Heft 07/1976
Vom Umgang mit dem Erbe
Broschur mit 88 Seiten, Format: 200 x 290 mm
ISSN 0040-5418
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Shakespeares »Der Sturm«, Goethes »Torquato Tasso« und nun auch Shakespeares »König Lear«, drei Inszenierungen von Friedo Solter stehen gegenwärtig auf dem Spielplan des Deutschen Theaters Berlin. Dies mag Anlaß sein, über die hier praktizierte Methode der Erberezeption nachzudenken. Hatten doch gerade »Sturm« und »Tasso« in der Kritik heftiges Für und Wider ausgelöst, und immer ging es - bei aller Unterschiedlichkeit der Argumentationen im einzelnen - um das Problem einer unseren Bedürfnissen gemäßen Erbeaneignung, um die Art und Weise, wie das sozialistische Theater mit dem humanistischen Erbe arbeitet. Als Beitrag zu dieser Diskussion könnte gefragt werden, was die kontinuierliche Arbeit eines Regisseurs an methodischen Erfahrungen bei diesen drei ganz verschiedenen Stücken eingebracht hat.
Dabei scheint es nützlich, noch einmal an die Inszenierung von Lessings »Nathan der Weise« zu erinnern, mit der ja Solters Beschäftigung als Regisseur mit dem humanistischen Erbe begann. Dieser Nathan von 1966 in Wolfgang Heinz Darstellung war so ganz anders, als man ihn bisher kannte. Der Nathan in Solters Regie dozierte nicht, ihm fehlte auch das belehrende Pathos, er war kein unantastbarer Heros. Er war ein praktischer Mensch, Geschäftsmann mit Prinzipien, die auf Welt- und Lebenserfahrung beruhten. Dieser Nathan fühlte sich mit dem Publikum im Bunde, er war dessen Partner. Im Spiel auf der Bühne verständigte er sich mit dem Zuschauer über die Möglichkeiten der Bewährung humanistischen Verhaltens in der gesellschaftlichen Praxis.
Mir scheint, daß mit Solters "Nathan"-Inszenierung die Entwicklung einer dialektischen Methode einen entscheidenden Qualitätssprung machte. Eine ihrer Voraussetzungen war die Tatsache, daß das Theater der sechziger Jahre mit einem neuen Zuschauer rechnen mußte, daß es galt, das humanistische Erbe jetzt einem Publikum zu vermitteln, das bereits im realen Sozialismus lebt. Dieses Publikum verfügte über ein bestimmtes geschichtliches Wissen und vor allem über konkrete politisch-soziale Erfahrungen, die es als Rezipient im Theater einzubringen und zugleich zu überprüfen vermochte. Daraus ergab sich eine veränderte inhaltliche AufgabensteIlung, die Solter in der These zusammenfaßte: »Wenn wir nicht an ihren Kämpfen teilnehmen können, werden wir nichts für u n s e r e Kämpfe gewinnen« (TdZ 1/76). Ausgehend vom historisch neuen Standort unserer Gegenwart, befragt er die Werke des humanistischen Erbes nach ihren weiterwirkenden, unerledigten Elementen, die uns für unsere Praxis nützlich sein können. Es geht ihm also weder um einfache Aktualisierung noch um ungerechtfertigte Glorifizierung. Die Produktivität seines Herangehens liegt im Aufspüren und Entwickeln jenes »historischen Sinns«, der zu produktiv-kritischem Genießen im Brechtschen Sinne befähigt. [...].
Aus Gudrun Klatt: Vom Umgang mit dem Erbe. Zu Friedo Solters Klassiker-Inszenierungen, S. 8 (S. 8-9).
