![Theater der Zeit 09/1997 Theater der Zeit 09/1997](https://assets.theaterderzeit.de/img/Magazine/346/Sep_Okt_single.jpg)
Heft 09/1997
Spezial: Theaterskizzen
Insert zur Documenta X vom 5. bis 7. September 1997
Broschur mit 96 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Theaterleute arbeiten in einem Metier, in dem der Begriff der Skizze nicht oder kaum gebräuchlich ist. Der Skizze in der Malerei zum Beispiel haftet Flüchtigkeit an, sie macht die Zeit ihrer Produktion noch sichtbar. Im Spannungsfeld zu ausgeführten Teilen, wie beispielsweise in Gemälden von Picasso, deutet sie auf Künftiges, noch zu Erstellendes. Im Theater hingegen ist diese Erfahrung von Zeit so nicht gegenwärtig. Worin kann man also in einem positiven Sinne das Skizzenhafte des Theaters sehen?
Der Begriff des work in progress, der vielleicht am ehesten als Synonym für Skizze gelten kann, spielte für die Rezeption der Ästhetik des zeitgenössischen Theaters eine wichtige Rolle, indem er auf das Unfertige als ästhetische Qualität hinwies, auf das bewußt Offengelassene als Aufforderung an den Zuschauer, dieses mit eigener Phantasie und Wissen zu füllen. Dennoch setzt genau das voraus, daß der Arbeitsprozeß an ein Ende gelangt ist, ein - wenn auch nur vorläufiges - "Fertiges" vorhanden ist. Die theatrale Präsentation kennt keine Form, in der Entwurf, bereits Realisiertes und Künftiges als unterschiedliche Stadien von Arbeit gleichzeitig vorhanden sind.
Alle zu den "Theaterskizzen " eingeladenen Künstler haben positiv auf diese Herausforderung reagiert, indem sie den Begriff der Skizze in ihrem Sinne für das eigene Tun fruchtbar zu machen suchten. Sei es als Möglichkeit, offene Anschlüsse zu formulieren und Fragmente in die Arbeit mit hineinzunehmen (Goebbels), sei es, um die beschleunigte Produktion selbst mit zum Thema zu machen (Pucher/Gob Squad) oder um einen ersten Entwurf für ein Künftiges vorzustellen Lauwers).
Mit der Einladung zu den "Theaterskizzen" war die Aufforderung verbunden, für die documenta X zu produzieren, also keine Aufführungen mitzubringen, die anderswo schon zu sehen waren. Dadurch, daß sich die Künstler von der documenta X inspirieren ließen, entstand ein vielfältiger theatraler Diskurs, der mit der Ausstellung verbundene Themen und Fragen aufgreift und weiterdenkt. Zum Beispiel: wie stark ist Theater an einen zeitlichen Rahmen gebunden? Im Unterschied zur Inszeniertheit der Ausstellung strukturiert die Inszeniertheit theatraler Vorgänge auf einer Bühne die Zeit ihrer Wahrnehmung, wie sie auch in den meisten Fällen die Richtung des Blicks diktiert. Gleichwohl wäre aber die freischwebende Aufmerksamkeit des Flaneurs eine gegenüber dem Theater angemessene Haltung. In welcher Weise reagiert Theater auf vorgefundene Räume, bzw. solche, die sich in den Parcours der documenta X integrieren lassen und die keine genuinen Theaterräume sind, oder anders formuliert: wie definiert sich Theater außerhalb des Theaters? Wie verhandelt Theater aktuelle Themen, die auf der documenta X präsent sind, wie beispielsweise die Verbindung von Kunst und Politik, die mit der Domi,nanz der Neuen Medi en verbundene Körperlosigkeit oder das Verhältnis von Erinnerung und Geschichte? Zudem wird die Frage formuliert: was ist in diesem Kontext das Unverzichtbare an Theater.
Nicht zuletzt bestimmte die Aufforderung zu einer Skizze weitgehend den diesem Heft zugrundeliegenden Schreibprozeß. In Gesprächen mit den einzelnen Künstlern gab es Hinweise, Andeutungen auf das, was folgen wird, vorsichtige Annäherungsversuche. In diesem Sinne sind die meisten der hier abgedruckten Essays als Versuch zu sehen, diese Annäherungen mit nachzuvollziehen und gleichzeitig Verbindungen herzustellen zu früheren Arbeiten der einzelnen Künstler oder zu unterschiedlichen Kontexten, die in den Gesprächen aufschienen.
