![Theater der Zeit 8/1968 Theater der Zeit 8/1968](https://assets.theaterderzeit.de/img/Magazine/1349/Cover_single.jpg)
Heft 08/1968
5. Mai 1968 - 150. Geburtstag von Karl Marx
Broschur mit 48 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
Bertolt Brecht: Als ich schon jahrelang ein namhafter Schriftsteller war, wußte ich noch nichts von Politik, und hatte ich noch kein Buch und keinen Aufsatz von Marx oder über Marx zu Gesicht bekommen. Ich hatte schon vier Dramen und eine Oper geschrieben, die an vielen Theatern aufgeführt wurden, ich hatte Literaturpreise erhalten, und bei Rundfragen nach der Meinung fortschrittlicher Geister konnte man häufig auch meine Meinung lesen. Aber ich verstand noch nicht das Abc der Politik und hatte von der Regelung öffentlicher Angelegenheiten in meinem Lande nicht mehr Ahnung als irgendein kleiner Bauer auf einem Einödshof.
1918 war ich Soldatenrat und in der USPD gewesen. Aber dann, in die Literatur eintretend, kam ich über eine ziemlich nihilistische Kritik der bürgerlichen Gesellschaft nicht hinaus. Nicht einmal die großen Filme Eisensteins, die eine ungeheure Wirkung ausübten, und die ersten theatralischen Veranstaltungen Piscators, die ich nicht weniger bewunderte, veranlaßten mich zum Studium des Marxismus. Vielleicht lag das an meiner naturwissenschaftlichen Vorbildung (ich hatte mehrere Jahre Medizin studiert), die mich gegen eine Beeinflussung von der emotionellen Seite sehr stark immunisierte. Dann half mir eine Art Betriebsunfall weiter. Für ein bestimmtes Theaterstück brauchte ich als Hintergrund die Weizenbörse Chicagos. Ich dachte, durch einige Umfragen bei Spezialisten und Praktikern mir rasch die nötigen Kenntnisse verschaffen zu können. Die Sache kam anders. Niemand, weder einige bekannte Wirtschaftsschriftsteller noch Geschäftsleute - einem Makler, der an der Chicagoer Börse sein Leben lang gearbeitet hatte, reiste ich von Berlin bis nach Wien nach -, niemand konnte mir die Vorgänge an der Weizenbörse hinreichend erklären. Ich gewann den Eindruck, daß diese Vorgänge schlechthin unerklärlich, das heißt von der Vernunft nicht erfaßbar, und das heißt wieder einfach unvernünftig waren. Die Art, wie das Getreide der Welt verteilt wurde, war schlechthin unbegreiflich. Von jedem Standpunkt aus außer demjenigen einer Handvoll Spekulanten war dieser Getreidemarkt ein einziger Sumpf. Das geplante Drama wurde nicht geschrieben, statt dessen begann ich Marx zu lesen, und da, jetzt erst, las ich Marx. Jetzt erst wurden meine eigenen zerstreuten praktischen Erfahrungen und Eindrücke richtig lebendig.
(Aus: Schriften zur Pol'itik und Gesellschaft, Bd. 1, Aufbau-Verlag, 1968)
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Berthold BrechtAus: Schriften zur Politik und Gesellschaft, Bd. 1, Aufbau-Verlag, 1968 | |
Ur- und Erstaufführungen | |
Mannesjahrevon Jurij Brězan am Staatsschauspiel Dresdenvon Horst Gebhardt | Seite 4 |
Der Regenwettermannvon Alfred Matusche am Hans-Otto-Theater Potsdamvon Ingrid Seyfarth | Seite 6 |
Maria Theresia SchluzeSchauspiel von Jochen Haufe am Theater der Stadt Cottbusvon Martin Linzer | Seite 8 |
Theaterverband | |
Der Verband diskutiert"Die weiße Rose" von Udo Zimmermannvon Hans-Jochen Irmer | Seite 11 |
Nach einem Jahrvon Margot Köhnke | Seite 13 |
Oper und Operette | Seite 14 |
Die Jungen und die OperGespräche mit jungen Komponisten über Probleme des zeitgenössischen Opernschaffensvon Hans-Gerald Otto | |
Ausland | |
Theater in Moskau und Rigavon Bernhard Reich | Seite 17 |
Theater in Tbilissi und Jerewanvon Christoph Trilse | Seite 21 |
Aufführung | Seite 25 |
Spiel zwischen Schicksal und Zufall"Biografie" von Max Frisch am Zürcher Schauspielhausvon Walter Gyssling | |
Das neue Drama anderswo | Seite 27 |
Das neue Drama anderswo (7)Spanienvon José Maria Carandell | |
Inszenierungen | |
Berlin/ KammerspieleDas Testament des Hundes von Ariano Suassunavon Martin Linzer | Seite 30 |
Bautzen/ Deutsch-Sorbisches VolkstheaterDer verratene Rebell von Rainer Kerndlvon Helmut Liebsch | Seite 31 |
AnklamVor dem Abendessen von Viktor Rosowvon Horst Prignitz | Seite 32 |
SchwerinKapitän Karagötz von Louis Gaulisvon Manfred Zelt | Seite 33 |
Rostock/ Großes HausDie Glembays von Miroslav Krležavon Horst Prignitz | Seite 33 |
London/ Royal Court TheatreDingo von Charles Woodvon Ossia Trilling | Seite 34 |
Informationen | |
Das neue Werk für den SpielplanKatharina in der Klemmevon W. K. | Seite 35 |
Die nächsten Premieren | Seite 35 |
"Prozeß" in Hamburg | Seite 36 |
Wolfgang Kieling: Entscheidung für die DDRvon K. Golka | Seite 37 |
Aktuelles Interviewmit Jurij Ljubimow | Seite 37 |
Blick über die GrenzenWestdeutschland, CSSR, Frankreich, Österreich, Schweden, Schweiz | Seite 37 |
Aufgelesenes"Der Spiegel" 18. März 1968 | Seite 38 |
Fragen der musischen Erziehungvon Helga Marhold | Seite 38 |
Russische und sowjetische Dramatik im DTvon G. C. | Seite 38 |
Theaternachrichten aus Ungarn | Seite 39 |
Weder Museum noch Kirchevon H. K. | Seite 39 |
Aus unserer Republik | Seite 39 |
Personelles | Seite 39 |
Eines von neunvon Hanno Meyer | Seite 40 |
Ältere Schauspielervon Frithjof Ruede | Seite 41 |
Für Werner Kepichvon Steffi Spira | Seite 41 |
Neue Bücher"Stücke" (B. Brecht), "Mein Großvater Offenbach" (J. Brindejont-Offenbach)von Hans-Jochen Irmer und Wolfgang Lange | Seite 41 |
Besetzungen | Seite 42 |
Tagesspielpläne | Seite 46 |
Anzeigen | Seite 47 |
Beilage Schriften des Verbandes der Theaterschaffenden der DDR 1 | Seite 50 |
Die Entwicklung der Theaterkunst und die Aufgaben des Verbandes der Theaterschaffenden bei der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus |
G. C.
José Maria Carandell
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