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Kunst und Gesellschaft | |
Unser Optimismusoder: Kunst ist nicht Arabeskevon Friedo Solter | Seite 1 |
Vom IX. Parteitag der SEDvon Erich Honecker | Seite 1 |
Vom IX. Parteitag der SEDvon Hans-Joachim Hoffmann | Seite 2 |
Vom IX. Parteitag der SEDvon Willi Sitte | Seite 3 |
Wirklichkeit richtig entdeckenvon Margit Lenk | Seite 3 |
Vernunft und Gefühlvon Manfred Wekwerth | Seite 4 |
Erbaneignung | |
Vom Gebrauch der Macht»König Lear« am Deutschen Theater Berlinvon Ingrid Seyfarth | Seite 6 |
Vom Umgang mit dem ErbeZu Friedo Solters Klassiker-Inszenierungenvon Gudrun Klatt | Seite 8 |
Ein Kaufmann für Belmont»Der Kaufmann von Venedig« am Weimarer Nationaltheatervon Jochen Gleiß | Seite 10 |
Aufbruch in die Idylle?Versuche mit »Leonce und Lena« in Eisleben und Prenzlauvon Martin Linzer | Seite 12 |
Vom Erbe und von ErbenZum Thema auf dem III. Kongreß des Theaterverbandes: »Unser Geschichtsbild und die Aneignung des Erbes«von Adolf Dresen, Armin-Gerd Kuckhoff und Rolf-Dieter Eichler | Seite 15 |
Über die angebliche Wirkungslosigkeit der Klassikervon André Müller | Seite 18 |
Des Zaubers menschlich WirkenWebers »Oberon« an der Berliner Staatsopervon Dietmar Fritzsche | Seite 18 |
Die UnerschütterlichenRepertoire-Opern in vier Inszenierungenvon Wolfgang Lange | Seite 21 |
Regisseure - Klassiker - KonzeptionenPolitische Kunst - poetischer Reichtum (Chr. Pöppelreiter); Die vierte Wand durchbrechen (P. Brähmig); Suchen nach dem realistischen Detail (K. Fiedler)von Christian Pöppelreiter, Peter Brähmig und Klaus Fiedler | Seite 24 |
Theater - Publikum | |
Offen für die Öffentlichkeit (1)Arbeit mit den Zuschauern an der Volksbühnevon Günther Bellmann | Seite 30 |
Wie erreichen wir das Arbeiterpublikum?von Martin Kreutzberg | Seite 32 |
Brecht | |
Brecht im Repertoire (3)»Leben des Galilei« in Leipzigvon Gerhard Ebert | Seite 32 |
Die Welt des Galilei auf der BühneAus Notaten zur Inszenierung Leipzig 1976von Joachim Tenschert | Seite 34 |
Stücke | |
Schockierende LebensbilderStücke von Edward Albee im Volkstheater Rostock und an der Studiobühne der Karl-Marx-Universität Leipzigvon Manfred Pauli | Seite 36 |
Auf der Suche nach sich selbstStücke von Fugard in Potsdam und Schwerinvon Ingeborg Pietzsch | Seite 38 |
Garderobengespräch | |
Garderobengespräch mit Mathilde Danegger(Aufgezeichnet von Peter Ullrich)von Peter Ullrich und Mathilde Danegger | Seite 40 |
Garderobengespräch mit Hans Krämer(Aufgezeichnet von Hans-Jürgen Schneider)von Hans-Jürgen Schneider und Hans Krämer | Seite 44 |
Ballett | Seite 47 |
Vielfalt künstlerischer GestaltungBallettabende in Altenburg, Radebeul, Gera und Halberstadtvon Werner Gommlich | |
Theater und Medizin | Seite 49 |
Arbeitsmedizinische Betreuung für Theaterschaffendevon Mareile Löber | |
Ballett | |
Masereel auf der Ballettbühne»Die Idee« in Leipzig uraufgeführtvon Kurt Petermann | Seite 51 |
Zur Musikvon Peter Herrmann | Seite 52 |
Musical | Seite 53 |
Johann Sebastian als All-Rounder»Die verschwundene Partitur« von Wiesner / Hertel / Spitzer am Landestheater Hallevon Eckart Kröplin | |
Uraufführungen | Seite 54 |
