Die weiße Bühne

Ein wirkmächtiges Konstrukt

von

Wir sind eingeladen, beim schwedischen Festival »Bibu« im Mai 2016 unsere Produktion »Kriegerin« im Rahmen von »Shadowland« zu präsentieren. Niclas Malmcrona, Direktor und Vorstandsmitglied der ASSITEJ Schweden, hat halb Europa auf der Suche nach Theaterproduktionen bereist, die das Thema Rassismus aufgreifen. Sein Fazit: Es gibt nicht viel. Und wenn ein Theater das Thema aufgreift, verstrickt es sich meist in dem Versuch, es richtig zu machen. Bei wenigen Produktionen fand er den Ansatz, nach guter Recherche die Zuschauer sinnlich statt mit erhobenem Zeigefinger zu erreichen und zu eigenem Nachdenken und Handeln anzuregen. 

Noch gibt es eher Stücke für Jugendliche als für Kinder, die sich mit den Mechanismen von Rassismus und Rechtsextremismus, mit Flucht und Zuwanderung beschäftigen. Neben Inszenierungen aus den USA, Norwegen, Schweden und Deutschland wurde in Seminaren und Workshops die »weiße Bühne« und struktureller Rassismus kritisch analysiert sowie Möglichkeiten oder sogar Aufgaben von Theater diskutiert, dem entgegenzuwirken.

Ein Theatermacher aus Schweden fragt, was er tun solle, wenn im nächsten Stück die Rolle des Täters schauspielerisch sehr gut zu seinem syrisch-schwedischen Kollegen passen würde. Ein Schweigen tritt im Saal ein, dann ein Murmeln. Die Moderatorin Marika Lagercrantz dankt für die Frage und Fransesca Quartey, Schwedens zweite schwarze Schauspielerin, die eine Schauspielschule besuchen durfte (wirklich!), und Intendantin des Västerbottens Theaters in Skellefteå, antwortet, es hänge davon ab, ob dieser Schauspieler in anderen Stücken auch andere Rollen zu spielen bekäme. Farnaz Arbabi, renommierte Regisseurin in Schweden und seit 2014 gemeinsam mit Gustav Deinoff künstlerische Leiterin des international bekannten Theaters Unga Klara in Stockholm, stellt die Frage, ob dieser Kollege, der einzige dunkelhäutige im Ensemble sei. Wenn alle, wie üblich in schwedischen Theatern, weiß seien und nur einer anders, verstärke diese Besetzung unweigerlich das Klischee des »südländischen Verbrechers«.

Im Februar 2016 treffen wir im Rahmen unseres Zukunftsworkshops beim »berliner kindertheaterpreis« 2016 Jamil und Johanna vom Projekt »KulTür auf!« des Jugendtheaterbüros Berlin. 

Als Partnerinstitution begann unsere Begegnung mit einer »KulTür auf!«-Lounge im Theater, der gut gefüllte Saal brodelte, in jeder Ecke der Bühne und des Zuschauerraums fanden Workshops zu Stereotypen, Bilderwelten und Weltbildern, Fremdbildern und Selbstdarstellung im Theater, in der Kunst und in der Gesellschaft statt, die mit einer großen Diskussion und einem Songbattle schlossen. Die Fragen:

Was bildet ihr uns ein?! Was machen Bilder in den Medien mit unserem Blick auf die Welt? Wer wird dargestellt? Und wer hat die Macht, andere darzustellen? Wer spielt den Verbrecher, wer die Kommissarin? Wie können wir herrschenden (Welt-)Bildern etwas entgegensetzen? Und was ist kulturelle Hegemonie?

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