Heft 01/2012
Kunst und Klima
Künstler, rettet die Welt!
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 280 mm
ISSN 0040-5418
Das Jahr 2012 bricht an und die Nachrichten werden nicht besser. Zumindest was das Wetter betrifft. 200 Millionen Klimaflüchtlinge verzeichnet der Klimareport der Vereinten Nationen derzeit. Seltsamerweise geht eine der entscheidenden Katastrophen der Epoche mehr oder minder spurlos an den deutschen Theatern vorbei. Theater der Zeit hat das Gespräch mit der Performerin Anna Mendelssohn, dem lunatiks-Regisseur Tobias Rausch sowie dem Architekten und Ausstellungsmacher Friedrich von Borries gesucht, um zu ergründen, warum der angeblich so sensible Seismograf Theater wie ein toter Hund alle viere von sich streckt, wenn es um das Zukunftsthema Nummer eins geht. Laboratorium ökologischer Phantasien ist dieser Schwerpunkt übertitelt. Flankierend porträtiert Ute Müller-Tischler den argentinischen Künstler-Architekten Tomás Saraceno, dessen artistisches Credo gerade angesichts der sich abzeichnenden Klimakatastrophe mehr Mut zum Träumen fordert. Der Traumbogen avisiert ein neues Schlaraffenland - eine schwebende Stadt ohne Energieverbrauch plus niemals versiegende Nahrungsquellen. Saraceno: „Wir reisen alle auf einem kleinen Fleck von kosmischem Staub, unserem Planeten Erde, mit seinen vielen Städten. Mit dem fortschreitenden Projekt des interplanetaren Internets und mit Hilfe sich schnell entwickelnder genetischer Technologien werden wir vielleicht schon bald anderen Raum-Schiff-Erden auf kosmischen Wolken begegnen!"
Dass mit der Kraft der Imagination das Rettende wächst, erfuhr Sebastian Kirsch bei dem neuen Installationstheaterevent von Showcase Beat Le Mot zum - wie passend - „Theater der Natur und Kunst". Für den Barockexperten Kirsch verbindet sich der Abend zu einer Kombination aus Late-Night-Show mit einem kühnen Theaterspielplan des Philosophen Leibniz: „Die Darbietungen könnten die Laterna Magica sein, sowie Flüge, künstliche Meteoriten, alle Arten optischer Wunder, eine Darstellung des Himmels und der Sterne. Kometen. Ein Globus wie jener in Gottorf oder Jena; Feuerwerke, Wasserspiele, ungewöhnlich geformte Schiffe, Alraunen und andere seltene Pflanzen. Ungewöhnliche und seltene Tiere. Die Königliche Manege. Tiergestalten. Der königliche Pferderenn-Automat. Eine Verlosung. Darstellungen von Kriegshandlungen." Bei Letzterem lohnt es sich, die Schauspielerin Julia Bartolome zu engagieren, welche die Bahnen unserer Vorstellungskraft selbst dann noch leichtfüßig ausschreitet, wenn es durch Shakespeare'sche Blutsümpfe geht. Frank Raddatz zeigt sich beeindruckt und schrieb ein Porträt, in dessen Verlauf Nürnbergs Protagonistin sich zum Scanning auf der ihr eigenen Schräge bereit erklärt.
Während die Kunst den Weg in die Zukunft in den Wirren des Unmöglichen sucht, erhofft man auf europäischer Ebene das Heil vom Götzen Marketing. Herwig Levy analysiert den Kulturbegriff der Europäischen Kommission. Auf dem Brüsseler Schauplatz prallt das neoliberale Lager der Kreativwirtschaftler auf eine um die Leiste der Lebensqualität gescharte Fraktion entschlossener Widerständler. Noch ist das Schicksal dieser Schlacht offen, und das Schöne ist: Jeder, dem das Morgen der Kunst am Herzen liegt, kann daran teilnehmen. Mehr bei Levy.
Nicht zu unserer Zukunft, wohl aber zu unserer Gegenwart gehört der skandalöse braune Terror, dessen Verflechtungen mehr und mehr an den Tag kommen. Verschiedene Theater aus Städten, in denen die Mordtaten geschahen, nehmen Stellung zum Unfassbaren.
Um mit Erfreulichem zu enden: Wir begrüßen mit dieser Ausgabe als neuen TdZ-Kolumnisten den Autor Nis-Momme Stockmann und hoffen auf eine erfüllende Zusammenarbeit.
