Heft 12/1972
25 Jahre Komische Oper
Broschur mit 88 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
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Theater, die etwas auf sich halten, rechnen nicht den Tag, an dem sie ins Gebäude einziehen, um ihre Arbeit aufzunehmen, sondern jenen, an dem sie ihr erstes Produkt, das Kunstwerk Aufführung, dem Publikum vorstellen, als Gründungstag. Am 5. Juni 1947 wurde der Komischen Oper die Lizenz überreicht. Walter Felsenstein sagte bei der Entgegennahme: "Es wird nur das gespielt werden, was so gespielt werden kann, wie es gespielt werden muß." Letztes Dezemberdrittel, beliebte Dekade für Premieren solcher Werke wie "Hänsel und Gretel", "Bettelstudent", "Fledermaus". 23. Dezember 1947. Erste Inszenierung der Komischen Oper. Gründungstag. "Die Fledermaus" in der Inszenierung Walter Felsensteins. Seine dritte "Fledermaus"-Inszenierung, aber eine andere, eine neue. Ein Satz in der Rezension der "Täglichen Rundschau", geschrieben von Margaritha Slutzkaja, fällt auf noch einem Abstand von 25 Jahren: "Die Fledermaus" hörte auf, ein harmloser Scherz zu sein, in ihr spielten ironische Noten, funkelten Glanz und Sarkasmus der Komödie über der Welt von Eisenstein, Frank und Rosalinde über die parasitäre Welt satter Müßiggänger und Bonvivants." Das abgesteckte Programm des Hauses hatte sich offenbart in der ersten Premiere und schien verstanden worden zu sein. Vom Publikum, das alle sozialen Schichten einschloß und einbezog. Die Komische Oper war und ist ein Volkstheater, wenn mon darunter auch meint, daß das Theater es versteht, auf hohem künstlerischen Niveau verständliche Interpretationsweisen zu finden, die das gemeinsame Interesse eines breitgefächerten Publikums haben. Das nun ist der Komischen Oper wiederholt vorgeworfen worden. Von jenen, die hinter diesem demokratischen Programm pseudokünstlerischen Demokratismus witterten, weil sie in ihm einen Angriff auf die subjektive Auffassung von Kunst und ihrer Aufnahme sehen. Der Komischen Oper geht es jedoch um Übereinstimmung im Hegelschen Sinne. "Wer sich auf das Gefühl, das inwendige Orakel beruft, ist gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem nichts weiter zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle - mit anderen Worten: Er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen. Die Natur dieser Sache ist, auf Übereinstimmung mit anderen zu dringen." Das Wirken der Komischen Oper ist wie stets auf die Übereinstimnung mit den anderen gerichtet. Damals wie heute.
Unter diesem Aspekt zum Beispiel gesehen, wird die hauseigene Enttäuschung über das keineswegs sehr erfolgreiche Gastspiel 1972 in Wien mit "Hoffmanns Erzählungen" und "Ritter Blaubart" zum Punkt, sich zu besinnen, welche Wertschätzung diese Taten bei unserem Publikum erfahren haben. Im Sinne jener vielschichtig eindeutigen Übereinstimmung. Gastspiele sind nur eine Nachfolgeeinrichtung des Ruhms, den man sich im eigenen Lande, für dieses Land und seine Menschen erworben hat. Wer mächte bei uns allen Ernstes behaupten. der Staub der Jahre habe den Premierenlack von "Ritter Blaubart" oder "Sommernachtstraum" stumpf gemacht? Die Reaktionen des Publikums sind nach wie vor die, die auf großes Theater hin erfolgen. Spontan, frisch.
Solcherart reagierendes Publikum zu erhalten, wird stets das Ziel der Komischen Oper sein. Diese spezifische Sensualität des Theaterzuschauers wird auch in kommenden Jahren durch Entwicklungen in anderen Bereichen des Lebens nicht gemindert werden. Gewiß wird sich das Theater durch neue Erzählweisen diese Spontaneität des Publikums sichern müssen. Aber immer durch Erzählweisen, die ein künstlerisch dichtes theatralisches Abbilden von Lebenswahrheit sind. Dessen darf man sicher sein. Das bewahrt uns das Musiktheater als eine auch künftig berechtigte Kunst. Der gesamte künstlerisch-methodische Beitrag der Komischen Oper ist stets auf dieses Voran, nie auf Abschluß gerichtet. Ihre Methoden sind auf Anwendbarkeit und Modifizierung bedacht, damit auf Entwicklung. Alle variierten und modifizierten Methoden des realistischen Musiktheaters haben sich zur Darstellung der Wahrhaftigkeit einer Werkidee bekannt. Eine breite Grundlage für zukünftige Entwicklung ist damit gegeben. Seien wir uns dessen bewußt, lassen wir diese Bewußtheit stets zum Motor schöpferischer Musiktheaterkunst werden.
