Heft 11/2002
Die Durchstarter
Auftakt Volksbühne und Freiburg
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Kunst für Kohle: Eine kleine Überraschung: Frank Castorf, westdeutschen Städten bekanntermaßen nicht gerade zugetan, hat sich zum Intendanten der Ruhrfestspiele ab 2004 berufen lassen. Noch muss am 29. November der Aufsichtsrat zustimmen, doch das Ja zu der Berufung durch Gerard Mürtier gilt als sicher. Mortier will als Superintendant die Ruhr-Triennale in der Liga von Edinburgh und Avignon platzieren. Die Einbindung der vorhandenen Festivals gehört dabei zum Konzept, alles zu bündeln, was Kohle hat. Im harten Winter 1946 förderten Bergarbeiter in Sonderschichten und vorbei an den damals britischen Bergwerksherren Kohle für die Hamburger Theater, diese bedankten sich mit Sondervorstellungen unter dem Motto "Kunst für Kohle". Schon 1947 waren daraus mehrwöchige Festspiele in Recklinghausen geworden, mitgetragen vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Seit 1990 leitet Hansgünther Heyme die Ruhrfestspiele, ein Festivalfuchs der politisch überkorrekten Art. Legendär seine polternde Abreise von der Leipziger "euro-scene" 2000, weil Raffaelo Sanzio mit ihrer Celine-Sprech-Performance "Reise ans Ende der Nacht" am 9. November aufgetreten waren. Das wäre Castorf wohl nicht passiert, aber ebenso wenig kann man ihn sich als vielreisenden Kurator vorstellen, der Dutzende, wenn nicht Hunderte Aufführungen durchsieht, um für sein eigenes Programm eine Auswahl zu treffen. Bleibt: Kohle für die Kunst der unterfinanzierten Volksbühne, die nun mit den Ruhrfestspielen koproduzieren kann. Dass die Ruhrfestspiele und die Volksbühne beinahe eine gemeinsame Tradition des politischen Theaters haben, wird man sicher schnell feststellen. Mortiers Gebilde aus musikalischen Zechen-Events und erst noch umzumodelnden Festivals hat jedoch heute schon, nur ein paar Monate nach dem Start, mehr Skeptiker als Enthusiastenum sich. Ein starkes, von Castorfgeleitetes Schauspielstandbein käme da gerade recht - als weitere Überraschung.
Die Marthaler-Krise (TdZ 10/02) ist noch nicht ausgestanden, das böseste Ende noch immer eine Option. Auch deshalb macht Cornelia Niederrneier in ihrer Kolumne (S. 51) eine überraschende Achse des Guten zwischen Wien und Zürich aus. Die TdZ-Kolumnen folgen in dieser Spielzeit übrigens einem 3sat-Prinzip: Martin Linzer (Berlin), Tobi Müller (Zürich) und Cornelia Niedermeier (Wien) wechseln sich mit ihren Betrachtungen aus den Theater-Hauptstädten ab.
Und noch eine Neuerung: In diesem Heft beginnen wir die Serie Gespräche mit Theatermusikern, die in den letzten Jahren mit Innovationen auf dem Gebiet der Musik für Schauspielproduktionen aufgefallen sind. Kein Zufall: Bert Wrede. der als Erster in dieser Reihe vorgestellt wird (S. 20) und dessen Musik für Michael Thalheimers "Emilia Galotti" wohl jedem nachklingt, der diese Inszenierung gehört hat, bekam am 13. Oktober in Wien für seine Arbeit den Nestroy-Spezialpreis - herzlichen Glückwunsch.
Die Redaktion
Bodo Blitz
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Franz Anton Cramer
Sven Crefeld
Anja Dürrschmidt
Barbara Engelhardt
Caren Fischer
Stefan Grund
Rolf C. Hemke
Thomas Irmer
Heinz Kluncker
Martin Linzer
Cornelia Niedermeier
Nina Peters
Alexander Schnackenburg
Jorunn Sigurdardottir
Matéï Visniec
Katja Werner
Bert Wrede
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