Heft 11/2001
Terror und Krieg
Wie das amerikanische Theater reagiert
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Was wollen wir spielen: Für den 30. November ist in New York City ein neues Stück von Tony Kushner angekündigt, mit dem Titel "Homebody/Kabul". Kushner, der das heutige amerikanische Theater für geradezu "reaktionär" hält, gilt als einer der namhaften wenigen US-Dramatiker, in dessen Werk ("Angels in America", "Slawen!") größere historische Zusammenhänge behandelt werden. Ob und wie das amerikanische Theater sich jetzt ändern wird, dazu äußern sich Marvin Carlson (S. 8) und Robert Cohen (S. 10). Sie stimmen zumindest darin überein, dass es dafür andere Stücke braucht als die bis in die Gegenwart viel gespielten traditionellen und in immer neuen Variationen geschriebenen Familiendramen. Von Arthur Miller bis Sam Shepard und darüber hinaus behandelt das Drama der neuen Welt vor allem den amerikanischen Traum in Stücken über die Familie, zumeist kritisch oder gar als·Verfehlung - jedoch kaum in geopolitischen Zusammenhängen. Wallace Shawns furioser "Fieber"-Monolog (1990) stellt da schon eine große Ausnahme dar. Dass die ersten Reaktionen des New Yorker Theaters vor allem wirtschaftliches Krisenmanagement waren, überrascht bei diesem hoch kommerziellen Betrieb nicht. Den Broadway trafder Anschlag nach der umsatzstärksten Spielzeit seiner Geschichte. Alternative Gruppen wie das renommierte "Living Theatre" machten sich indes an die Aufarbeitung des Terrortraumas mit der unmittelbarsten Annäherung an diese Erfahrung - wie einzelne New Yorker den 11. September erlebten.
Der Saisonstart in Deutschland, Österreich und der Schweiz ließ ein Phänomen erkennen, das sich seit einigen Jahren zuspitzt. Während der Spielzeitbeginn immer weiter nach hinten rückt (bis weit in den Oktober hinein), wird er um so mehr mit Premierenbündeln gespickt. Eine These aus den Intendanzetagen dazu lautet, dass man sich nur so beim Publikum am schnellsten wieder in Erinnerung bringt. Viel aufeinmal sei also wirksamer als kontinuierlicheres Verteilen im Kalender? Da sind Zweifel anzumeIden. Anders verhält es sich freilich bei neuen Intendanzen mit neuen Mannschaften. Da lässt der Premierenauftakt oft schon die Programmrichtung erkennen, wie jetzt gerade am Deutschen Theater Berlin (S. 20), den Freien Kammerspielen Magdeburg (S. 45) und in Konstanz (S. 47). Am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, wo Tom Strombergs erste Spielzeit als höchst problematisch gewertet wurde, ist dagegen mit dem ersten PremierenTrio ein Kurswechsel erkennbar (S. 16) , während in München, wo Dieter Dorn am Residenztheater mit einem "Kaufmann von Venedig" eröffnet hat, Frank Baumbauers Mannschaft noch den Neustart der Kammerspiele probt (ausführlich im Dezember-Heft). Auch am Dresdner Staatsschauspiel und am Schauspiel Frankfurt (S. 30) hat die Leitung gewechselt (erste Berichte gleichfalls im nächsten Heft).
Ist "Nathan der Weise" das Stück der Stunde? An einigen Häusern (wie in Bremen, Cottbus und Dresden) langfristig geplant oder (wie am Deutschen Theater Berlin) wieder im Spielplan, werden andere den Toleranz-Klassiker noch ansetzen. Das ist eine mögliche Form der Auseinandersetzung, aber wie weit trägt sie über das bisher Bekannte hinaus? Geht es nämlich ins Unbekannte, wird der Dialog zwischen den Kulturen noch vori anderen, nicht allein aktuellen Schwierigkeiten beeinflusst, wie Ulrich Deuter anlässlich der Gastspiele aus dem Iran im Mülheimer Theater an der Ruhr feststellt (S. 35). Und Falk Richter, dessen Theaterarbeit auf einer wiederum gänzlich anderen dramatischen Linie fußt, gibt Auskunft darüber, wie seine Inszenierungen von "Peace" bis "We come to the river" (Titelbild) heutige Erfahrungen in ein neues politisches Verständnis übersetzen. Sein Befund: Der Ausnahmezustand kann ganz schnell überall auch da herrschen, wo es sich eigentlich angenehm leben lässt.
Die Redaktion
Detlev Baur
Bodo Blitz
Petra Bolte
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Marvin Carlson
Robert Cohen
Robin Detje
Ulrich Deuter
Carola Dürr
Anja Dürrschmidt
Stefan Grund
Franziska Hirsbrunner
Thomas Irmer
Bayard Johnson
Martin Linzer
Dea Loher
Peter Pabst
Christian Peiseler
Falk Richter
Daniel Schreiber
Kai Schubert
Elisabeth Schweeger
Volker Trauth
Michael Truppner
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