Heft 03/2020
Russian Underdogs
Victoria Lomasko und Kirill Serebrennikov
Broschur mit 88 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Eigentlich wollten wir Kirill Serebrennikov in Berlin treffen. Doch der russische Regisseur sitzt nach wie vor aufgrund eines vom russischen Staat gegen ihn geführten Gerichtsverfahrens in Russland fest. Nichtsdestotrotz ist er unter Hochdruck dabei, in Moskau seine neueste Produktion vorzubereiten, die am 8. März am Deutschen Theater in Berlin Premiere feiern wird: Giovanni Boccaccios „Decamerone“. Vor dem Hintergrund nicht nur innen-, sondern auch außenpolitischer Machtverschiebungen in Russland haben wir diese russisch-deutsche Koproduktion zwischen dem Moskauer Gogol Center und dem Deutschen Theater in Berlin zum Anlass genommen, in unserem Heft-Schwerpunkt einen Blick auf Russland und die Konflikte und Verflechtungen zwischen Ost und West zu werfen: Tom Mustroph traf Kirill Serebrennikov zum Gespräch in Moskau. Jakob Hayner sprach mit der Slawistin Sylvia Sasse über den neuen russischen Autoritarismus und die Auswirkungen auf die Kunst. In einem Essay beschäftigt sich Gunnar Decker mit slawophiler Geistesgeschichte und europäischer Ignoranz. Michael Bartsch berichtet vom Karussell-Festival für zeitgenössische Positionen russischer Kunst in Dresden-Hellerau. Im Künstlerinsert stellt Anja Nioduschewski die Künstlerin Victoria Lomasko vor.
Auch in Thüringen sollte Anfang Februar ein Machtumbau vollzogen werden, als sich FDP-Kandidat Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsident wählen ließ. Ein Tabubruch, der vermeintlich korrigiert ist, doch gehe es sowieso nicht nur um Anstand und Moral, schreibt Jakob Hayner in seinem Kommentar. Die Brutalisierung des bürgerlichen Lagers rühre, so Hayner, aus dem Selbstwiderspruch der Gesellschaft selbst, der nun auch die CDU zerreiße: „Der bourgeois, der ökonomische Bürger, hat den cityoen, den Staatsbürger, im Würgegriff. Profit und Gewalt gehen Hand in Hand.“
In eine permanente Machtverwirrung wiederum stürzt uns der slowenische Philosoph Slavoj Žižek, der sich im Gespräch mit Regisseur Felix Ensslin über sein soeben zur deutschsprachigen Erstaufführung gebrachtes Theaterstück „Die drei Leben der Antigone“ unterhält. Ein Schlagabtausch über das Misstrauen gegen vermeintliche Helden, den Golfspieler Donald Trump, Gottes barbarische Seite und die fatale Sehnsucht nach Authentizität.
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Kommentar | Seite 1 |
Der Rückschritt schreitet voranÜber die gesellschaftlichen Voraussetzungen der Ereignisse um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen – ein Kommentarvon Jakob Hayner | |
Künstlerinsert | |
Wandbildvon Victoria Lomasko | Seite 4 |
Russian UnderdogsDie russische Künstlerin Victoria Lomasko zeichnet die Marginalisierten und Engagierten. Ein Gespräch über Kunstaktivismus, Zensur und ihre Arbeiten mit Anja Nioduschewskivon Anja Nioduschewski und Victoria Lomasko | Seite 8 |
Thema | |
Die Sichtbarmachung des UnsichtbarenKirill Serebrennikov über seine Inszenierung von Boccaccios „Decamerone“ und die vielsagende Lücke zwischen den Worten im Gespräch mit Tom Mustrophvon Tom Mustroph und Kirill Serebrennikov | Seite 11 |