Uraufgeführt in RostockNacht mit Kompromissen von Rainer Kerndl (M. Nössig); Die eigene Haut von Hans Lucke (K.-H. Müller); Erfahrungen mit DDR-Dramatik (E. Zapff)von Karl-Heinz Müller, Eva Zapff und Manfred Nössig | |
Zum Stückabdruck | Seite 58 |
Ein Marx-Stück aus Briefen»Salut an alle, Marx« in Berlin und Hallevon Hans-Rainer John | |
Autorengespräch | Seite 60 |
Hans-Rainer John im Gespräch mit Günter Kaltofen und Hans Pfeiffervon Hans-Rainer John, Hans Pfeiffer und Günter Kaltofen | |
Stückabdruck | Seite 62 |
Salut an alle, MarxEin Stück nach Briefen von Karl und Jenny Marx und Friedrich Engelsvon Hans Pfeiffer und Günter Kaltofen | |
TdZ-Informativ | |
Den 13. Versuch,von - ß | Seite 73 |
Aus unserer Republik | Seite 73 |
Intendantentagungvon Jochen Gleiß | Seite 74 |
Studienfahrt | Seite 74 |
Tagung des ZBNvon Ingeborg Pietzsch | Seite 74 |
Partner | Seite 74 |
Personelles | Seite 75 |
Unterwegs | Seite 75 |
ITI-Seminar in Schildow | Seite 76 |
Die XX. Berliner Festtage | Seite 76 |
Rumänische Theatertage | Seite 76 |
Wie tötet man einen Wolf?von Knut Lennartz | Seite 77 |
Blick über die Grenzen | Seite 77 |
Moskauer Ballettlaboratorium | Seite 78 |
D. T. H. - Ballet noir | Seite 78 |
Bericht aus Londonvon Ossia Trilling | Seite 78 |
AusschnitteMitspieltheater in der UdSSR (In: »Trud«, 25. 4. 76)von I. Skworzow | Seite 80 |
AusschnitteNeumeiers Hamlet-Ballett (In: »Newsweek«)von Hubert Saal | Seite 80 |
Briefevon Werner Kiesewetter | Seite 80 |
Briefevon Lena Foellbach | Seite 81 |
Bücher | Seite 81 |
Spanische Stücke, hgg. von Wolfgang SchuchtHenschelverlag Berlin 1976, 552 S., 15,- Mvon Ingeborg Pietzsch | |
Theaterarbeit in Lateinamerika. Material zum Thealer Nr. 81Hg. Verband der Theaterschaffenden der DDR, 140 Seiten, 3,50 Mvon Ingeborg Pietzsch | |
Hochschulschriften | |
Soeben erschienen: Hugo Huppert. Ungeduld des Jahrhunderts - Erinnerungen an MajakowskiReihe dialog, Henschelverlag Berlin 1976, 224 S., 6,- M | |
Soeben erschienen: Zwei Stücke (E. A. Whitehead: Alpha Beta, Barry Hines: Der Teilhaber)»Volk und Welt Spektrum« 81, Berlin 1975, 134 S., 2,80 M | |
Premieren | Seite 82 |
Vom 16. Juli bis 15. August 1976 | |
Spielpläne | Seite 82 |
Vom 16. Juli bis 15. August 1976(Die nicht aufgeführten Theater haben Ferien) | |
Besetzungen | Seite 82 |
Ur- und Erstaufführungen / Schauspiel / Musiktheater / Tanz | |
Inhalt | Seite 88 |
Autoren | Seite 88 |
Impressum | Seite 88 |
Günther Bellmann
Peter Brähmig
Mathilde Danegger
Adolf Dresen
Gerhard Ebert
Rolf-Dieter Eichler
Klaus Fiedler
Lena Foellbach
Dietmar Fritzsche
Jochen Gleiß
Werner Gommlich
Peter Herrmann
Hans-Joachim Hoffmann
Erich Honecker
Hans-Rainer John
Günter Kaltofen
Werner Kiesewetter
Gudrun Klatt
Hans Krämer
Martin Kreutzberg
Eckart Kröplin
Armin-Gerd Kuckhoff
Wolfgang Lange
Margit Lenk
Knut Lennartz
Martin Linzer
Mareile Löber
André Müller
Karl-Heinz Müller
Manfred Nössig
Manfred Pauli
Kurt Petermann
Hans Pfeiffer
Ingeborg Pietzsch
Christian Pöppelreiter
- ß
Hubert Saal
Hans-Jürgen Schneider
Ingrid Seyfarth
Willi Sitte
I. Skworzow
Friedo Solter
Joachim Tenschert
Ossia Trilling
Peter Ullrich
Manfred Wekwerth
Eva Zapff
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