Heft 04/2012
double 25
Wo bin ich hingeraten? Räumliche und andere (Des)Orientierungen
Rückstichheftung mit 56 Seiten, Format: 210 x 280 mm
Wo geht's lang? Mistkäfer, so eine aktuelle wissenschaftliche Erkenntnis, tanzen nicht aus Lust und Tollerei auf ihren frisch gerollten Mistkugeln. Sie drehen sich nicht einfach wild und wahllos, sondern prüfen en passant anhand von Sonnenstand und Landmarken die Richtung, damit sie anschließend umso zielsicherer vorankommen.
Ähnlich ging es uns beim Vorbereiten dieser ersten Ausgabe von double mit neuem Layout, neuem Umfang und neuer Erscheinungsweise: nach vielem Um- und Umdrehen und mehreren Schwindelanfällen erscheint das grafisch neu gestaltete Heft ab jetzt zweimal im Jahr, im April und im November, und legt dafür mit 56 Seiten deutlich an Umfang zu. In double 1/2012 wird erstmals ein Essay in Originalsprache abgedruckt, es gibt zusätzlich zum Thema einen Länderschwerpunkt und mit der double-kurzkritik auf www.fidena.de eröffnen wir gleichzeitig eine neue Online-Rubrik. Das alles bedeutet Neuorientierung für Leser und Redaktion gleichermaßen – mit der Chance, auch neue Sichtweisen auf bekanntes Gelände zu gewinnen.
Orientierung und deren Verlust, die Desorientierung, sind zugleich auch Thema dieser Ausgabe. Mit (des)orientierenden Medien, die unsere Raum- und Zeitwahrnehmung zunehmend beeinflussen, der Verwirrung und dem Vergnügen, das der Orientierungsverlust im Fiktionalen bereiten kann, befasst sich die Medienwissenschaftlerin Julia Eckel. Durchs Dunkel der Installation h.g. flaniert der Dramaturg Stefan Bläske und erhellt es im Gespräch mit der Performerin Cristina Galbiati. Der ungarische Objekttheaterkünstler Gyula Molnàr begibt sich in Gedanken noch einmal auf einen Audio-Parcours mit seltsamen Zeitverschiebungen, und der Puppenspieler Florian Feisel lässt die Verirrungen bei der Entwicklung seines Kunst-Cache auf der FIDENA 2011 Revue passieren, mit einem Exkurs über Navigationssysteme. Dies alles scheint dem Tanz auf der Mistkugel gar nicht so fern – in der Verbindung von ästhetischem Vergnügen, orientierender Bewegung und körperbetonter Raumwahrnehmung, wie sie auch bei den künstlerischen Spaziergängen oder »ambulatorischen« Performances erlebt werden konnte.
Ein zweiter Heftschwerpunkt widmet sich dem Puppentheater in der Schweiz. Dieses kann auf eine illustre Geschichte zurückblicken – frühe Inszenierungen mit abstrakten Marionetten von Sophie Taeuber und Otto Morach gingen in die Kunstgeschichte ein –, heute bietet sich eine vielfältige Landschaft zwischen Tradition, theatraler Recherche und Performance bzw. Installation dar, wie die Beiträge im Spezial: Schweiz anschaulich belegen. Ermöglicht hat diesen Teil die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.
Kenneth Gross' Essay über den speziellen Wahnsinn der Puppe und ihren rätselhaften Hunger führt hin zu den exzentrischen Puppen des figurentheater tübingen (Glückwunsch zum 20.!), weiter zu Inszenierungsbesprechungen und Festivalberichten. Das Gespräch mit einer jungen dänischen Gruppe ergänzt die poetische Reflexion über junges Figurentheater ... und last not least schließen an einen Tagungsbericht zwei Buchrezensionen an.
Das ist viel. Behalten Sie den Überblick! Legen Sie zwischendurch ein Tänzchen ein! Machen Sie es wie der der Skarabäus – oder wie der Berliner Künstler Michael H. Rohde, der uns das wunderbare Titelbild beschert hat: Schauen Sie sich das alles mal von unten an! In diesem Sinne: Viel Vergnügen beim Navigieren durch das neue double!
Die Redaktion
Where to now? double has realigned itself. The magazine not only has a new graphic design, from now on it will be appearing twice a year in April and November in a much larger edition of 56 pages. For the first time ever double 1/2012 is publishing an essay in its original language. In addition to having a central theme the magazine will also be concentrating on a particular country and publishing two book reviews. All this means that readers and the editors alike will have to reorientate themselves and, with a bit of luck, have the opportunity to gain new perspectives on well-known territory.
Orientation and its loss, disorientation, are equally one of the themes in this edition: disorientating media which increasingly influence our perception of space and time; the confusion and pleasure that can be caused by the loss of orientation in fictional areas; darkness and labyrinthine rooms; an audio track with strange time shifts; aberrations in developing an art cache and creative walks.