Die Redaktion
Artikel | Seite |
---|---|
Artikel | Seite |
Thema | |
KünstlerinsertInstallationen von Tomás Saraceno | Seite 4 |
Fliegende Städte Laboratorium ökologischer Phantasien I:Der argentinische Künstler-Architekt Tomás Saraceno entzieht uns den Boden unter den Füßen und zeigt den einzigen Ausweg, den wir noch haben – unsere Vorstellungskraftvon Ute Müller-Tischler | Seite 8 |
Wege ins Unmögliche Laboratorium ökologischer Phantasien II:Das Klima kollabiert und das Theater sieht weg. Dabei kann uns nur das Unmögliche noch retten...von Dorte Lena Eilers, Frank M. Raddatz und Anna Viebrock | Seite 14 |
Debatte | Seite 18 |
Unter unsRechtsradikalismus ist mehr denn je ein massives Problem in Deutschland. Das kann das Theater nicht unberührt lassen. Theatermacher beziehen Position | |
Protagonisten | |
Wo die Sonne tönt nach alter WeiseAm Theaterhaus Jena eröffnet die vierte Generation die Spielzeit mit Goethes „Faust“ und probt Klassik als subversiven Aktvon Frank Quilitzsch | Seite 24 |
Kein TheatermuseumDas Südthüringische Staatstheater Meiningen hat keine Lust, sich mit der Vergangenheit zufrieden zu geben – trotz des in lupenreinem Klassizismus generalsanierten Gebäudesvon Gunnar Decker | Seite 27 |
Lächeln, Morden, Lächeln!Im Galopp über die Klaviatur der Entgrenzung – die Schauspielerin Julia Bartolome im Porträtvon Frank M. Raddatz | Seite 30 |
Debatte | Seite 34 |
Under constructionTheater sind Kunstorte, die sich immer wieder neu definieren müssen. Ein Plädoyer für den Umbau des Theaters zum Laboratoriumvon Amelie Deuflhard | |
Aktuelle Inszenierung | Seite 36 |
Alchemie in Zeiten von IkeaMit „Alles“ bauen die Performer von Showcase Beat le Mot eine faszinierende Theaterwunderkammer ins Berliner HAUvon Sebastian Kirsch | |
Look Out | |
In Terence Hills H4 WorldWie die Berliner Performancegruppe copy & waste durch fehlerhaftes Kopieren neue Einsichten gewinntvon Anna Opel | Seite 38 |
Kein KasimirWie der ungarische Schauspieler und Regisseur Csaba Polgár die Demokratie auf ihre Funktionstüchtigkeit untersuchtvon Lena Schneider | Seite 39 |
Ausland | Seite 40 |
Ins Netz, Kreativindustrien Europas!Die Europäische Kommission in Brüssel sucht nach Perspektiven für die Kulturpolitik – und verliert dabei den Künstler in den Wirren der Digitalisierungvon Herwig Lewy | |
Kolumne | Seite 43 |
In Memoriam BaturaÜber indisches Brot und die Jahrhundertkatastrophe in Fukushimavon Nis-Momme Stockmann | |
Auftritt | |
Baden- Baden: Von Bestien umgebenTheater Baden-Baden: „Die Macht der Gewohnheit“ von Thomas Bernhard. Regie Irmgard Lange, Ausstattung Volker Walthervon Otto Paul Burkhardt | Seite 44 |
Bamberg: Der Feldherr als TodesphilosophE.T.A.-Hoffmann-Theater: „Macbeth“ von William Shakespeare. Regie Irmgard Lange, Ausstattung Volker Walthervon Frank M. Raddatz | Seite 45 |
Cottbus: Komm, Ende der Mühen!Staatstheater Cottbus: „Die Orestie“ von Aischylos. Regie Christian Schlüter, Ausstattung Jürgen Höthvon Mirka Döring | Seite 46 |
Freiburg: Gewalt der SchöpfungTheater Freiburg: „Das große Welttheater“ von Pedro Calderón de la Barca und Carles Santos. Regie Calixto Bieito, Bühne Rebecca Ringst, Kostüme Ingo Krüglervon Bodo Blitz | Seite 47 |
Paderborn: Der Zahn des DrachensTheater Paderborn: „Das weiße Zimmer/ Long Ya“ (UA) von Andreas Sauter. Regie Maya Fanke, Bühne Wolfgang Menardi, Kostüme Zhan Qiangvon Christine Adam | Seite 48 |
Rostock: Mach mir den Aust!Volkstheater: „Über die Möglichkeiten der Punkbewegung“ (UA) von Oliver Kluck. Regie Sonja Hilberger, Ausstattung Holger Gretlervon Gunnar Decker | Seite 49 |
