Alle Beiträge von Bernd Stegemann
Thema
Wie der Star zu Beginn des Industriekapitalismus entstand und bis heute gelesen wird – eine soziologische Betrachtung
von Bernd Stegemann
Damit ein Stern entsteht, braucht es einen zweifachen Kollaps. In einer Molekülwolke kommt es zum ersten Kollaps, wenn die Gravitation der Moleküle stärker ist als ihre Eigenbewegung. Ist die Grenze zur Instabilität überschritten, stürzen die Moleküle mit großer Geschwindigkeit ins Zentrum. Dort erhöht sich die Hitze und es kommt zum zweiten Kollaps. Druck und Hitze sind im Zentrum des neuen Sterns so groß, dass die Wasserstoffmoleküle aufgespalten werden. Dabei wird wiederum so viel Energie…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2023
neuerscheinungen: theater der zeit-buchverlag
von Bernd Stegemann
Woke Wut
Linke Identitätspolitik etabliert im Gegensatz zur rechten eine komplizierte Wutkultur. Sie muss die Thymos-Spannung der Opfer hochhalten und immer wieder neu entfachen. Zugleich muss sie die wütenden Reaktionen der Mehrheitsgesellschaft abwehren, indem sie diese wie in einer japanischen Kampftechnik auf sie selbst zurückwendet. So erklärt sich, warum sich beide Identitätspolitiken gegenseitig befeuern. Die rechte Wut wird nicht als Ausdruck sozialer Probleme ernst genommen, sondern…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2021
von Bernd Stegemann
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Die rechte wie die linke Wutkultur unterbieten den erreichten Stand der Kommunikation. Rechtsidentitäre Wutkultur will zurück zu einem Zustand der Einsinnigkeit. Dabei ignoriert sie, dass die Homogenität, die in der guten alten Zeit verortet wird, schon damals eine Konstruktion war. Die Nationenbildung war ebenso von politischen Interessen geleitet wie die Einteilung der Menschen in Rassen. Die nostalgische Sehnsucht will einen Zustand wiedergewinnen, der so nie existiert hat. Hinzu kommt, dass…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Linke Identitätspolitik etabliert im Gegensatz zur rechten eine komplizierte Wutkultur. Sie muss die Thymos-Spannung der Opfer hochhalten und immer wieder neu entfachen. Zugleich muss sie die wütenden Reaktionen der Mehrheitsgesellschaft abwehren, indem sie diese wie in einer japanischen Kampftechnik auf sie selbst zurückwendet. So erklärt sich, warum sich beide Identitätspolitiken gegenseitig befeuern. Die rechte Wut wird nicht als Ausdruck sozialer Probleme ernstgenommen, sondern soll vor…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Die beeindruckend paradoxe Leistung der linken Identitätspolitik besteht also darin, dass sie es schafft, aus der individuellen Kränkung Gemeinschaften zu formen, die ihre Interessen wirkungsvoll durchsetzen und zugleich als ohnmächtige Opfer erscheinen. Damit hat sie ein erfolgreiches Gegenmodell zur rechten Identitätspolitik gefunden. Diese inszeniert sich mit großem Aplomb als gedemütigte Täter und löst dabei vor allem Widerstand aus. Ihre politische Wirkung steht diametral zu ihrem…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Die Grenze, die durch Kränkung entsteht, teilt nicht nur die Individuen in Gruppen ein, sondern sie legt auch eine Hierarchie zwischen diesen fest. Und damit kommt man zum machtpolitischen Kern linker Identitätspolitik. Die Teilung in Opfer- und Tätergruppen folgt der gleichen Doppelgesichtigkeit wie die Begründung der Gemeinschaften als essentialistisch oder konstruiert. Nach dieser Logik kann die Kränkung immer nur von der Täter- zur Opfergruppe erfolgen. Die Frauen können die Männer nicht…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Rechte und linke Identitätspolitik sind in ihrer Wutbehauptung gleich. Die Rechten füttern ihre Wut, indem sie sich als Opfer einer globalen Elite, feministischer Frauen oder islamischer junger Männer beschreiben, die ihre nationale Gemeinschaft zerstören und fremden Mächten ausliefern wollen. Als Ausweg empfehlen sie die Erhöhung des Zornpegels, um von der Opfer- auf die Täterseite zu wechseln. Die linken Identitätspolitiker sehen sich auch als Opfer, doch ist ihr weiterer Umgang damit…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Die Wutkultur der AfD ist exemplarisch für den Zustand der Gesellschaft. Es gibt ein großes Reservoir an Wut, doch es mangelt an einer Kultur, die damit umgehen kann, und es fehlen die konkreten Schritte, was mit der Wut ausgerichtet werden soll. Es handelt sich um eine heimatlose Wut, die jeder Einzelne mit sich herumträgt und die keinen Anschluss an die Zusammenhänge findet. So hat die Wut in der Spätmoderne genau das Schicksal ereilt, das dem Ressentiment im 19. Jahrhundert attestiert wurde.…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Rechte Identitätspolitik ist einfacher gebaut als linke Identitätspolitik. Das verschafft ihr jedoch keine Vorteile bei der Durchsetzung der eigenen Identitätsinteressen. Das Problem, das die Denker einer rechten Identitätspolitik haben, ist ein doppeltes. Es ist nicht nur so, dass die Identitäten von nationaler und völkischer Zugehörigkeit aus der Mode gekommen sind, auch die naive Annahme, dass es ursprüngliche Lebensformen gibt, die nicht von historischen Entwicklungen hervorgebracht worden…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
„Die beste konzise Definition von Faschismus lautet: die Ausweitung von Identitätspolitik auf den Bereich des Klassenkampfs.“
Slavoj Žižek9
Klassenpolitik geht davon aus, dass Menschen sich aufgrund ihrer vergleichbaren materiellen Lebensbedingungen in einer vergleichbaren Lage auf den Märkten befinden. Wer kein Eigentum besitzt, muss sich einen Markt suchen, auf dem er Geld erwirtschaften kann. Die meisten Menschen auf der Welt haben auf diesem Markt nur ihre eigene Arbeitskraft anzubieten.…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Der Mensch ist ein kränkbares Wesen. Es gehört zu den schärfsten Waffen der sozialen Interaktion, jemandem die Achtung zu verweigern. Moral hat in allen Gesellschaften eine zentrale Funktion, denn sie regelt die Zuteilung von Achtung oder die Bestrafung durch Missachtung. In letzter Instanz verurteilt sie zum sozialen Tod durch Ächtung.
Die Regeln, nach denen Achtung oder Missachtung verteilt werden, sind fundamental für das Fortbestehen von Gesellschaften. Darum sind die Kämpfe um die Moral…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Die Wut, die keinen Weg in die Welt findet, vergiftet den Menschen. Aus diesem Gift entsteht das Ressentiment. Das Leben hält für jeden von uns zahlreiche Kränkungen bereit und setzt dem Wollen permanent Widerstände entgegen. Es bietet unzählige Anlässe, wütend zu sein, und ebenso viele Blockaden, warum diese Wut nicht geäußert werden kann. Die Angestellte, die jeden Arbeitstag einen Chef erdulden muss, der seinen Launen freien Lauf lässt, weil er sich so besser fühlt, muss einen Weg finden,…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Wer kennt sie nicht, die alltäglichen kleinen Explosionen der profanen Wut? In der langen Kassenschlange verliert plötzlich jemand die Nerven. Zornig ruft er etwas Richtung Kasse und verlässt schimpfend das Geschäft. Seine Einkäufe bleiben zurück, und ich frage mich, wie wütend er erst zu Hause sein wird, wenn ihm die Lebensmittel fehlen. So beruhige ich mich selbst mit dem eingeübten Mantra, dass die kleine Genugtuung durch die öffentlich zur Schau gestellte Wut ein zu geringer Gewinn ist…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
von Bernd Stegemann
Jede Wutkultur steht vor der dialektischen Herausforderung, dass die Wut zu den elementaren menschlichen Energien gehört und dass sie zugleich die größte Gefahr für das Miteinander bedeutet. Ohne die Wut wäre kein soziales Leben möglich, zugleich ist sie die Hauptursache für gewalttätige Konflikte. Das nervöse Leben in modernen Gesellschaften verschärft dieses Problem, da die permanente Überforderung aufgrund der Geschwindigkeit und Vielfalt der Lebensvollzüge zu einer viel größeren Reizbarkeit…mehr
aus dem Buch: Wutkultur
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