Another major theme in this edition is dedicated to puppet theatre in Switzerland. The articles in the section entitled Spezial: Schweiz will give readers a graphic idea of a multifaceted theatrical topography caught between tradition, theatrical research and performance/installation.
Kenneth Gross's essay on the special madness of puppets and their enigmatic hunger leads him to the eccentric puppets of the figurentheater tübingen (congratulations on your 20th !) and later on, to reviews, festival reports, a working discussion … and and…
There is so much to get lost in! Just don’t get disorientated! Have fun navigating through the articles!
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Thema | |
Vom Orient über den Nordpol zum ICH(Des)Orientierende Medien und narrative Irrgärtenvon Julia Eckel | Seite 6 |
Es war so finster und auch so bitter schön»h.g.« – eine Installation zu Hänsel und Gretel von Trickstervon Stefan Bläske | Seite 10 |
Von geflüsterten Pfaden, Zufällen und GlühwürmchenEin Augenblick auf dem Weg zu Alice D und eine Abhandlung über schöpferisches Spazierengehenvon Gyula Molnàr | Seite 13 |
Quo vadis?Reflexionen über einen Puppen-Parcoursvon Florian Feisel | Seite 16 |
Spezial: Schweiz | |
Zwischen Magie und ProvokationFreie Schweizer Figurentheater aus dem Fenster des »FabrikPalastes« betrachtetvon Hansueli Trüb | Seite 22 |
Mit jedem Stück neu erfindenDie Schweizer Theatermacher Priska Praxmarer und Dirk Vittinghoff im Gesprächvon Helmut Pogerth, Priska Praxmarer und Dirk Vittinghoff | Seite 24 |
Margrit Gysin – Im Kleinen das Große erzählenPortrait einer Schweizer Magierin der Transparenzvon Alfred Schlienger | Seite 26 |
Die Kunst, das Brot, das Salz40 Jahre Théâtre de la Poudrière mit der Inszenierung »Mécanique du sel«von Silvia Brendenal | Seite 27 |
Baustelle KulturFreies Figurentheater in der Schweiz und die Entwicklung einer Alternativkulturvon Hana Ribi | Seite 30 |
Essay | Seite 32 |
The Madness of Puppets (Excerpt from the Original Essay)von Kenneth Gross | |
Inszenierungen | |
Portrait einer unklaren Persönlichkeit»hôtel de rive« beim 20-jährigen Bühnenjubiläum des figurentheater tübingenvon Mascha Erbelding | Seite 34 |
Das Unterösterreich pubertiert»Protokolle wechselhafter Geschehnisse« in Wienvon Dora Dorsch | Seite 36 |
Macht. Liebe. Böse!Joel Pommerats »Meine Kältekammer« in Hallevon Annette Dabs | Seite 37 |
Assoziationen in Hülle und Fell»Titania tanzt für einen Esel« am FITZ! Stuttgartvon Kerstin Turley | Seite 38 |
Revolution und SeifenoperNeue Produktionen der französischen Compagnien Sans Soucis und La Penduevon Mascha Erbelding | Seite 39 |
Festival | |
Zwischen ExistenzenEindrücke vom Internationalen Theaterfestival UNIDRAM 2011 in Potsdamvon Tim Sandweg | Seite 40 |
Men of Flesh and CardboardDas Bread & Puppet Theater zu Gast in Münchenvon Christoph Lepschy | Seite 42 |
Next Generation | |
Gemetzel unter zwielichtigen Alter EgosPoetische Reflexionen über das Festival »Versuchung« für Junges Figurentheater in Berlinvon Katja Hille | Seite 44 |
Die Logik des SpielmaterialsEin Arbeitsgespräch zur Produktion »Life in Between« des jungen dänischen Figurentheaters Graense-Loesvon Jette Lund | Seite 47 |
Tagung | Seite 50 |
Das MEHR der DingeÜber das Symposium »Bild-Raum-Spiel« in Hammvon Steffen Moor und Jolanda Uhlig | |
Buchbesprechung | |
Bodenloses GlückGyula Molnàrs »Teatro d‘Oggetti« in der deutschen Übertragungvon Meike Wagner | Seite 52 |
Unheimliches LebenKenneth Gross‘ faszinierender Essay über die »Puppe«von Tristan Vogt | Seite 53 |
Meldungen | Seite 54 |
Autoren | Seite 56 |
Impressum | Seite 56 |
Stefan Bläske
Silvia Brendenal
Annette Dabs
Dora Dorsch
Julia Eckel
Mascha Erbelding
Florian Feisel
Kenneth Gross
Katja Hille
Christoph Lepschy
Jette Lund
Gyula Molnàr
Steffen Moor
Helmut Pogerth
Priska Praxmarer
Hana Ribi
Tim Sandweg
Alfred Schlienger
Hansueli Trüb
Kerstin Turley
Jolanda Uhlig
Dirk Vittinghoff
Tristan Vogt
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