Vorstellungsbuch
Theater am Rand
Herausgegeben von Tobias Morgenstern
Broschur mit 80 Seiten, Format: 165 x 115 mm
ISBN 978-3-940737-68-7
Zollbrücke: 18 Häuser an der Oder, 80 Kilometer östlich von Berlin, keine Brücke, kein Zoll. Hier haben sich 1998 die Künstler Tobias Morgenstern und Thomas Rühmann einen Traum erfüllt und ein Theater gegründet, das Theater am Rand. Es ist mehr als nur eine Bühne: Der Musiker, Bauherr, Intendant und Pläneschmieder Tobias Morgenstern und sein Kompagnon Thomas Rühmann, der Leipziger Schauspieler und Star der Arztserie „In aller Freundschaft", haben hier, ganz am Rand der Republik, einen Ort für Eigensinn und Unabhängigkeit erfunden, einen Treffpunkt für Verrückte, Visionäre, Denkende. Das „Vorstellungsbuch" zeigt liebevoll illustriert das künstlerische, ökologische und soziale Modell des Theaters am Rand: Ein Vorstellungsbuch im wahrsten Sinne des Wortes!
Zollbrücke kennt keinen Durchgangsverkehr. Wer sein Auto in das Dorf vor dem Oderdeich lenkt, wollte genau dorthin. Ein Sackgassenschild einen Kilometer vor dem Ortseingang hält den letzten mutwilligen Streuner vom Weg nach Zollbrücke ab.
Als Treffpunkt für Verrückte, Visionäre, überhaupt erst einmal Denkende (noch ohne den verbrauchten Vorspann „Anders-") sieht der Musiker, Bauherr, Intendant und Pläneschmieder Tobias Morgenstern das Theater am Rand. Seit den 80er Jahren bereits imOderbruch wohnend ist er die treibende Kraft der Veränderung.
Das von ihm gekaufte Haus war die Keimzelle des Theaters. Der bärtige, von langem Lockenhaar umwehte Mann mit der Vorliebe für karierte Hemden entwarf die anthroposophisch inspirierten Pläne, die - von einer Ingenieurin in die Fachsprache für Ämter und für Handwerker übersetzt - die Anleitung zumBau eines neuen hölzernen Theaterhauses für 200 Zuschauer und des 400 Besucher fassenden Amphitheaters darstellten. Morgenstern ist auch der Mann, der begeisternd von der Kunst des Zimmermanns Veit Templin und den ungeheuren Fähigkeiten des Holger Rüdrich, mit Kettensäge und Radlader umzugehen, zu berichten weiß.
Sein Kompagnon Thomas Rühmann setzt dann ein feines, staunendes Lächeln auf. Auch nach über zehn Jahren im Oderbruch wirkt der Leipziger Schauspieler noch immer wie ein Städter. Der Star der Arztserie „In aller Freundschaft" bringt einen Hauch derWelt des Erfolgs, des Machbaren, des pragmatisch Funktionierenden in die wilde Welt der Visionen des Tobias Morgenstern ein.
Doch wenn es um die künstlerische Arbeit im Theater geht, verkehren sich die Rollen.
Dann ist Rühmann plötzlich der Visionär, der sich von einem Roman gefangen sieht und aus der Lektüre Universen formen will, die der Pragmatiker Morgenstern dann radikal beschneidet. „Er liest die Bücher, die ich ihm vorschlage, meist nur halb. Und dann sagt er, dies muss raus und das muss raus", erzählt Rühmann - und gibt dem Strichezieher und Strukturierer Morgenstern im Nachhinein sogar noch recht. Über die Jahre hat sich diese Arbeitsweise herausgebildet und perfektioniert.
Morgenstern sorgt für die Infrastruktur. Rühmann bringt die Stückideen und formt sie aus. Morgenstern konsturiert sie. Und dann stehen sie gemeinsam auf der Bühne. Die Stücke sind mit Realität gesättigt. In ihnen ist das so menschliche und weitverbreitete Scheitern mit Händen zu greifen. Doch immer auch berührt der Flügelschlag der Befreiung die handelnden Akteure. In der Texas-Geschichte „Mitten in Amerika" werden die industriellen Schweinefarmen besiegt. Das Stück gastierte in Orten imOsten Deutschlands, in denen Bauern gegen Schweinefarmen protestierten. In Querfurt, wo Rühmann & Morgenstern auftraten, wurde so eine Schweinefarm verhindert. Ihren Teil dazu beigetragen zu haben, macht die Künstler stolz. Für beide bedeutet Glück, sich einbringen zu können. Für Morgenstern ist es zudem ein Glück, sich in Zollbrücke als baulicher Visionär und Schöpfer eines Zentrums für andere Visionäre zu verwirklichen. Für Rühmann ist es ein Glück, als Ausgleich zur ebenfalls geschätzten Fernsehtätigkeit hier seine eigenen theatralen Welten entwerfen zu können.
Beide sind Träumer. Beide haben aber auch eine Appartur ersonnen, die ihnen hilft, ihre Träume solcherart Gestalt annehmen zu lassen, dass sie für andere sichtbar werden. Und darüber sind sie erst recht glücklich.
Wenn es allein daran liegen sollte, dass solch ein Reich nur in einer Straße ohne Ausgang entstehen kann, müsste man die ganze Welt mit Sackgassenschildern pflastern.
Tom Mustroph
Versandfertig in 1 - 3 Werktagen. Kostenfreier Standardversand innerhalb Deutschlands, zzgl. Versandkosten ins Ausland. Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Zum Herausgeber
Tobias Morgenstern
Bibliographie
Beiträge von Tobias Morgenstern finden Sie in folgenden Publikationen:
Theater am Rand
Vorstellungsbuch 2 – Bilder zum 20. Geburtstag
Vorstellungsbuch
Theater am Rand
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
Newsletter abonnieren