Heft 11/2003
edition X
Heiner Goebbels und Georg Seeßlen
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Back to the future: Früher war alles besser! Diese verbreitete Lebensansicht scheint auf die momentane Situation der Theater im Besonderen zuzutreffen. Der Sündenfall, an dem sich die aktuelle Misere äußerlich manifestierte, war die Schließung des Berliner Schiller Theaters vor zehn Jahren. Dieses unrühmliche Jubiläum war Anlass für eine prominent besetzte Diskussionsrunde Anfang Oktober am Ort des Skandals. Rudolf Hickel, Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Bremen, stellt in seinem für TdZ verschriftlichten Vortrag das Modell der Subvention infrage und fordert stattdessen, da Theater eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen, ein nach Vorbild der Hochschulen finanziertes Theater. Martin Linzer resümiert für TdZ die Veranstaltung "Theaterland wird abgebrannt", aufder neben der finanziellen auch die inhaltliche Krise, die sich für manche Betrachter jenseits einer Generationslinie festmacht, angesprochen wurde. Früher war eben alles besser?
Nichtsdestotrotz betrachten wir drei Neuanfänge dieser Saison näher - Klaus Weise startete in Bonn seine Intendanz mit Molieres "Tartuffe". In Magdeburg übernahm Tobias Wellemeyer nach seinen kleinen, agilen Freien Kammerspielen nun auch das große Theater der Landeshauptstadt. Seine Aufgabe: das Zusammenwachsen der beiden so unterschiedlichen Häuser unter Vorgabe der finanziellen Entlastung der Stadtkasse.
Dass Theater an sich nicht neu erfunden werden kann, weiß auch Matthias Lilienthal. In der dichten Theatermetropole Berlin startete er Ende Oktober mit den zum Hebbel am Ufer fusionierten Häusern Hebbel Theater, Theater am Halleschen Ufer und Theater am Ufer. Seine Strategie im Kampf um den Zuschauer - Penetranz. Und so gestaltete er für sein Haus ein massives, vielgestaltiges Eröffnungsprogramm. Für TdZ sprach Inka M. Lehmann mit dem engagierten Theatermann Lilienthal.
Der Annahme, dass früher alles besser war, setzt auch Falk Walter, Leiter der Berliner Arena, erfolgreich ein neues Konzept entgegen und beweist damit, dass es auch heute noch massenwirksames Theater geben kann. TdZ beschreibt in einem Essay diese neue, an modernen Unterhaltungsmedien gewachsene Form von Volkstheater.
In Halle schließlich versuchte Annegret Hahn, Leiterin des dortigen Thalia Theaters, neue Räume für das Theater zu erschließen. Einen Monat lang rief sie das Hotel Neustadt aus und lud Künstler unterschiedlicher Sparten zum Wohnen und Arbeiten ein.
Und auch bei TdZ gibt es einen Neustart. Mit dem vorliegenden Novemberheft stellt sich die neue Redaktion - Anja Dürrschmidt, Nina Peters und Dirk Pilz - vor. Neu auch die Rubrik Kommentar auf der letzten Seite jeder Ausgabe.
Dass Neu an sich wertfrei ist und Arbeit an ihren Inhalten gemessen werden sollte, vertritt auch Heiner Goebbels, der diesen Monat die edition X verantwortet. In seinem Essay "den immer andern Bauplan der Maschine lesen" spricht er sich für ein der Praxisarbeit zugrunde liegendes Wissen um die Theorie aus. Gegen eine aufs Äußerliche zielende Adaption moderner Ästhetiken setzt Goebbels den bewussten und praxisverträglichen Umgang mit Theorie, denn gerade dort, wo Inszenierungen den Weg der konventionellen Theaterarbeit verlassen und nach neuen Darstellungsmöglichkeiten suchen, offenbart sich das Hohle einer Arbeit am schnellsten. Die Tücken der Postmoderne mit ihrem anything-goes-Diktum und die daraus resultierende Leere und Beliebigkeit reflektiert auch Georg Seeßlen, den Heiner Goebbels als Gastautor für die edition X gewinnen konnte. "Moral in der Kunst?" lautet Seeßlens provokante und virtuos hergeleitete Frage. Moral, eine anachronistische Kategorie, die Seeßlen wieder als Maßstab in die Diskussion einbringt. Früher war eben doch nicht alles schlecht.
Die Redaktion
Josef Bierbichler
Silvia Brendenal
Antje Budde
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Kerstin Decker
Anja Dürrschmidt
Jon Fosse
Heiner Goebbels
Rudolf Hickel
Andreas Hillger
Morten Kansteiner
Hella Kemper
Inka M. Lehmann
Matthias Lilienthal
Martin Linzer
Dorothee Marcus
Tom Mustroph
Nina Peters
Dirk Pilz
Patrick Primavesi
Daniel Schreiber
Georg Seeßlen
Katja Werner
Klaus Zehelein
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