Heft 04/2001
Film im Theater
B-Movies und Science Fiction
Broschur mit 84 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Volk und Welt: So ist nun auch dieser Verlag dahin, und sein Name, der aus der Phrasenwirtschaft zu stammen scheint, bekommt am Ende noch einmal einen beziehungsreichen Klang. Der Zusammenhang seiner beiden Bestandteile verweist aufetwas, das inder globalisierten Printmedienverwertung wohl nur ein unerwünschter Nebeneffekt sein kann. Diesem Zusammenhang gilt das symbolische Aus. Womit freilich nicht erklärt ist, wieso der einstige Verlag für internationale Literatur - und als solcher das größte Verlagshaus der DDR - mit seinen neuen deutschen Autoren, allen voran Thomas Brussig, nicht wettbewerbsfähig sein soll. Den vielen ehrbaren Nachrufen und Erinnerungen an die Geschichte von Volk & Welt hat "Theater der Zeit" unbedingt noch eines hinzuzufügen: Bis 1990 erschienen in diesem Verlag hervorragend gemachte Ausgaben der internationalen Theaterliteratur. Entdeckungen wie die sonderbaren Stücke des frühabsurden Polen Stanislaw Witkiewicz, moderne Klassiker wie Thornton Wilder und T. S. Eliot, zahllose Länderanthologien und 1988 gar der von den Kulturfeldwebeln wie das Weihwasser gefürchtete Samuel Beckett. Auf dem Schutzumschlag des Beckett-Bandes: "Die konsequente Darstellung des verdinglichten Menschen entspringt der humanistischen Absicht, angesichts des So-Seins ein Ja zum Anders-Sein zu provozieren." Adieu!
Vier Monate lang streiften unsere Autoren durch die so genannte Provinz, zuerst für TdZ 1/01. Was sie von ihren Reisen kritisch einbrachten, hat oft überrascht. Keine dröge Theaterrückständigkeit für ein von den Bühnen der Welt abgeschnittenes Besuchervolk haben sie erlebt, sondern das mitunter beachtlich Machbare in diesen nach wie vor notwendigen Theatern, die nicht zuletzt für Talente immer noch, wenn auch heute kürzer durchlaufene Entwicklungsstationen sind. Vor allem aber hat jede einzelne Folge dieser Serie gezeigt, wie heutige Kulturpolitik im Kleinen wirkt. Das aus den Metropolen gewohnte Die-teurenHände-über-den-Kopf-schlagen und dabei in die Kameras schielende Droh- und Wehklagen gelten dort nicht, statt dessen ein vergleichsweise sympathischer Pragmatismus beim Ringen um den Erhalt spielfähiger Bühnen mit anspruchsvollerem Programm. Und manchmal ist sogar mehr drin, wie Ulrich Deuter in Paderborn, gewissermaßen eine Provinz Gottes, findet (siehe S. 48).
Das alte Phänomen neuer visueller Medien beschäftigt die Theater derzeit wie kein anderes. Ob adaptierte Kunst-Filme, TV-Trash oder Live-Kamera auf Videoscreen - von Hamburg bis Luzern ist die Optik filmisch und dies mehr oder weniger auch Thema aufder Bühne. Der rote Faden zieht sich durch diese Ausgabe bis zu den Brecht-Tagen (S. 78), die mit dem medialen Verhältnis zwischen Volk und Welt das Thema zumindest streiften. Dass das Gespräch zwischen drei Theaterleitern in Häusern für junge Zuschauer sich auch darum dreht und einer der Juroren des 6. Kinder- und Jugendtheatertreffens (im Mai in Berlin) dazu eine wichtige These aufstellt (S. 36 - 42), verbindet sich mit dem Schwerpunkt Theater und Film, für den Jens Roselt einen Essay geschrieben hat (S. 12) . Im Tanztheater ist paradoxerweise, aber ganz sicher nicht zufällig, das Verschwinden herkömmlicher Körper(sichten) so fortgeschritten wie in keiner anderen Theaterkunst (S. 24). Und nicht nur für Jo Fabian (S. 20) lautet die Frage: In video veritas?
Volker Brauns Dresdner Rede "Zur Sache: Deutschland", die hier den Eingang macht, zeigt, wie die Diskussionen um 1968 ff. anders gesehen werden können, ja müssen, wenn es nicht allein um das von historischen Zusammenhängen sich immer mehr ablösende Generationspalaver gehen soll. Mit Dresden 1945 Frankfurt 1968 und Brandenburg nach 1990 zu bedenken, das hat noch kein deutscher Autor so persönlich und zugleich in großen Zusammenhängen zu zeigen vermocht. In eine von Brauns zentralen Metaphernvokabeln geht auch das Ende von Volk und Welt auf: "Fortschrott".
Die Redaktion
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