Heft 02/2004
Schwerpunkt Tanz und Migration
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Die anderen sind schon da. Deutschland tut sich schwer: Wie viele sollen wir denn jetzt reinlassen und vor allem, wen eigentlich genau? Greencard für Computerfachleute, Nachzug für Angehörige in Deutschland lebender Türken oder politisches Asyl? Die Gesetzgeber streiten nach wie vor um ein umfassendes Einwanderungsgesetz, und zeitgleich entspinnt sich ein neuer Streit mit denen, die schon (lange) da sind. Sprechen wir nun von Integration oder verlangen wir bedenkenlose Assimilation? Ist ein Kopftuch ein religiöses oder gar ein politisches Zeichen?
Das Andere, das Fremde war seit jeher Angstprojektion, Faszinosum, Vorurteilsträger und Sehnsucht zugleich. Und oft waren es Künstler, die diesen ambivalenten Gefühlen zuerst Ausdruck verliehen. Vor allem Musik und Bildende Kunst sind ohne die Einflüsse aus anderen Kulturen heute nicht mehr vorstellbar. Das Theater dagegen schien immer schon die isolierteste und nationalistischste Form der Kunst zu sein; wäre da nicht die ethnisch bunt durchmischte Nische des Tanzes. Constanze Klementz und Franz Anton Cramer gehen für TdZ auf Entdeckungsreise zum Thema Tanz und Migration, führen historische Aspekte und Entwicklungen auf, geben zeitgenössische Beispiele für die Durchmischung der Kulturen und die daraus entstehenden Innovationen innerhalb des Tanzes. Doch auch in ihrem Essay und in den Interviews mit den Choreografen Akram Khan und Padmini Chettur wird deutlich, dass sich der westliche Blick noch nicht gänzlich vom Vorwurf des Kolonialismus, vom Kulturimperialismus, der lediglich das Exotische jagt, befreien konnte.
Das Stuttgarter Europa-Theater-Treffen stand im letzten Dezember unter dem Motto "Afrika (be)trifft Europa". Mit vielen Gastspielen afrikanischer Theatergruppen und den Kontinente und Kulturen überwindenden Arbeiten von Peter Brookund Henning Mankell versuchte man Kontakte zu knüpfen, Unbekanntes näher zu bringen, neue Perspektiven zu eröffnen.
Neue Perspektiven für die Theater erhofften sich auch jene Politiker, die die schrumpfenden Kulturetats durch Häuserfusionen entlasten wollen. Und doch steht so mancher Intendant dem neuen Zwangspartner so hilflos gegenüber, als sei man dem leibhaftig Fremden und Anderem begegnet. Denn auch was scheinbar nahe liegt, ist nicht zwangsläufig und problemlos kombinierbar. Andreas Hillger hat sich in den Fusions- und Kooperationsdschungel Ostdeutschlands begeben, zeigt Möglichkeiten und Probleme dieser Vereinigungsprojekte auf.
Auch Armin Petras, Kolumnist dieser Ausgabe, hat schon des öfteren miterlebt, wie sich so eine Umstrukturierung oder Schließung am eigenen Leib anfühlt. Innerhalb der blühenden (ost)deutschen Landschaften wurde in so manchem Theater kopflos Brandrodung und Kahlschlag betrieben. Dem gegenüber stellt Petras einen Seitenblick auf chronisch unterfinanzierte, dafür jedoch hochmotivierte ausländische Theaterprojekte. Ein Blick in die Zukunft des deutschen Stadttheatersystems? Mehr Eigenverantwortung und privates finanzielles Engagement wie bei der Renten- und Krankenversicherung? Hoffentlich nicht! Ist dem Theater an Ihrem Wohnort nicht einmal mehr mit einer Patenschaft für die Bestuhlung zu helfen, da man es schon weggespart hat? Ja, dann lesen Sie doch mal wieder ein Buch, bauen Sie sich Ihr eigenes Kopftheater mit den Stücktexten von Armin Petras' Lieblingsautor Fritz Kater, welche jüngst unter dem Titel "Ejakulat aus Stacheldraht" bei TdZ erschienen sind.
Um den anderen Blick ging es auch bei dem Symposion "Schnittstelle Theater. Die Bühne und die Medien" im Januar an der Berliner Volksbühne. Seit Aufkommen des Films werden die damit verbundenen Konsequenzen für das Theater diskutiert, und auch nach über IOO Jahren erregt dieses Thema nach wie vor die Gemüter von Theatermachern, -gängern und -theoretikern. TdZ druckt den von Jens Roselt auf dem Symposion gehaltenen Vortrag "Theater souverän".
Der beste Weg, das Andere zu akzeptieren, unbefangen mit ihm umzugehen, war schon immer, sich seiner selbst bewusst zu sein.
Die Redaktion
Jörg Buddenberg
Otto Paul Burkhardt
Karin Cerny
Franz Anton Cramer
Anja Dürrschmidt
Jon Fosse
Annett Gröschner
Stefan Grund
Markus Häfner
Ludwig Haugk
Andreas Hillger
Stefan Hilpold
Morten Kansteiner
Hella Kemper
Constanze Klementz
Martin Linzer
Nikolaus Merck
Bert Papenfuß
Nina Peters
Armin Petras
Dirk Pilz
Patrick Primavesi
Jens Roselt
Axel Schalk
Holger Teschke
Tore Vagn Lid
Hugo Velarde
Dagmar Walser
Katja Werner
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