Slawophil oder europäisch?Russland zwischen Osten und Westenvon Gunnar Decker | Seite 14 |
Terra incognita?Das Karussell-Festival im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau in Dresden zeigte vielfältige Positionen zeitgenössischer russischer Kunstvon Michael Bartsch | Seite 17 |
Neue AllianzenDen Westen und Russland gibt es nicht mehr – Die Slawistin Sylvia Sasse über den neuen russischen Autoritarismus und die Auswirkungen auf die Kunst im Gespräch mit Jakob Haynervon Sylvia Sasse und Jakob Hayner | Seite 18 |
Protagonisten | |
Howgh, ich habe gesprochen!Der Philosoph Slavoj Žižek über sein Theaterstück „Die drei Leben der Antigone“ im Gespräch mit dem Regisseur Felix Ensslinvon Felix Ensslin und Slavoj Žižek | Seite 20 |
Drei Mal TodŽižeks „Die drei Leben der Antigone“ in der Regie von Felix Ensslinvon Sascha Westphal | Seite 22 |
High NoonIn seiner ersten Spielzeit als Intendant des Burgtheaters Wien wettert Martin Kušej gegen Populisten, Elfriede Jelinek beklagt die FPÖ und der Chor unfaire Arbeitsbedingungenvon Christoph Leibold | Seite 24 |
Nicht schweigenReflexionen über die deutsch-türkischen Narrativevon Nuran David Calis | Seite 28 |
Aktuelle Inszenierung | Seite 32 |
Verkommene Landschaft RecherchematerialDas Schauspiel Leipzig blickt in drei Stücken auf Geschichte, Wandel und Zukunft von Tagebaugebieten in Sachsenvon Theresa Schütz | |
Look Out | |
Kinder unserer ZeitDer Wiener Regisseur Franz-Xaver Mayr sucht den optimalen Probenprozess – als Voraussetzung für politisches Handelnvon Theresa Luise Gindlstrasser | Seite 34 |
Abseits des BekanntenDie Berliner Regisseurin Friederike Hirz schafft mit ihren choreografischen Arbeiten neue Bilderweltenvon Jakob Hayner | Seite 35 |
tdz-extra: theater der welt 2020 | Seite 38 |
Ist mein Mikro an?Kurator Stefan Schmidtke über das Festival Theater der Welt 2020 in Düsseldorf im Gespräch mit Martin Krumbholzvon Stefan Schmidtke und Martin Krumbholz | |
Auftritt | |
Bochum: Windstille der SeeleSchauspielhaus Bochum: „Iwanow“ von Anton Tschechow. Regie Johan Simons, Bühne Johannes Schütz, Kostüme Sofia Brockhausenvon Jakob Hayner | Seite 47 |
Bonn: Unendliches BlubbernTheater Bonn: „Apeiron“ (UA) von Anja Hilling. Regie Ludger Engels, Bühne Volker Thiele, Kostüme Sibylle Wallumvon Martin Krumbholz | Seite 48 |
Dresden: BaseballschlägerjahreTheater Junge Generation: „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ (UA) von Manja Präkels in einer Fassung von Nils Zapfe. Regie Nils Zapfe, Raum Konstanze Grotkopp, Ausstattung Jasna Bošnjakvon Johanna Lemke | Seite 49 |
Frankfurt/Main: Theologie des DiesseitsSchauspiel Frankfurt: „jedermann (stirbt)“ von Ferdinand Schmalz. Regie Jan Bosse, Bühne Stéphane Laimé, Kostüme Kathrin Plathvon Christoph Leibold | Seite 50 |
Köln: Die Maske des BürgerlichenSchauspiel Köln: „Aus dem bürgerlichen Heldenleben“ nach Carl Sternheim. Regie Frank Castorf, Bühne Aleksandar Denić, Kostüme Adriana Braga Peretzkivon Sascha Westphal | Seite 51 |
Mannheim: Frauen kämpfen um ihre GeschichteNationaltheater Mannheim: „Bataillon“ (UA) von Enis Maci. Regie Marie Bues, Ausstattung Heike Mondscheinvon Elisabeth Maier | Seite 52 |
Mülheim an der Ruhr: Die Schule der TotenTheater an der Ruhr: „Sokrates der Überlebende / Wie die Blätter“. Regie Simone Derai Kostüme Serena Bussolaro und Simone Deraivon Sascha Westphal | Seite 53 |
München: Grindig grauslichMünchner Volkstheater: „Am Wiesnrand“ (UA) von Stefanie Sargnagel. Regie Christina Tscharyiski, Bühne Sarah Sassen, Kostüme Svenja Gassenvon Christoph Leibold | Seite 54 |
Nürnberg: Anti-InszenierungStaatstheater Nürnberg: „Andi Europäer“ (UA) von Philipp Löhle. Regie Tina Lanik, Ausstattung Patrick Bannwartvon Christoph Leibold | Seite 55 |
Saarbrücken: Gefangen im NetzSaarländisches Staatstheater: „1 Yottabyte Leben“ (UA) von Olivia Wenzel. Regie Matthias Mühlschlegel, Ausstattung Rimma Starodubzevavon Reingart Sauppe | Seite 56 |
Stück | |
Die Architektur der Macht und die AusgeschlossenenDer Dramatiker Thomas Freyer über sein Stück „letztes Licht. Territorium“ im Gespräch mit Jakob Haynervon Thomas Freyer und Jakob Hayner | Seite 58 |
letztes Licht. Territoriumvon Thomas Freyer | Seite 60 |
Magazin | |
Magische Theaterbilder gegen die GewaltBeim iberoamerikanischen Theaterfestival ¡Adelante! am Theater Heidelberg werden vor allem die sozialen und politischen Brandherde Lateinamerikas sichtbarvon Elisabeth Maier | Seite 75 |
Ist Theater ein Gemeingut?Die Jahrestagung der Dramaturgischen Gesellschaft in Gent diskutierte den Umbau der Institution Stadttheater als Commonsvon Theresa Schütz | Seite 76 |
Geschichten vom Herrn H.: Männergift und Schniedelkritikvon Jakob Hayner | Seite 77 |
Dramaturgie in JahrhundertbögenIn Gedenken an den herausragenden Dramaturgen und Publizisten Alexander Weigelvon Thomas Irmer | Seite 78 |
Empfindsames OhrEin Ade an die Übersetzerin Monika Thevon Brigitte Korn-Wimmer | Seite 78 |
Immer wieder ShakespeareDem Übersetzer, Publizisten und Dramaturgen Maik Hamburger zum Gedenkenvon Friedrich Dieckmann | Seite 79 |
Gesammelte IrrtümerAnnette Leo (Hg.): „Ich bereite meinen nächsten Irrtum vor …“. Bertolt Brecht und die Sowjetunion. Verbrecher Verlag (lfb texte 9), Berlin 2019, 312 S., 24 EUR.von Lara Wenzel | Seite 80 |
Die Bühne des DenkensJacques Rancière: Das Verfahren der Szene. Gespräche mit Adnen Jdey. Diaphanes Verlag, Zürich 2019, 160 S., 18 EUR.von Anja Nioduschewski | Seite 81 |
Wenn der FSB dreimal klingeltdekoder. Russland entschlüsseln 1. Hg. von Tamina Kutscher und Friederike Meltendorf, Matthes & Seitz, Berlin 2019, 335 S., 20 EUR.von Dorte Lena Eilers | Seite 81 |
Aktuell | |
Meldungen | Seite 82 |
PremierenMärz 2020 | Seite 84 |
TdZ on Tour | Seite 86 |
Impressum/Vorschau | Seite 87 |
Autorinnen und Autoren März 2020 / Vorschau | |
Gespräch | Seite 88 |
Was macht das Theater, Peter Luppa?von Thomas Irmer und Peter Luppa |
Michael Bartsch
Nuran David Calis
Gunnar Decker
Friedrich Dieckmann
Dorte Lena Eilers
Felix Ensslin
Thomas Freyer
Theresa Luise Gindlstrasser
Jakob Hayner
Thomas Irmer
Brigitte Korn-Wimmer
Martin Krumbholz
Christoph Leibold
Johanna Lemke
Victoria Lomasko
Peter Luppa
Elisabeth Maier
Tom Mustroph
Anja Nioduschewski
Sylvia Sasse
Reingart Sauppe
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