Heft 12/2005
Markanter Auftakt
Bochum, Berlin, Essen und Heidelberg
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Das Schweigen der Intellektuellen Vor zehn Jahren, am 30. Dezember 1995, starb Heiner Müller. Am selben Tag stand seine "Arturo Ui"-Inszenierung auf dem Programm des Berliner Ensembles (weil Schleefs "Puntila"-Premiere abgesagt worden war), und unvermutet gerieten so einige Sätze Brechts zum ersten, eigentlichen Nekrolog auf Müller: "Man wird warten, daß / Ignatius Dullfeet nunmehr spricht. [...] s'ist, als ob der Stadt Gewissen / Gestorben wär. Denn von uns schied ein Mensch / Uns sehr zur Unzeit." Zum zehnten Todestag Müllers druckt TdZ in dieser Ausgabe das Stück "100 Fragen an Heiner Müller. Eine Seance" von Thomas Oberender und Moritz von Uslar, das am Berliner Ensemble in der Regie von Philipp Tiedemann zur Uraufführung kommen wird.
Darauf, dass Ignatius Dullfeet wieder spricht, wartet man seit Müllers Tod in der Tat. Der Posten eines Künstlers und Intellektuellen, der die Zeitläufte so gewichtig zu kommentieren vermochte wie Heiner Müller und sich dabei noch einer größeren Öffentlichkeit sicher sein konnte, ist seitdem vakant. Allenfalls Botho Strauß ruft ab und an aus der Uckermark einen Einspruch herüber, der für einen Moment die medial übersättigte Gesellschaft zu einem kurzen Hinhören zwingt. Der Skandal ist nicht, dass im vergangen Wahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen Kunst und Kultur quasi keine Rolle spielten; der Skandal liegt bei den Künstlern und Intellektuellen selbst, die sich nicht selbstbewusst und jenseits der eigenen Interessen zu Wort meldeten, um sich so die Aufmerksamkeit der Politik gleichsam zu erzwingen.
In Polen ist mit der Wahl Lech Kaczynskis zum Präsidenten ein Rechtsruck offenkundig geworden, und hier immerhin formieren sich die Künstler zu einer Opposition. Der polnische Regisseur Krystian Lupa schrieb für TdZ einen Essay, in dem er den von jeher schwierigen Dialog zwischen Künstlern und Politikern auf die grundsätzlich unterschiedlichen Lebens- und Weltentwürfe zurückführt. Er weist jedoch auch nachdrücklich auf die Notwendigkeit eines solchen dialektischen Dialogs zwischen Kunst und Politik hin. Der englische Regisseur Simon McBurney, den TdZ anlässlich seines Deutschland-Gastspiels im Dezember mit seiner Inszenierung von Shakespeares "Maß für Maß" gesprochen hat, sieht es ähnlich, wenn er einerseits die Rolle der Künstler in politisch schwierigen Zeiten hervorhebt, andererseits der Angst Ausdruck verleiht, "überhaupt keinen gesellschaftlichenEinfluss üben zu können."
In Deutschland handelt der Dialog zwischen Künstlern und Politikern zumeist von Geld. Der Diskurs über Kunst und Qualität gerät so sehr schnell in einen Diskurs über bloße Quantitäten. TdZ berichtet weiter aus Bremen, wo ein Stadttheater zunächst einmal leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurde, da nicht alle Zahlen allen dasselbe sagten. Jenseits aller Zahlen wird aber auch noch Theater gespielt, das ist die beste Nachricht aus Bremen. An der Berliner Schaubühne hat die schrittweise Trennung von Sasha Waltz & Guests allerdings nicht nur finanzielle Gründe. TdZ beleuchtet die Auseinandersetzung zwischen Tanz und Schauspiel in Gesprächen mit Thomas Ostermeier und Jürgen Schitthelm sowie Sasha Waltz und Jochen Sandig. Und wir berichten über Neustarts: In Essen, Bochum, Heidelberg und am Berliner Theater an der Parkaue wollen neue Intendanten für neuen Schwung sorgen. Ob und wie das gelang, das ist in dieser Ausgabe nachzulesen.
Frohe Weihnachten und einen guten Jahreswechsel wünscht
die Redaktion
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Felizitas Ammann
Wolfgang Behrens
Otto Paul Burkhardt
Christiane Enkeler
Hermann Götz
Simone Kaempf
Constanze Klementz
Heinz Kluncker
Ralf-Carl Langhals
Martin Linzer
Krystian Lupa
Thomas Oberender
Anne Peter
Nina Peters
Dirk Pilz
Alexander Schnackenburg
Willibald Spatz
Alexander Stillmark
Lutz Stirl
Tine Rahel Völcker
Moritz von Uslar
Christine Wahl
Hans-Christoph Zimmermann
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