Heft 05/1982
Bittere Komödie der Revolution
»Trommeln in der Nacht« von Brecht in Schwerin
Broschur mit 88 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
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Bekannter als das Stück, fürchte ich, sind Brechts Zweifel an der Brauchbarkeit des 1919 geschriebenen (1922 uraufgeführten) Frühwerks. Nun hat der Dichter diese Zweifel nicht erst 1954 bei Durchsicht seiner ersten Stücke formuliert, er war sich bereits Ende der zwanziger Jahre der weltanschaulich-ästhetischen Grenzen der Sache wohl bewußt, war auch über den »Erfolg« des Stücks an gut 50 Bühnen, es war »an die falsche Adresse« geraten, nicht glücklich - und hat doch seinen realistischen Kern nicht aus dem Auge verloren. Wenn er 1928 in einem Gespräch bei Piscator über eine mögliche Wiederaufführung, mit möglichen Änderungen (was indes nicht zustandekam) auf die Frage Piscators: Warum muß das Stück aufgeführt werden? - erklärte: »Um zu erklären, warum diese Menschen heimgingen, warum aus der Revolution nichts wurde. Historische Aufklärung. Sie scheiterte an einem Typ, der war« - so ist das, glaube ich, auch der Ausgangspunkt für die Schweriner Überlegungen um eine Ehrenrettung des Stücks. Nicht vordergründig im Sinne historischer Aufklärung, sondern im Sinne parteilicher Auseinandersetzung mit (unpolitischen) Haltungen angesichts revolutionärer Weltprozesse in unserer unmittelbaren Gegenwart. In diesem Sinne auch gehört das Stück, gehört die kritische Auseinandersetzung mit ihm natürlich in das (politische) Konzept des Schweriner Theaters - das Ergebnis kommt einer schönen »Entdeckung« gleich.
(Das in Umfang wie Aufmachung erstaunliche Programm heft vermittelt eine Fülle von Material - bis hin zu Volker Brauns Kragler-Szenen aus »Simplex Deutsch«.)
Mit dem Lazarus-Vorhang gibt Gast-Bühnenbildner Ezio Toffolutti eine Vorgabe, die (scheinbar) auf die Erregung von Mitleid mit der geschundenen Kreatur Kraglers gerichtet ist - die Inszenierung Christoph Schroths antwortet darauf mit einer stufenweisen Entlarvung der Haltung Kraglers, der mit dem Mitleid rechnet, damit arbeitet, mit seinem »Schicksal« den Verrat an der Revolution quasi entschuldigt. Toffolutti schafft, die Konzeption Schroths mitproduzierend, eine weitere konstituierende Vorgabe: von Portal zu Portal zieht er eine (reale) Ziegelmauer, die nur im 4. Akt durchstoßen wird. Die Revolution, zu der sich alle Figuren in irgendeiner Weise in Beziehung setzen müssen, ist hinter der Mauer, nur akustisch und optisch im Widerschein wechselnden Lichts erkennbar. Die Vorbühne ist der Spielraum, wo sich die Entscheidungen für oder gegen die Revolution vollziehen. Hier sind nur wenige Versatzstücke notwendig, um die Schauspieler die Geschichte erzählen zu lassen. Schon das perspektivisch verzerrte Familiensofa des ersten Akts, eine kleine Festung in den Stürmen der Zeit, setzt ein Zeichen für den Gesamtstil der Aufführung, die aus der »gesteilten« Sprache des Stücks ihren ungemein dynamischen, expressiven, wohl bewußt »expressionistischen« Gestus entwickelt. [...].
Aus Martin Linzer: Bittere Komödie der Revolution. »Trommeln in der Nacht« von Brecht in Schwerin (S. 8-9), S. 8.