Wien: So weit sind wir gekommenBurgtheater: „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi. Regie Matthias Hartmann, Ausstattung Johannes Schützvon Margarete Affenzeller | Seite 50 |
Wien: Noch Fragen?theatercombinat: „dominant powers. was also tun?“ (UA) von Claudia Bossevon Andrea Heinz | Seite 51 |
Stück | |
Ein artikulierter SchreiDer Dramatiker Lothar Trolle im Gespräch mit Sebastian Kirsch | Seite 52 |
Heimatlandvon Lothar Trolle | Seite 53 |
Magazin | |
„Der Wahrheit nachsinnen – viel Schmerz“– Zum Tode von Christa Wolfvon Gunnar Decker | Seite 56 |
Lebt, bleibt freundlich, zweifelt!Das Münchner Spielart-Festival will die ganze disparate Welt des experimentellen Theaters zeigen und verzettelt sich dabeivon Sabine Leucht | Seite 58 |
Der wahre Alien ist das GeldDas 8. Festival Politik im Freien Theater in Dresden widmet sich dem Motto „Fremd“ – und zeigt, dass politisches Theater auch unterhalten kannvon Michael Bartsch | Seite 60 |
Kulturarbeit gegen den KriegWie in Palästina die Rolle der darstellenden Künste gestärkt werden sollvon Wolfgang Schneider | Seite 62 |
Vorahner, Realisateur, Entrepreneur?Die Tagung „Regie heute – Soziale Dimensionen des Inszenierens“ am Institute for the Performing Arts and Film der Zürcher Hochschule der Künste problematisiert die Rolle des Regisseursvon Nicole Gronemeyer | Seite 63 |
Verschwindender VermittlerLouis Althusser: Für Marx. edition suhrkamp, Band 2600, Berlin 2011, 407 S.von Sebastian Kirsch | Seite 64 |
Der hohe Ton des ScheiternsG. Voss: Ich bin kein Papagei. Eine Theaterreise. styria premium Verlag, A. Heller/ L. Sturm: Scheitern, scheitern, besser scheitern. G. Voss im Gespräch mit Harald Schmidt. Filmedition Suhrkampvon Gunnar Decker | Seite 64 |
Kirschs KontexteImmer Ärger um den Demos IIvon Sebastian Kirsch | Seite 65 |
Das ewige One-Hit-WunderZum Tod der britischen Dramatikerin Shelagh Delaney. Aus dem Englischen von Lena Schneidervon Aleks Sierz | Seite 66 |
Linzers EckDer Widerspruch, der ihn zerriss – Esther Slevogt kämpft sich erfolgreich durch die Biografie Wolfgang Langhoffsvon Martin Linzer | Seite 67 |
Aktuell | |
Meldungen | Seite 68 |
In Nachbars GartenAusstellung: Schwimmer und immer auch Ertrinkendervon Igor Kroitzsch | Seite 70 |
In Nachbars GartenRadio: Mythen und Mysteriösesvon Gerwig Epkes | Seite 70 |
In Nachbars GartenKino: Durch die Katakomben der Romantikvon Ralf Schenk | Seite 71 |
In Nachbars GartenFernsehen: Katholische Protestfolklore?von Mirka Döring | Seite 71 |
Aus den KorrespondentenbürosWien: Das Burgtheater verkauft den Bühnenbodenvon Margarete Affenzeller | Seite 72 |
Aus den KorrespondentenbürosWeimar: Staatsanwaltschaft klagt Generalintendant des Nationaltheaters anvon Michael Helbing | Seite 72 |
In eigener Sache | Seite 73 |
Premieren | Seite 76 |
Autoren, Impressum, Vorschau | Seite 79 |
Was macht das Theater? | Seite 80 |
Regine Lutz im Gespräch mit Holger Teschke |
Christine Adam
Margarete Affenzeller
Michael Bartsch
Bodo Blitz
Otto Paul Burkhardt
Gunnar Decker
Amelie Deuflhard
Mirka Döring
Dorte Lena Eilers
Gerwig Epkes
Nicole Gronemeyer
Andrea Heinz
Michael Helbing
Sebastian Kirsch
Igor Kroitzsch
Sabine Leucht
Herwig Lewy
Martin Linzer
Ute Müller-Tischler
Anna Opel
Frank Quilitzsch
Frank M. Raddatz
Ralf Schenk
Lena Schneider
Wolfgang Schneider
Aleks Sierz
Nis-Momme Stockmann
Lothar Trolle
Anna Viebrock
€ 6,99
Zu den Apps
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Die elektronische Ausgabe steht direkt nach dem Kauf zur Verfügung. Unsere eMagazine können Sie mit nahezu allen Geräten lesen, da das PDF ein plattformunabhängiges Format ist.
Zeitschrift
Neue Bücher
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren