40 Jahre Schaubühne
Herausgegeben von Harald Müller und Jürgen Schitthelm
Paperback mit 262 Seiten, Format: 230 x 270 mm
ISBN 978-3-934344-20-4
Was an einem Weg zählt, ist stets die Mitte, nicht Anfang oder Ende. Man befindet sich stets in der Mitte eines Weges, und das Verdrießliche an Fragen und Antworten, formuliert an Akteure wie an Zeitzeugen, ist, dass man meist was auf den Punkt bringen soll. Die Herausgeber dieses Buches mogeln dieses Dilemma nicht fort - ein Buch über 40 Jahre Schaubühne, desjenigen Theaters, welches neben dem Berliner Ensemble Brechts einen nachhaltigen Einfluss auf das europäischen Theater in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgeübt hat, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, bekennt es sich nicht zur Such-Bewegung, zu einer Annäherung an Theater-Geschichte, in der sich - wie im Falle der Schaubühne in exemplarischer Weise - auch gesellschaftliche Erfahrung bundesrepublikanischer Entwicklung widerspiegeln kann.
Das Buch versucht, Entwicklungen zu beschreiben, indem es Akzente auf zweierlei Weise setzt: Zum einen widmen sich gesonderte Texte den herausragenden Regie-Protagonisten des Hauses. Entstanden sind Porträts über Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Robert Wilson, Luc Bondy, Andrea Breth so wie über Sasha Waltz und Thomas Ostermeier, den derzeitigen künstlerischen Leitern der Schaubühne am Lehniner Platz, welche ihren Standort von 1962 bis 1981 noch am Halleschen Ufer hatte. Diese Texte, ihrer Intention nach eher sondierend denn enzyklopädisch, untersuchen - methodisch sehr unterschiedlich - die Regisseure respektive Choreografin auf ihre symptomatische Bedeutung für die Entwicklung von Theaterpraxis an der Schaubühne, die Radikalität ihrer Ansätze und ihrer Ansprüche, die theoretische Vorbereitung und Organisation ihrer Arbeit sowie die Qualität der Resultate.
Zum anderen findet der Leser vier Texte, die - in etwa dekadischen Zeiträumen folgend - dem Konnex von Theater-Praxis und gesellschaftlicher Einbindung nachgehen: Die siebziger Jahre, die mit der Verpflichtung Peter Steins sowie Claus Peymanns (er verließ die Schaubühne nach seiner Inszenierung) und ihrer Truppe beginnen, begünstigt durch eine West-Berliner Politik, die die Chance wahrnehmen wollte, die Stadt wieder als kulturelles Zentrum zu etablieren. Sie bringen den Durchbruch der Schaubühne zur internationalen Beachtung.
Die achtziger Jahre, die den Umzug des Theaters an den Kurfürstendamm und alsbald auch den Rückzug Peter Steins als künstlerischen Leiter bringen, werden vor dem Hintergrund grundsätzlicher politischer Wendungen in West-Berlin wie auch in der gesamten Bundesrepublik geprägt vom zunehmend problematischen Bemühen der Schaubühne, den künstlerischen Standard zu bewahren und gezielt weiterzuentwickeln.
Schließlich die neunziger Jahre, die eine Schaubühne vorfinden, die sich relativ unempfindlich gegenüber den Strömungen der neuen Zeit verhielt und im Begriff ist, in kostbar-teurer Kunstanstrengung zu erstarren. Mit der Aufkündigung des Mitbestimmungsmodells durch Andrea Breth sowie der Auflösung eines festen Ensembles wurde das Kapitel der alten Schaubühne als "exemplarisches Theater der westdeutschen Nachkriegsrepublik" (E. Slevogt) abgeschlossen - aber die Direktion des Hauses legte unmittelbar darauf die Voraussetzungen für einen Neuanfang: Die neue Schaubühne übernehmen mit Beginn der Spielzeit 1999/2000 Thomas Ostermeier, Sasha Waltz, Jens Hillje und Jochen Sandig. Sie sorgen dafür, dass im "zeitgenössischen Theater" Schaubühne am Lehniner Platz ein neues Kapitel avancierter Theaterarbeit aufgeschlagen wird.
Dankbar sind beide Herausgeber den beteiligten Autorinnen und Autoren, die auch angesichts der kurzen Entstehungsdauer ihre Mitarbeit zusichern konnten. Für Anregung und Kritik sind wir insbesondere Gerhard Ahrens und Joachim Fiebach dankbar.
Kapitel | Seite |
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Kapitel | Seite |
Das Theater im Zeitalter seiner Beschleunigungvon Thomas Ostermeier | Seite 6 |
Die Lesarten des Körpers - Die Choreografin Sasha Waltzvon Katrin Bettina Müller | Seite 15 |
Subjekt und AbstraktionSasha Waltz im Gespräch mit Barbara Engelhardtvon Barbara Engelhardt und Sasha Waltz | Seite 37 |
Die Angst vor dem StillstandThomas Ostermeier im Gespräch mit Barbara Engelhardtvon Barbara Engelhardt und Thomas Ostermeier | Seite 45 |
This is not the endDer Regisseur Thomas Ostermeier und seine Generationenwerkstatt von Mathias Greffrathvon Mathias Greffrath | Seite 62 |
Vor Sonnenaufgang. Die 90er Jahrevon Esther Slevogt | Seite 84 |
Das Trotzdem des Glaubens.Zu drei Motiven in der Theaterarbeit von Andrea Brethvon Klaus Dermutz | Seite 96 |
Man spielt mit der Liebe - Luc Bondy und die Schaubühnevon Rüdiger Schaper | Seite 106 |
Krisenjahre der Schaubühne? Die 80er Jahrevon Klaus Völker | Seite 119 |
Robert Wilson: Die andere Idee von Theatervon Jan Linders | Seite 132 |
Das Unmögliche ist das Richtigevon Ivan Nagel | Seite 148 |
Peter Stein und der sichere Grund der Textevon Georges Banu | Seite 156 |
Das Theater "in Paradoxis". Die 70er Jahrevon Joachim Fiebach | Seite 166 |
Versuch einer SelbstdarstellungDie Schaubühne am Halleschen Ufer 1966von Jürgen Schitthelm, Wolfgang Matthias Schwiedrzik und Dieter Sturm | Seite 220 |
Theater als "Aktion". Die 60er Jahrevon Wolfgang Matthias Schwiedrzik | Seite 226 |
Wir hatten ein Theater, aber eigentlich hatte das Theater unsvon Jürgen Schitthelm | Seite 242 |
Anhang | Seite 247 |
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