Recherchen 40
Durchbrochene Linien
Zeitgenössisches Theater in der Slowakei
Herausgegeben von Johannes C. Hoflehner, Martina Vannayová und Marianne Vejtisek
Paperback mit 208 Seiten, Format: 140 x 240 mm
ISBN 978-3-934344-88-4, Originalpreis: € 14,00
Noch ist die Slowakei ein weißer Fleck auf der europäischen Theaterlandkarte. Der junge Staat hat seit 1989 vielfältige Veränderungen erfahren, und mit ihm natürlich auch das Theater. Doch die Öffnung nach Europa und die neuen künstlerischen Freiheiten brachten nicht nur Positives mit sich. Zwar lassen sich heute viele internationale Einflüsse festmachen, hat sich das Spektrum der Aufführungen ästhetisch und auch inhaltlich enorm erweitert. Doch fordern Künstler wie Fachleute dringend strukturelle Reformen und neue Subventionierungssysteme, beschreiben sie neben den vielfältigen Erfolgen auch eine latente inhaltliche Orientierungslosigkeit.
Das Buch gibt in Essays, Gesprächen und Stückauszügen einen differenzierten Einblick in das zeitgenössische slowakische Theater, stellt den modernen Tanz ebenso vor wie die Arbeit der staatlichen, städtisehen und privaten Buhnen, analysiert die kulturpolitischen Rahmenbedingungen und verweist auf die historischen Zusammen hänge dieser Entwicklungen.
Eine Expedition in eine lebendige Theaterlandschaft im Aufbruch.
Die Theaterlandschaft der Slowakei ist ein noch relativ unerforschtes Gebiet auf der europäischen Landkarte. Wir legen mit diesem Band das erste Buch in deutscher Sprache vor, das sich vor allem mit den aktuellen Entwicklungen der Theaterszene dieses Landes beschäftigt. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass es vor 1830 kein eigenständiges professionelles Theater in slowakischer Sprache gegeben hat. Selbst diese kurze Schauspieltradition wurde immer wieder unterbrochen, worauf die Studien von Vladimir Stefko und von Sona Simkova hinweisen.
Nun wachsen die Städte Wien und Bratislava seit der Wende und besonders seit dem Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union stärker zusammen, und die Slowakei nähert sich dem übrigen Westeuropa nachdrücklich an. Deutsche und österreichische, vereinzelt auch Schweizer Stücke werden in der Slowakei übersetzt, rezipiert und aufgeführt, umgekehrt läuft jedoch fast gar nichts. Wir, Marianne Vejtisek und Johannes C. Hoflehner, haben aber seit einigen Jahren von Schwechat aus einen neugierigen Blick auf das Theater der Nachbarstadt geworfen, liegt Bratislava doch nur eine kurze Autostunde von Wien entfernt. Und wir haben eine kleine, aber sehr vitale Theaterszene vorgefunden, in die viel junges Publikum strömt, und nicht nur das: Ein (für uns) besonderer Humor und häufige Thematisierung des Neoliberalismus, Markenfetischismus und Kapitalismus sind uns sofort aufgefallen. Die sprachliche Barriere bei einem Theaterbesuch in der Slowakei ist zwar tatsächlich eine, und wer (wie wir beide) versucht, Slowakisch zu lernen, kann ein Lied von dieser Schwierigkeit singen, aber es lassen sich manche Stücke mit ein wenig Vorwissen auch in der Beobachtung der äußerst lebendigen Interaktion von Bühne und Publikum begreifen und erleben.
Durch den Kontakt zum Theaterinstitut in Bratislava kam mit Martina Vannayova eine kompetente und durchaus kritische Partnerin in der Slowakei mit ins Team. Gemeinsam bringen wir nun diesen Band heraus. Er soll in erster Linie eine Einführung sein und einen Überblick darüber geben, was in den Jahren seit der Sanften Revolution auf dem Theater in der Slowakei geschehen ist. Wir stellen Bühnen, Autoren und Regisseure vor: Alles unter dem Aspekt, dass kein Vorwissen über die slowakische Theaterszene existiert. Den Schwerpunkt haben wir auf das Sprechtheater gelegt. Ein kurzer Artikel stellt die wichtigsten Tendenzen im Bereich Tanztheater vor, das sich in der Slowakei erst neu entwickelt hat. Kinder- und Jugendtheater sowie Ballett, Pantomime und Puppentheater, ausnahmslos nicht uninteressante und traditionsreiche Sparten, haben wir dagegen vollständig ausgeklammert - das hätte den Rahmen dieses Buches gesprengt. Darüber hinaus gibt es seit Jahrzehnten ein erstaunlich reges dramatisches Schaffen. Eine kleine repräsentative, wenngleich unvollständige Sammlung von Stückausschnitten soll einen ersten Blick darauf ermöglichen. Es liegt erst ganz wenig in deutscher Übersetzung vor und vielleicht gelingt es diesem Band, das Interesse für diese noch unentdeckte Theaterlandschaft zu wecken.
Das Theater Forum Schwechat, auf dessen Initiative diese erste deutschsprachige Auseinandersetzung mit der Slowakei zustande kam, ist das östlichste produzierende Theater Österreichs und versteht sich immer mehr auch als Brücke zu den slowakischen Kollegen und wird in den nächsten Jahren die Zusammenarbeit mit ihnen vertiefen. Die Partnerschaft mit dem Theaterinstitut in Bratislava hat sich dabei als sehr hilfreich und fruchtbar erwiesen.
Die Herausgeber danken allen Personen, die mitgeholfen haben, diese Publikation zu realisieren, besonders Romana Maliti vom Theaterinstitut Bratislava und allen voran unserer unermüdlichen, kritischen und konstruktiven Lektorin Anja Dürrschmidt, ohne die es dieses Buch in dieser Form nicht geben würde.
Johannes C. Hoflehner, Martina Vannayova, Marianne Vejtisek Bratislava, Schwechat, Wien Juli 2007
Kapitel | Seite |
---|---|
Kapitel | Seite |
Unter den Mahlsteinen der PolitikKnapper Abriss der Geschichte des slowakischen Theatersvon Vladimir Stefko | Seite 8 |
Von der Vielfalt des MöglichenDie Stadttheater nach 1989von Sona Simková | Seite 22 |
Erfolgsgeschichte mit HindernissenDas alternative Theater in der Slowakeivon Juraj Sebesta | Seite 42 |
Warten auf die KatharsisDas slowakische Theater im kulturpolitischen Kontextvon Zora Jaurovâ | Seite 59 |
Die LangstreckenläuferZeitgenössischer Slowakischer Tanzvon Eva Gajdosovâ | Seite 67 |
Ein Blick auf die PraxisEin E-Mail-Interview zwischen Johannes C. Hoflehner und Martin Porubjakvon Johannes C. Hoflehner und Martin Porubjak | Seite 78 |
Ein Land in der Mitte. Menschen ringsherumNeue slowakische Dramatik und ihre Autorenvon Ján Šimko | Seite 84 |
Untergang des Fussballs in der Stadt K.Spiel in zwei Halbzeitenvon Karol Horák | Seite 114 |
Stückauszüge | |
Elendvon Blaho Uhlár | Seite 122 |
Der LampionumzugMonodrama in Parallelenvon Jana Bodnárová | Seite 129 |
Krichen, der UnsterblicheEin Drama in vier Akten – einschließlich des Traums des Briefträgersvon Eva Maliti-Franová | Seite 135 |
HypermarktEin Tag, an dem Sie nicht einkaufen waren, ist ein verlorener Tagvon Viliam Klimácek | Seite 143 |
Stilles Hausvon Silvester Lavrik | Seite 150 |
Mitteleuropa liebt dichvon Dušan Vicen, Vit Bednárik, Inge Hrubanicová und Vlado Zboron | Seite 157 |
StilleStück in einem Aktvon Roman Oleksak | Seite 165 |
Schaulustvon Anna Grusková | Seite 176 |
Die ToilettenfrauVierter Wunschvon Milos Karásek | Seite 188 |
Partybr(e)akersSpiel um ein Gedächtnisvon Peter Pavlac | Seite 196 |
Autoren |
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Zu den HerausgeberInnen
Martina Vannayová
Marianne Vejtisek
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren