Power of Diversity
The Crossing Lines Project
Herausgegeben von Matthias Rettner
Klappen-Broschur mit 256 Seiten, Format: 235 x 220 mm
ISBN 978-3-95749-137-4, Mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Deutsch / Englisch
Das in Freiburg ansässige Aktionstheater PAN.OPTIKUM entwickelt seit 30 Jahren Inszenierungen im öffentlichen Raum. Unter Leitung dieses freien Theaterkollektivs wurde 2015 das internationale Projekt „Power of Diversity“ ins Leben gerufen, das Hip-Hop-Musik mit theatraler Praxis verbindet. 30 junge Darsteller spielen in verschiedenen Städten und bilden ein zeitgemäßes europäisches Ensemble. Dieses Buch dokumentiert in Bildern und Texten das außergewöhnliche europäische Projekt aus vielfältigen Blickwinkeln, gibt Einblicke in den Produktionsprozess und weist dabei auch auf die spezifischen Situationen in den verschiedenen Städten hin.
The Freiburg-based action theatre ensemble PAN.OPTIKUM has been creating performances in the public space for thirty years. The international “Power of Diversity” project, which was started in 2015 under the direction of this free theatre collective, combines hip-hop music with theatrical practice. Thirty young performers play in various cities – from Great Britain to Russia and from Norway to Spain, forming a contemporary European ensemble. This book documents this extraordinary European project from many angles in images and words, provides insight into the production process and outlines the specific circumstances in the various cities.
Anfang 2014 entstand die Idee, schon bestehende vereinzelte Partnerschaften des Aktionstheaters PAN.OPTIKUM im internationalen Kontext zu intensivieren und über ein großes Kooperationsprojekt miteinander zu vernetzen. Dabei sollten Theaterproduktionen im öffentlichen Raum im Mittelprunkt stehen, einem Genre, dem sich das Ensemble seit seiner Gründung vor über dreißig Jahren verschrieben hat. Die Relevanz dieser Theaterform war in Deutschland lange unterschätzt und hat erst in den vergangenen Jahren stark an gesellschafts- und kulturpolitischer Bedeutung gewonnen.
Zudem hat auch der Konkurrenzdruck um Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum stark zugenommen, denn genau hier werden wichtige gesellschaftliche Themen verhandelt, medial debattiert, aber auch instrumentalisiert. In deutschen Innenstätten ist man beispielsweise gegenwärtig mit höchst fragwürdigen Demonstrationen für ein sogenanntes christliches Abendland konfrontiert, die jene dunklen Zeiten eines vergessen geglaubten antieuropäischen Deutschlandbildes heraufbeschwören wollen. Allerdings stößt man immer wieder auf wunderbar geistreiche Antworten, die diesen zunehmend impertinenten Populismus einiges zu entgegnen haben, wie denen im Nachbargarten des rechtspopulistischen Politikers Björn Höcke. Hier werden dessen gefährliche Appelle an niedere Instinkte brillant mit einer Reminiszenz an das Berliner Holocaust-Mahnmal öffentlichkeitswirksam konterkariert. Von der erwähnten Bewegung – vor allem in ostdeutschen Städten – war allerdings zur Zeit der Projektplanung noch nichts zu ahnen. Eine neue Sichtweise, ein Perspektivwechsel, auf das eigene Schaffen, herausgefordert durch die Auseinandersetzung mit dem Empfinden und dem kulturellen Hintergrund der Partner auf das eigene Tun, erweitert immer auch die eigene Kompetenz. Aus dieser Erfahrung langjähriger internationaler Kooperationen bildete sich der Antrieb für „Power of Diversity – The Crossing Lines Project“. Dass die Chancen und Möglichkeiten, die sich aus den vielfältigen Erfahrungshintergründen und Möglichkeiten der Beteiligten ergeben, nur erlebt werden können, wenn man dazu bereit ist, auch eigene Denk- und Wahrnehmungsmuster in Frage zu stellen, impliziert nicht nur der Titel des Projekts. Es zog sich auch als künstlerische Gestaltungslinie durch das gesamte Projekt.
Dabei prägten auch die Ergebnisse der mehrjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Kreativteam von PAN.OPTIKUM um Sigrun Fritsch und dem Rapper Robin Haefs und Rapucation aus Berlin das Gesamtkonzept. Ganz bewusst wurde Hip-Hop als Ausdrucksform gewählt, denn in vielen Projekten mit jungen Erwachsenen zeigte sich, dass mit dessen Verwendung als eine künstlerische Ausdruckssprache sowohl Teilnehmer als auch Publikum aus sehr verschiedenen Gesellschaftsschichten Interesse zeigen und Grenzen sozialer Herkunft und Bildungshintergrund kaum mehr eine Rolle spielen.
Als einen spielerischen Dialog zwischen analoger und digitaler Welt sowie zwischen Zuschauern und Darstellern kann man den Teil des Projekts interpretieren, der aus der Idee des Konzeptkünstlers Peter Zizkas entstanden war: Antworten des Publikums auf Fragen, die für den Inhalt der Stadtrauminszenierungen relevant waren, wurden mit Bewegungen der Tänzer verknüpft und in einem partizipativen Digitalisierungsprozess letztendlich als analoges Exponat wieder sichtbar gemacht. Auch hiervon gibt das vorliegende Buch Zeugnis. Vielleicht kommt darin der la tente Wunsch der darstellenden Künstler zum Ausdruck, neben der Kunst des Augenblicks auch dauerhaft Sichtbares zu schaffen.
In jedem Fall soll das Buch einen Eindruck von der Energie und Potenz dieses dreijährigen Projektes vermitteln, in dem alle Darsteller nicht nur monatelang zusammengearbeitet haben, sondern auch jede der zehn Partnerstädte besuchten und dort die Platzinszenierung „Crossing Lines“ in den Stadtzentren jeweils vor mehreren tausend Zuschauern aufführten. Dafür kommen Beteiligte aus allen Ländern zu Wort, Vertreter der Partnerinstitutionen ebenso wie die Akteure und künstlerischen Mitarbeiter. Die Autoren nähern sich den Phänomenen Hip-Hop und Theaterkunst an und geben Einblick in Voraussetzungen und Perspektiven von Theaterinszenierungen im öffentlichen Raum. Schließlich zeigen zahlreiche Fotos von den Proben und Aufführungen sowie von Peter Zizkas‘ erwähnten Kunstwerken die Diversität, die über den gesamten Arbeitsprozess spürbar war. Ein künstlerisches Statement gegen um sich greifende Gedanken der Abschottung.
Matthias Rettner
Foreword
It was the beginning of 2014 when the action theatre ensemble PAN.OPTIKUM came up with the idea to intensify the individual partnerships it already had in an international context and bring them together in a large-scale cooperation project. Theatre productions in the public space were to be the focus, a genre the ensemble has subscribed to ever since its inception more than thirty years ago. The relevance of this form of theatre was long underestimated and has only gained greatly in social and cultural-political significance in the past few years.
Moreover, the pressure of competing for attention in the public space has increased considerably; this is precisely where important social issues are negotiated, debated in the media, and also exploited. In German city centres, for example, one is now confronted with highly dubious demonstrations advocating a socalled Christian West, which aim to evoke those dark times, believed forgotten, of an anti-European Germany. However, time and again, one encounters wonderfully ingenious responses to this increasingly impertinent populism, like the concrete slabs erected in the yard of the house next to right-wing populist politician Björn Höcke. His dangerous appeals to base instincts are brilliantly thwarted with a replica of the Berlin Holocaust Memorial, which Höcke had criticized as a “monument of shame”. Although when the project was being planned, no one had any idea of this dubious movement – which has a foothold primarily in east German cities.
A new way of seeing, a shift in perspective, how one views one’s own creations, the challenge of handling the different perceptions and cultural backgrounds of the partners, reflecting on one’s own actions, all of this extends one’s own expertise. The driving force behind “Power of Diversity – The Crossing Lines Project” comes from this experience gained over many years of international cooperation. The chances and opportunities which result from the wide range of different backgrounds and possibilities of those involved can only be experienced if one is willing to question one’s own perceptions and thought patterns, as not only the project’s title implies. This idea ran through the entire project also as an artistic guideline.
The overall concept was also marked by the results of the many years of collaboration between the PAN.OPTIKUM creative team with Sigrun Fritsch and rapper Robin Haefs with Rapucation from Berlin. Hip-hop was specifically chosen as the form of expression since in many projects with young adults it has been evident that using it as an artistic language of expression captures the interest of participants as well as audiences from very different social classes, and that hurdles regarding social background and education hardly play a role.
The part of the project which arose from an idea belonging to concept artist Peter Zizka can be interpreted as an intuitive dialogue between the analogue and digital world as well as between spectators and performers: the audience’s answers to questions relevant to the content of the performances in the urban space were linked to the movements of the dancers and ultimately rendered using a participative digitalization process to create an visual analogue exhibit. This book is also testament to the dialogue. It may be an expression of the latent wish of the performing artists to generate something which is permanently visible, in addition to the art of the passing moment.
In any case, the book aims to impart an impression of the energy and potency of this three-year project, in which all performers not only worked together for months, but also visited each of the ten partner cities and performed the large-scale venue production “Crossing Lines” in the city centres before several thousand spectators in each city. Those involved are given a voice, the representatives of the partner institutions as well as the performers and artistic staff. The writers have a look at hip-hop and theatre art and provide insight into the prerequisites and perspectives of theatre productions in the public space. Last of all, numerous photos of the rehearsals and performances as well as the above-mentioned artworks by Peter Zizka show the diversity which was tangible throughout the entire work process. An artistic statement to counter the gripping concept of isolationism.
Matthias Rettner
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Mit der EU Theater machen in acht LändernZum Geleit / Prefacevon Sabine Bornemann | Seite 6 |
Power of DiversityThe Crossing Lines Projectvon Matthias Rettner | Seite 12 |
Jetzt für Europa / Now for EuropeSigrun Fritsch im Interview mit Michael Kaiser / Sigrun Fritsch interviewed by Michael Kaiservon Michael Kaiser und Sigrun Fritsch | Seite 18 |
Ein europäisches Ensemble / A European ensembleKulturkampf zwischen liberaler Utopie und neurechter Gegenkultur / Cultural battle between liberal utopia and New Right counterculturevon David Meiering | Seite 42 |
Ketten sprengen! / Breaking chains!Mit Hip-Hop und zeitgenössischem Tanz zu einer neuen Tanzsprache / With hip-hop and contemporary dance to a new dance languagevon Marco Wehr | Seite 58 |
Rap im Theater / Rap in theatreFür eine Bühnenkunst ohne Klischees / For stagecraft without clichésvon Robin Haefs | Seite 72 |
Eine Bühne für halb Europa / A stage for half of EuropeÜber die Entwicklung des Bühnenbildes / About the development of the setvon Llorenç Corbella | Seite 78 |
Generatives Kopftheater mit demokratischem Design?Ein Erklärungsversuchvon Christoph Maurer und Peter Zizka | Seite 96 |
Was es bedeutet, mutig zu sein / What it means to be braveWie eine Theaterproduzentin zur Performerin wurde / How a producer became a performervon Katie Burse | Seite 114 |
Ein Sommer in Freiburg / A summer in FreiburgFür die Schönheit der Vielfalt zusammenkommen / Coming together for the power of diversityvon María Fernández Aragón | Seite 128 |
Kultur vom äußersten rand / Culture from the outer edgePikene på broen in Kirkenesvon Inger Blix Kvammen | Seite 154 |
Eine neue Ära / A new eraPASSAGE Festival in Helsingør-Helsingborgvon Jens Frimann Hansen | Seite 166 |
Von der Grenzregion nach Europa / from the border region to EuropeViaThea in Görlitz/Zgorzelecvon Christiane Hoffmann | Seite 178 |
Eine prägende Erfahrung / A formative experienceCreative Foundation, Folkestonevon Alastair Upton | Seite 188 |
Gegen dunkle Wolken kämpfen / fighting dark cloudsCorn Exchange/101 in Newburyvon Simon Chatterton | Seite 200 |
Interkultureller Austausch als kreativer und lebenswichtiger Motor / Intercultural exchange serves as creative and vital engineTEMUDAS Fest in Las Palmas de Gran Canariavon Marisol García Abraham | Seite 210 |
Schönheit der Diversität / Beauty of DiversityThe Sibiu International Theatre Festivalvon Lucian Panã | Seite 222 |
(Wieder-)entdeckung der Kraft der Vielfalt und die Bedeutung von Grenzüberschreitungen / (re)discovering the power of diversity and the meaning of crossing linesCentrum Kultury in Bytomvon Dagmara Gumkowska | Seite 234 |
Kurzbiografien / Profiles | Seite 244 |
Bildnachweis / Photo credits | Seite 252 |
Dank / Acknowledgements | Seite 252 |
Mitwirkende und Team / Cast and Crew | Seite 253 |
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