie: Jochen Ziller a. G., Ausstattung: Helga Leuevon Manfred Zelt | Seite 2 |
Brandenburger TheaterPrinz von Preußen von Bez / Degenhardt / Brand / Sander / Gocht. Regie: Hella Zocher, musikalische Leitung: Horst Rey, Ausstattung: Ilse-Maria Feltzvon Karsten Bartels | Seite 3 |
Staatsoper DresdenGastspiel der Staatsoper Wrołcaw: »Halka« von Moniuszko / »Die Hochzeit des Figaro« von Mozartvon Friedbert Streller | Seite 3 |
Bühnen der Stadt GeraDie Erschaffung der Welt von Kassatkina / Wassiljow / Petrow. Inszenierung/Choreographie: Inge Berg-Peters, musikalische Leitung: Harald Knauff, Ausstattung: Theo Hug / Romi Wallatvon Dietmar Fritzsche | Seite 4 |
Kleist-Theater Frankfurt (Oder)Schwejk nach Jaroslav Hašek. Regie: Horst Lebinsky a. G., Ausstattung: Dieter Richard / Brunhilde Brenner / Heinz Rauschervon Martin Linzer | Seite 4 |
Lessing | Seite 5 |
Lessing und der DarstellerAktuelle Überlegungen zur »Hamburgischen Dramaturgie«von Christoph Funke | |
Kolumne | Seite 7 |
Professionalismus und Patriotismusvon Hans-Rainer John | |
Chronik | Seite 8 |
Chronik(8): Theaterentwicklung 1970-1972 | |
Lessing | |
Nathan '79Zu Aufführungen in Dresden, Cottbus, Schwedt und Meiningenvon Alexander Weigel | Seite 9 |
Prologzu Lessings »Nathan der Weise«, geschrieben 1929 zu Ehren Moses Mendelssohnsvon Arnold Zweig | Seite 14 |
Ein unbekannter Arnold-Zweig-Prolog zu »Nathan der Weise«von Willi Schrader | Seite 14 |
Zu Lessings »Minna«, abschließendNach Interpretationen in Erfurt, Magdeburg und im Fernsehen der DDRvon Hans-Rainer John | Seite 15 |
Oper | Seite 18 |
Form folgt FunktionDie Dresdner Oper und ihr Baumeister. Zum 100. Todestag Gottfried Sempersvon Günther Bellmann | |
Porträt | |
Brauchen sie nur seine gute Laune?Porträtversuch über Dieter Mannvon Ingeborg Pietzsch | Seite 21 |
Ein verspieltes Hüpf-ta-taEiniges über die Sängerin Helga Termer, Dresdenvon Gerd Schönfelder | Seite 24 |
Theaterreport | Seite 27 |
Musiktheater im SorbischenBeobachtungen am Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzenvon Eckart Kröplin | |
Oper | |
Disput über zeitgenössische Oper (1)Nach den 1. Werkstatt-Tagen des DDR-Musiktheatersvon Wolfgang Lange | Seite 31 |
Dialog Sänger-Komponistvon Klaus Thiel | Seite 31 |
Wagnis und Zweifel»Vincent« von Rainer Kunad, nach Szenen aus dem Schauspiel »Van Gogh« von Alfred Matusche, in Dresden und Magdeburgvon Wolfgang Lange | Seite 34 |
Weiterführende BetrachtungenAnmerkungen zu »Omphale« von Siegfried Matthus nach der Inszenierung in Kölnvon Gerhard Müller | Seite 37 |
Lehárismus großen Stils?Anmerkungen zu Richard Strauss anläßlich eines »Rosenkavalier« in Leipzigvon Eckart Kröplin | Seite 38 |
»Salome« - eine HerausforderungZu Inszenierungen in Halle, Zwickau, Altenburgvon Klaus Thiel | Seite 41 |
Rumänien | Seite 43 |
Tage der Freundschaft und Kultur der SR Rumänien in der DDR: Freunde zu Gast. Zu Gastspielen der Rumänischen Oper Bukarest in Berlin und des Nationaltheaters lasi in Weimar und Cottbus»Schwanensee«-Faszination (H. Rudolph); Balkanischer Witz und koinödiantisches Temperament (G. Menchén)von Hermann Rudolph und Georg Menchén | |
Szenografie international | Seite 46 |
(3): Die lettische Schulevon Gunter Kaiser | |
Interballett | |
1. Choreographie-Festival sozialistischer Länder in Budapestvon Dietmar Fritzsche | Seite 50 |
Unter dem Motto des Zeitgenössischenvon Werner Gommlich | Seite 50 |
Hoffnungsvoller Beginnvon Bernd Köllinger | Seite 51 |
Zu Gast bei László Seregivon Hermann Rudolph und Grita Krätke | Seite 53 |
Dietmar Fritzsche im Gespräch mit László Seregivon Dietmar Fritzsche und László Seregi | Seite 54 |
DDR-Dramatik | |
Stoffe, die er kenntZu den Einaktern von Albert Wendtvon Karl-Heinz Müller | Seite 55 |
Karl-Heinz Müller im Gespräch mit Albert Wendtvon Albert Wendt und Karl-Heinz Müller | Seite 57 |
Stückabdruck | Seite 59 |
Die DachdeckerSchauspielvon Albert Wendt | |
TdZ-Informativ | |
V. Intendantenseminarvon G. | Seite 65 |
Aus unserer Republik | Seite 65 |
Theater im Wettbewerbvon - hn | Seite 66 |
Theaterleute unterwegs / Bilanz 78 | Seite 66 |
II. Puppentheaterfestival in Magdeburg | Seite 66 |
Karl Kayser 65 | Seite 67 |
Alexander Gelman zu Gastvon P. | Seite 67 |
Personelles | Seite 67 |
Ballett-Preisträger | Seite 67 |
Neues von den Meininger Prospektenvon Ernst-Otto Hamann | Seite 68 |
Schildow: Theater internationalvon - hn | Seite 68 |
Unterwegs | Seite 68 |
Vor dem ITI-Kongress in Sofiavon Sewelina Gjorowa | Seite 69 |
Slowakisches Brecht-Sonderheftvon M.-D. M. | Seite 69 |
Blick über die Grenzen | Seite 69 |
Theaterbegegnungen in Amerika(aus »Sowjetskaja Kultura«)von Jewgenij Simonow | Seite 70 |
Die Wiener Kammeroper ... | Seite 70 |
ATL - Louisville-Festival(in »The Wall Street Journal«)von Edwin Wilson | Seite 71 |
Briefe | Seite 72 |
Nochmal: Opern in Originalsprachevon Silke Nuss | |
Tanz und Tonbandvon Michael Kuschnia | |
Bücher | Seite 73 |
Lessing als Theoretiker und Kritiker des Theaters»Material zum Theater« Nr. 112, Hgg. vom Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1979. 74 S., 3,- Mvon Jochen Gleiß | |
Cyankali. Eine Dokumentation. Hgg. von Emmi Wolf und Klaus HammerAufbau-Verlag Berlin 1978, 500 S., 14,- Mvon H. F. | |
Leiterpersönlichkeiten im Theater. Aufgaben und Anforderungen»Material zum Theater« Nr. 109, Hgg. vom Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1979, 44 S., 2,50 Mvon Jochen Gleiß | |
Peter Weber: Das Menschenbild des bürgerlichen Trauerspiels. »Entstehung und Funktion von Lessings >Miß Sara Sampson<«Hgg. von Hans Kaufmann, Gerhard Scholz und Hans-Günther Thaiheim. Verlag Rütten & Loening Berlin, 2. ergänzte Auflage 1976, 282 S., 7,50 Mvon H. F. | |
Spielpläne | Seite 74 |
Vom 16. Mai bis 15. Juni 1979 | |
Premieren | Seite 75 |
Vom 16. Mai bis 15. Juni 1979 | |
Besetzungen | Seite 76 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel / Musiktheater | |
Inhalt | Seite 80 |
Autoren | Seite 80 |
Impressum | Seite 80 |
Karsten Bartels
Günther Bellmann
H. F.
Dietmar Fritzsche
Christoph Funke
G.
Sewelina Gjorowa
Jochen Gleiß
Werner Gommlich
Ernst-Otto Hamann
- hn
Hans-Rainer John
Gunter Kaiser
Eberhard Keienburg
Bernd Köllinger
Grita Krätke
Eckart Kröplin
Michael Kuschnia
Wolfgang Lange
Martin Linzer
M.-D. M.
Georg Menchén
Gerhard Müller
Karl-Heinz Müller
Silke Nuss
P.
Ingeborg Pietzsch
Hermann Rudolph
Gerd Schönfelder
Willi Schrader
László Seregi
Jewgenij Simonow
Friedbert Streller
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