Betinna Masuch / Christel Weiler
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Gespräch | |
"Theater ist wunderbar und unentbehrlich"Dieter Görne, Intendant des Staatsschauspiels Dresden, im Gespräch mit Nikolaus Merckvon Nikolaus Merck und Dieter Görne | Seite 4 |
Mehr Funken schlagenDer Bremer Generalintendant Dr. Klaus Pierwoß im Gespräch mit Stefan Grundvon Stefan Grund und Klaus Pierwoß | Seite 8 |
Kommentar | Seite 10 |
Rationellere Strukturen schaffenÜber die Bremer Strukturreformkommissionvon Ulrich Fuchs | |
Theaterreport | Seite 12 |
GrenzverkehrTheater in Straßburgvon Barbara Engelhardt | |
Porträt | Seite 18 |
"Ich bin kein Mann der Keule"Über den Schauspieler und Regisseur Matthias Brennervon Jörg Mihan | |
Essay | |
Die Schaubühne als narkomanische Anstaltvon Vladimir Sorokin | Seite 24 |
Verteidigung der Wörtervon István Eörsi | Seite 26 |
Ausland | |
Ungebrochener IdealismusFILO - Ein Theaterfest in Brasilienvon Uta Atzpodien | Seite 30 |
Schnittstellen: East meets WestTreffpunkt Finnlandvon Barbara Engelhardt | Seite 34 |
Theater in seinem europäischen Ursprungslandvon Fotini Mavromati | Seite 39 |
Diebe kommen bei NachtKulturpolitik in der Slowakeivon Martin Porubjak | Seite 43 |
Oper und Tanz | Seite 46 |
Das schöne Tier - ein Theaterleben"Lulu" im gegenwärtigen Musik- und Tanztheatervon Nora Eckert | |
Kinder- und Jugendtheater | Seite 50 |
Im Spaziergang mit dem PublikumTristan Berger, scheidender Intendant des Thalia Theaters Halla, im Gespräch mit Igeborg Pietzschvon Tristan Berger und Ingeborg Pietzsch | |
Theaterwissenschaft | Seite 55 |
Mir Arsen und spitzen Schräubchenvon Antje Budde | |
Auftritt | |
Globe-TheatreLondonvon Wilfried Passow | Seite 59 |
VolkstheaterMünchenvon Wilfried Passow | Seite 60 |
Saison-RückschauLübeckvon Hermann Hofer | Seite 62 |
"Leben und Tod König Richard des Dritten"Hallevon Klaus Baschleben | Seite 63 |
"Strobart" / "Rauhtier"Hallevon Matthias Frede | Seite 64 |
"Brecht-Fragmente"Berlinvon Stefan Mahlke | Seite 65 |
"Die Heimarbeiterin"Berlinvon Ricarda Bethke | Seite 66 |
"Wüsten der Liebe"Braunschweigvon Martin Linzer | Seite 68 |
"Lulu"Stuttgartvon Jens Knorr | Seite 69 |
"Tannhäuser"Dresdenvon Nora Eckert | Seite 70 |
"Undine" / "Albert Herring"Rheinsbergvon Michael Mans | Seite 71 |
Premierenkalender | Seite 75 |
September / Oktober | |
Spezial: Theaterskizzen auf der documenta X | Seite 81 |
Insert | |
Stück | |
Der SprungLibretto von Thomas Braschvon Georg Hajdu | Seite 83 |
DER SPRUNGBeschreibung einer Opervon Thomas Brasch | Seite 84 |
Magazin | |
Jugendtheaterfestival am Royal National Theatre in Londonvon Henning Hoff | Seite 86 |
World Interplay '97von Alexander Fangauf | Seite 86 |
TRANSEUROPA 97 in Hildesheimvon Mario Stumpfe | Seite 87 |
"... denn die Liebe"von Anna Wenzel | Seite 88 |
Fast wie im richtigen LebenPuppentheaterfestival in Erfurtvon Hartmut Mechtel | Seite 89 |
Kindertheater in Heilbronnvon Barbara Engelhardt | Seite 90 |
BücherIstván Eörsi: Tage mit Gombrowicz. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 1997, 338 S.von Martin Linzer | Seite 91 |
BücherPeter Jarchow/Ralf Stabel: Paluca - aus ihrem Leben - Über ihre Kunst, Henschel Verlag, Berlin 1997, 144 S.von Frank Kämpfer | Seite 91 |
BücherBernd Ullrich: nachgefragt, Gerhard Meyer - ein Leben im Theater, Berlin 1997, 150 S.von Martin Linzer | Seite 92 |
BücherBernd W. Wessling, Wieland Wagner, der Enkel. Eine Biographie. Tonger Musikverlag, Köln 1997, 445 S.von Nora Eckert | Seite 92 |
Bücher"Spielplatz 10", Hg. von Marion Victor, Verlag der Autoren, Frankfurt/M., 277 S.von Ingeborg Pietzsch | Seite 92 |
Meldungen | Seite 93 |
Kolumne | Seite 95 |
Mächtig gewaltig, EgonDie Olsenbande erobert nun auch die Bühnevon Martin Linzer | |
Autoren | Seite 96 |
Impressum | Seite 96 |
Uta Atzpodien
Klaus Baschleben
Tristan Berger
Ricarda Bethke
Thomas Brasch
Antje Budde
Nora Eckert
Barbara Engelhardt
István Eörsi
Alexander Fangauf
Matthias Frede
Ulrich Fuchs
Dieter Görne
Stefan Grund
Georg Hajdu
Hermann Hofer
Henning Hoff
Frank Kämpfer
Jens Knorr
Martin Linzer
Stefan Mahlke
Michael Mans
Fotini Mavromati
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