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Umschau | |
TdZ-Porträt (28): Zwei Mimen im »Ei«von Martin Linzer | Seite 1 |
Theater der FreundschaftHase und Igel von Peter Ensikat. Regie: Joachim Siebenschuh, Ausstattung: J. Siebenschuh / H. Bewersdorffvon Gabriele Kneschke | Seite 1 |
Leipziger Theater - SchauspielhausGroßes Musketier-Ehrenwort von Waleri Petrow. Regie: Jörg Kaehler, Ausstattung: Axel Pfefferkorn / Volker Wendtvon Wolfgang Kröplin | Seite 2 |
Theater StralsundRosa Laub von Waldtraut Lewin / Horst Krüger. Regie: Dieter Seidel, Ausstattung: Reinhard Wiegandvon Ulrich Burkhardt | Seite 2 |
Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/ZittauMeister Röckle von Joachim Werzlau / Günther Deicke. Regie: Friedrich Radtke, musikalische Leitung: Volker Erben, Ausstattung: Herbert Vogtvon Dietmar Fritzsche | Seite 3 |
Theater der Stadt CottbusDie heimliche Ehe von Domenico Cimarosa. Regie: Heinz Runge a. G., musikalische Leitung: Walter Böhnisch, Ausstattung: Heinz-Dieter Ruhlandvon Dietmar Fritzsche | Seite 3 |
Hochschule für Film und Fernsehen der DDRMinna von Barnhelm von G. E. Lessing. Regie: Günter Falkenau a. G., Ausstattung: Udo Genschmer a. G.von Jochen Gleiß | Seite 4 |
Staatstheater Sibiu - Deutsche AbteilungMann ist Mann von Bertolt Brecht. Regie: Peter Förster a. G., Ausstattung: Judith Fekete-Kotayvon Erika Stephan | Seite 4 |
Sozialistisches Theater | Seite 5 |
Maß und MöglichkeitZum Einfluß europäischer sozialistischer Theaterkulturen auf unser Theatervon Wolfgang Kröplin | |
Kolumne | Seite 6 |
Zu Lesarten und Modellenvon Ingeborg Pietzsch | |
Brecht | |
Bittere Komödie der Revolution»Trommeln in der Nacht« von Brecht in Schwerinvon Martin Linzer | Seite 8 |
Brecht vital - Baal '82DDR-Erstaufführung seines Frühwerks in Erfurtvon Jochen Gleiß | Seite 10 |
Gegenwartsdramatik | Seite 12 |
Engagierter Versuch mit GegenwartsdramatikDas Handlöwennachthammelkarl-Lied am Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/Zittauvon Volker Trauth | |
Inszenierung | Seite 14 |
Wer schießt dort links - wer feuert rechts?Schweriner Aktivität zum Welttag des Theaters 1982von Martin Linzer | |
Porträt | Seite 15 |
Drei FrauenPorträt-Versuch über Swetlana Schönfeldvon Ingeborg Pietzsch | |
Inszenierung | Seite 18 |
Keine Angst, unser Löwe beißt nicht!Sternheims Lustspiel »Die Hose« in Weimar, Bautzen, Schwerinvon Helmar Schramm | |
Inszenierungen | Seite 21 |
Psychologisches Theater mit wenig PsychologieStrindbergs »Die Stärkere« und Albees »Zoogeschichte« in Greifswaldvon Michael Hametner | |
Inszenierung | Seite 22 |
Preußische Pädagogik»Die traurige Geschichte von Friedrich dem Großen« von Heinrich Mann - mit dem Versuch einer Ergänzung von Alexander Lang - am Deutschen Theatervon Martin Linzer | |
Porträt | Seite 24 |
Das Neueste über den Schauspieler Kurt Böwevon Ilse Galfert | |
Umfrage | Seite 26 |
Reserviert für ReservenSchauspieler-Umfrage (4): Was tun wir fürs Publikum? (H. Geese); Professionalismus und mehr (E. Becker); Laßt uns den Wettbewerb nutzen! (H. Schmidt)von Eckhard Becker, Heinrich Schmidt und Heidemarie Geese | |
Theater-Alltag | |
Qualifizierung der QualifizierungErfahrungen aus der Praxisvon Reiner Adler | Seite 28 |
Nicht Zaungast bleibenvon Hendrik Kürsten | Seite 28 |
Die Zeit nutzenvon Manfred Dietrich | Seite 29 |
Energiequelle künstlerischer Entwicklungvon Andreas Baumann | Seite 30 |
Uraufführung | |
Was Liebe und Salz bewirkenKurt Dietmar Richter / Lena Foellbachs Musiktheater für die Jugend: »Die Geschichte von Liebe und Salz« in Halberstadt uraufgeführtvon Dietmar Fritzsche | Seite 31 |
Gespräch über »Liebe und Salz«Gesprächsaufzeichnung: Dietmar Fritzschevon Dietmar Fritzsche, Kurt Dietmar Richter, Marie-Luise Lorenz, Günther Frische, Helga Konegen, Angelika Kirschner und Martin Petzold | Seite 32 |
Oper | |