Es scheint nur so, als sprächen wir über die Köpfe derer hinweg, die die Wirkungskraft der Komischen Oper garantieren: das künstlerische und technische Personal. Sie, die in einer Sprache zu uns sprechen, die uns berührt, fasziniert, die so beredt ist. Natürlich, keine künstlerische Anstalt ist frei von Disput, Auseinandersetzung im inneren Gefüge. Auch die Komische Oper nicht, "aber ein sicheres Mittel gegen innere Schwierigkeiten besteht auch darin, Unwillen und Unzufriedenheit ein gewisses Maß von Luft zu lassen, soweit das ohne Duldung von allzugroßer Unverschämtheit und Herausforderung geschehen kann", sagte der Materialist Francis Bacon. Ich meine, ein vernünftiges Wort in dieser Situation (S. 1-2).
W. L.
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Komische Oper | |
25 lahre Komische Opervon Wolfgang Lange | Seite 1 |
Zwei junge Sänger setzen sich durchUte Trekel-Burckhardt und Günter Neumannvon Ernst Krause | Seite 4 |
Ausbruch und Aufbruch"Katja Kabanawa" an der Komischen Opervon Wolfgang Lange | Seite 7 |
Gesicht und Wesen einer Ballettcompagnievon Ulrich Pietzsch | Seite 11 |
Partner sein - Optimales anstrebenDer Dirigent Gert Bahnervon Klaus Schlegel | Seite 13 |
Drei Fragen an Kritiker (II):Leo Berg, Werner Gommlich, Klaus Klingbeil, Dieter Kranz, Ernst Krause, Eckart Kröplin, Wolfgang Lange, Ulrich Pietzsch, Gottfried Schmiedel, Manfred Schubert, Walther Siegmund-Schultze | |
Kindertheater | Seite 20 |
Das Schöpferische im Kind und die Rolle, die dabei das Kindertheater spieltvon Ilse Rodenberg | |
Über das Schreiben für KinderErfahrungen und Probleme zweier Autorenvon Heinz Czechowski und Heinz Kahlau | |
Puppentheater | Seite 24 |
Wirkungsabsichten und realistisches Detail im Puppentheatervon Käthe Seelig | |
Ballett-Wettbewerb | Seite 27 |
Prüfstein Varna - VI. BallettwettbewerbBeobachtungen, Informationen, Anmerkungenvon Bernd Köllinger und Hannelore Bey | |
Syrien | Seite 30 |
Eindrücke von einer großen ReiseDas DNT Weimar in Damaskusvon Wolf-Dietrich Voigt | |
Kuba | |
Wie war's in La Habana?Gespräch mit Hannes Fischer über seine Gastinszenierung in Kubavon Irene Böhme | Seite 32 |
Brecht in Kubavon Nati Gonzàlez Freire | Seite 34 |
Brecht | Seite 36 |
Brecht auf Schweizer Bühnenvon Walter Gyssling | |
Inszenierung | Seite 37 |
Noch einmal: »Einzug ins SchioB«von Thomas Wieck | |
Neue Inszenierungen | |
Kleist-Theater Frankfurt (Oder)Singender Sand von Alexander Steinvon Knut Lennartz | Seite 38 |
Städtische Theater LeipzigHexenjagd von Arthur Millervon Manfred Nössig | Seite 39 |
Hans-Otto-Theater PotsdamDer Pflug und die Sterne von Sean O'Caseyvon Ingeborg Pietzsch | Seite 40 |
Mecklenburgisches Staatstheater SchwerinHochzeit in Tomsk von Horst Kleineidamvon Irene Böhme | Seite 41 |
Deutsches Nationaltheater WeimarHamlet von William Shakespearevon Manfred Nössig | Seite 42 |
Festspielhaus BayreuthTannhöuser von Richard Wagnervon Horst Seeger | Seite 42 |
Royal Shakespeare Company Stratford/ LondonEin Sommernachtstraum von William Shakespearevon Martin Linzer | Seite 44 |
Old Vic LondonEines langen Tages Reise in die Nacht von Eugene O'Neillvon Ursula Püschel | Seite 45 |
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Gastspiel des Nationalballetts Kuba in der DDRvon Werner Gommlich | |
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Mariavon Afanassi Salynski Schauspiel in zwei Teilen Deutsch von E. Margolis | |
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Unser Interview mit Andras MikosChefregisseur der Nationaloper Budapest | Seite 68 |
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Neue BücherEugene O'Neill: Dramen, Aufbau-Verlag 1972; Alexej Arbusow: Dramen, Henschelverlag 1972; Lola Debüser: Sowjetische Märchenspiele, Verlag Volk und Welt 1972von Martin Linzer und I. P. | Seite 69 |
Verband der Theaterschaffenden der Deutschen Demokratischen RepublikInformationen | Seite 70 |
Spielplänevom 16. Dezember 1972 - 15. Januar 1973 | Seite 71 |
BesetzungenUr- und Erstaufführungen/ Schauspiel/ Musiktheater/ Tanztheater | Seite 73 |
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Jahresinhaltsverzeichnis | Seite 81 |
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