Heft 06/2007
Schwarzseherei und Verrat
Der Regisseur Martin Kušej im Gespräch
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Der alte Traum vom selbstbestimmten Arbeiten Wer eine Prognose wagen möchte über die Zukunft der deutschen Theaterlandschaft, kann sich beispielsweise mit Wolfgang Schneider unterhalten. Schneider, Professor für Kulturpolitik in Hildesheim und Mitglied der Enquête-Kommission im Deutschen Bundestag, hat in den vergangenen Jahren in einer Runde von elf Bundestagsabgeordneten und elf Berufenen evaluiert und prognostiziert, was die Kultur hierzulande hergibt. Im Herbst soll ihr Papier im Bundestag zur Diskussion gestellt werden, und man kann nur hoffen, dass kulturferne Bundestagsabgeordnete sich auf Detailfragen einlassen. Die Theaterszene wird in Zukunft vielfältigere Produktionsformen herausbilden, und die Stadt- und Staatstheater können sich möglicherweise nur halten, wenn sie freiere Arbeitsweisen praktizieren. Dass Deutschland ein Land mit einer gewachsenen Landschaft an Institutionen ist, die es zu erhalten gilt, stellt jedoch auch Schneider nicht in Frage.
Holm Friebe und Sascha Lobo tun das auch nicht. Sie haben zwar mit „Wir nennen es Arbeit" ein Hohelied auf die „digitale Intelligenz" als Avantgarde der Arbeitsgesellschaft geschrieben. Die „digitale Intelligenz" verzichte dankend auf einen Anstellungsvertrag, so Friebe und Lobo, „und verwirklicht mittels neuer Technologien den alten Traum vom selbstbestimmten Arbeiten". Mithilfe des Internets erreichen sie Beschäftigung und Identität, mit Werbebannern auf ihren Websites, mit Ideen, die sie Konzernen verkaufen, erwirtschaften sie ihr Einkommen. Doch selbst Holm Friebe und Sascha Lobo stellen die gewachsenen Strukturen der überkommenen Institutionen nicht in Frage. Denn ohne diese Institutionen als Gegenpol ist auch ihre freie, selbstbestimmte Arbeitsweise nicht denkbar.
TdZ porträtiert und diskutiert in dieser Ausgabe mehrere freie Spielstätten: Angefangen mit dem Living Theatre in New York, der Mutter der internationalen Freien Szene. Auf der Lower East Side hat das Traditionstheater ein neues Haus bezogen, und zwar, wie Kathrin Tiedemann, Künstlerische Leiterin des FFT in Düsseldorf, und Janine Hüsch finden, „mit einer alten, bestürzend aktuellen Inszenierung". In Deutschland dagegen konkurrieren Stadttheater, die zur Auffrischung der Spielpläne zusätzliche Reihen initiieren und zur Finanzierung dessen mit der Freien Szene um die gleichen Fördertöpfe konkurrieren. Heike Albrecht, zukünftige Leiterin der Berliner Sophiensæle (s. auch die Buchveröffentlichung „Spielräume produzieren. Sophiensæle", Theater der Zeit, 2006), und ihr Dramaturg Jan-Philipp Possmann haben im Gespräch die Funktionsweisen der Freien Szene diagnostiziert und für das Porträt von Constanze Klementz ein grobes Profil ihrer zukünftigen Arbeit entworfen. Die Arbeit von Gordana Vnuk, der hartnäckigen und kompromisslosen Dame der Freien Szene, Leiterin von Kampnagel, haben unsere Hamburger Korrespondenten Stefan Grund und Klaus Witzeling porträtiert. Vnuk gibt die Leitung an Amelie Deuflhard ab, die von den Berliner Sophiensælen nach Hamburg wechselt.
Mit einem Porträt des TESLA in Berlin beschließt TdZ den Freie-Szene-Reigen - und setzt im Editorial noch einen drauf: Im Berliner Theater unterm Dach, seit Jahren von der unermüdlichen Liesel Dechant geleitet, gab es jüngst ein wunderbares Projekt mit einer Schauspielerin, Natalie Schuh, in der Regie von Tina Küster (textmarker) zu sehen. Eine kleine, kraftvolle, melancholische Studie nach einem Text von Véronique Olmi, gezeigt an einem Ort, der mit Gruppen um die Regisseure Anja Gronau, Marcel Luxinger, Susanne Truckenbrodt oder Astrid Griesbach eine wichtige Initialzündung für die Freie Szene war. Jetzt drohen Kürzungen, die die zukünftige Arbeit gefährden. Man muss kein Prophet sein um zu wissen, was das für die künstlerische Arbeit bedeutet.
Alles Gute für den Sommer - und auch für die Zeit danach - wünscht
die Redaktion
David Baltzer
Wolfgang Behrens
Hans-Friedrich Bormann
Verena Brehm
Michael Brommer
Penelope Chatzidimitriou
Franz Anton Cramer
Tina Fibiger
Stefan Grund
Carl Hegemann
Stefan Hilpold
Janine Hüsch
Sebastian Kirsch
Constanze Klementz
Martin Kušej
Martin Linzer
Thomas Melle
Peter Michalzik
Nina Peters
Dirk Pilz
Alexander Schnackenburg
Lena Schneider
Gerald Siegmund
Willibald Spatz
Holger Teschke
Kathrin Tiedemann
Ariane von Graffenried
Klaus Witzeling
Hans-Christoph Zimmermann
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