Musikalische Aufführungspraxis heuteZur Interpretation von Werken der Vergangenheit (4)von Karl-Heinz Viertel | Seite 33 |
Belmonte brennt nichtMozart-Aufführungen in Stralsund und Annabergvon Wolfgang Lange | Seite 37 |
OpernpraxisII. Stimmenvon Ernst Krause | Seite 38 |
Nichts ist so häßlich als die Rache»Die Entführung aus dem Serail« in der Komischen Opervon Wolfgang Lange | Seite 39 |
Grenzüberschreitung des begrenzten Ichs»Die Entführung aus dem Serail«, von Ruth Berghaus als Gast in Frankfurt (Main) inszeniertvon Sigrid Neef | Seite 41 |
Ballett | Seite 43 |
Stärken und GrenzenEindrücke von Ballett-Premieren in Halberstadt, Schwerin, Neustrelitz und Görlitzvon Dietmar Fritzsche, Volkmar Draeger und Karin Schmidt-Feister | |
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Theatergeschichte(n) - 7. FolgeDer Tanz als Kunst gesteigerten Lebensgefühls - Kommentar und Auswahl: Werner Ottovon Werner Otto | |
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Sozialistisches Theater in der KaribikVom Festival de Teatro de La Habana 1982von Hans-Rainer John | Seite 51 |
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9. Delegiertenkonferenz der Gewerkschaft Kunstvon Jochen Gleiß | |
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Goethe-Ehrung 1982von Jochen Gleiß | Seite 74 |
3. Pädagogenseminar am Volkstheater Rostockvon M. Ullrich | Seite 74 |
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III. Intensivkurs für Sängervon Dietrich H. Litt | |
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Inland | Seite 76 |
Übersetzerprämien des Henschelverlagsvon Wolfgang Schuch | |
Unterwegs | Seite 76 |
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Silvia Brendenal im Gespräch mit Toru Komatsuvon Silvia Brendenal und Toru Komatsu | |
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Theaterorganisationen trafen sich in Schildowvon Gabriele Kneschke | Seite 77 |
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Unbequem | |
Bücher | |
Der magere Preis und andere kubanische StückeHenschelverlag Berlin 1982, 224 S., 6,- Mvon Hans-Rainer John | Seite 80 |
Helmut Pollow: Theaterwissenschaftliche Studien zu Goethes »Faust«Heft I/»Material zum Theater« Nr.151, 75 S., 3,- M; Heft II/»Material zum Theater« Nr. 152, 59 S., 2,50 M., herausg. vom Theaterverband, Berlin 1981von OW | Seite 80 |
Brecht 81. Brecht in sozialistischen Ländern - Dokumentation, Protokoll der Brecht-Tage 1981, 9.-12. FebruarSchriftenreihe des Brecht-Zentrums der DDR, Band 3. Hgg. v. Werner Hecht u. Karl-Claus Hahn. Henschelverlag Berlin 1981, 376 S., 61 Fotos, div. Karikaturen, DDR 12,50 Mvon Jochen Gleiß | Seite 80 |
Ödön von Horváth: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Hansjörg SchneiderVerlag Volk und Welt, Berlin 1981, 2 Bände, 752 und 488 Seiten, 28,20 Mvon Martin Linzer | Seite 80 |
Max Frisch: Stücke. Hrsg. und mit Anmerkungen versehen von Dietrich SimonVerlag Volk und Welt, Berlin 1981, 2 Bände, 852 Seiten, 25,- Mvon Martin Linzer | Seite 81 |
Spielpläne | Seite 81 |
Vom 16. Mai bis 15. Juni 1982 | |
Premierenkalender | Seite 83 |
Vom 16. Mai bis 15. Juni 1982 | |
Besetzungen | Seite 85 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel | |
Autoren | Seite 85 |
Impressum | Seite 85 |
Inhalt | Seite 88 |
Reiner Adler
Mario Balmaseda
Andreas Baumann
Eckhard Becker
Günther Bellmann
br
Silvia Brendenal
Ulrich Burkhardt
Matthias Caffier
Manfred Dietrich
Volkmar Draeger
Gottfried Fischborn
Günther Frische
Dietmar Fritzsche
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Heidemarie Geese
Sewelina Gjorowa
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Hans-Rainer John
Angelika Kirschner
Gabriele Kneschke
Toru Komatsu
Helga Konegen
Ernst Krause
Wolfgang Kröplin
Ulrich Kunzmann
Hendrik Kürsten
Wolfgang Lange
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OW
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