Publikumskrise – nach mehr als zweieinhalb Jahren Corona mit unterschiedlichen Phasen von Lockdowns, Online-Angeboten, einem Fast-alles-wieder-gut-Sommer 2021, Schachbrettbestuhlung, Nachverfolgungseintrittskarten und Maskenatemnot, schließlich der erneuten Schließung der Theater (in Sachsen) im vergangenen Winter und dann dem seltsamen Phänomen des Premierenstaus mit Produktionen in der Warteschleife. Aber zurück auf normal (oder eben wie vor Corona) ist es fast nirgendwo, und der nächste Winter naht mit ungewissen Aussichten, dazu Inflation, Kriegs- und Energiekrisenangst. Das Einzige, was sich mit Gewissheit sagen lässt: Die Situation ist regional sehr verschieden und wird dann auch sehr unterschiedlich gedeutet. Wir haben deshalb aus vier Bundesländern und darin wieder einzelnen Theatern und ihren je eigenen Publikumskulturen Berichte und Untersuchungen samt Schlussfolgerungen seitens der Theaterleitungen zusammengetragen, um das Phänomen Publikumskrise einmal in der ganzen Breite zu beleuchten (S. 10 bis 19). Warum Berlin da gar nicht dabei ist? Es scheint in den Hauptstadttheatern nicht das große Thema zu sein, was eben schon ein Teil des Befunds ist.
In Kopenhagen wurde der 300. Jahrestag des Theaters in dänischer Sprache gefeiert. Die künftige Doppelspitze des Theaters in Halle, die Leiterin des Sydhavn Theaters Mille Maria Dalsgaard und ihre Regiepartnerin Mareike Mikat, ließ sich dafür ein locker veranstaltetes Straßenfest mit einem Link zum Klassiker Ludvig Holberg einfallen – ein Doppelporträt auf den Seiten 24 bis 26. Wie Theaterkünstler:innen aus der Ukraine im deutschen Theater Aufnahme und Arbeit finden, darüber schreibt Baden-Württemberg-Redakteurin Elisabeth Maier mit zwei wegweisenden Beispielen in Heidelberg und München. Oksana Savchenko, die mit sieben anderen Theaterschaffenden am Theater Heidelberg engagiert wurde, hat dort einen Audiowalk zu Kriegserlebnissen entwickelt, der im Rahmen des neuen Remmidemmi-Festivals erstmals zu erleben war. Intendant Holger Schultze kümmerte sich indes nicht nur um die Möglichkeit dieser Produktion, sondern auch um Fahrräder für die Kolleg:innen. Am Münchner Residenztheater ist indes Oleksandr Seredin als Hausautor angekommen (S. 20 bis 23).
Die Produktion „Berlau :: Königreich der Geister“ vom Theaterkollektiv RAUM + ZEIT um Bernhard Mikeska (siehe Kunstinsert S. 4 bis 9) führt auch in die frühe Zeit des Berliner Ensembles, wohin der Schweizer Benno Besson Brecht als einem seiner wichtigsten Mitarbeiter und Regisseure gefolgt war. Besson, dessen Geburtstag am 4. November sich zum 100. Mal jährt, war in den 1970er Jahren Intendant der Berliner Volksbühne, die ihm nun am Tag des Jubiläums ein Spektakel in seinem Geiste ausrichtet. Auf den Seiten 27 bis 33 zwei Beiträge von Michel Bataillon und Thomas Wieck über diesen Jahrhundertmann des Theaters. //
Thomas Irmer
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Kunstinsert | |
RAUM + ZEIT Inszenierungenvon Raum + Zeit | Seite 4 |
Verpetz mich nicht!RAUM + ZEIT laden ihr Publikum zur Selbsterfahrung einvon Friederike Felbeck | Seite 8 |
Thema | |
Theater der Nahbarkeit und das Neun-Euro-TicketDas Theater Bielefeld befindet sich im Höhenflug, während das Theater Hagen zu verzweifelten Mitteln greift, um Publikum anzulockenvon Stefan Keim | Seite 11 |
Thüringer ZuschauerwanderungenErkundungen und Erkundigungen aus gegebenem Anlass in Weimar, Meiningen, Rudolstadt und Gera-Altenburgvon Michael Helbing | Seite 13 |
„Die Kulturmüdigkeit wird langsam verpuffen“Der Tübinger Intendant und Sprecher der deutschen Landesbühnen Thorsten Weckherlin im Gespräch mit Elisabeth Maier über neue Formate gegen den Publikumsschwundvon Thorsten Weckherlin und Elisabeth Maier | Seite 16 |
Bloß keine seichte Spielplanrevolution!Sächsische Bühnen klagen weniger über Publikumsschwundvon Michael Bartsch | Seite 18 |
ukraine | Seite 20 |
„Der Krieg hat nicht erst mit dem Angriff begonnen“Wie Theaterschaffende aus der Ukraine in Heidelberg und in München arbeitenvon Elisabeth Maier | |
Protagonisten | Seite 24 |
Die AufbruchsbereitenEin Besuch in Kopenhagen bei Mille Maria Dalsgaard und Mareike Mikat, der künftigen Doppelspitze am neuen theater Hallevon Thomas Irmer | |
Theatergeschichte | |
„Ich habe mit Laientheater angefangen“Die Wurzeln von Benno Bessons Theater in der Schweiz und im Frankreich des Zweiten Weltkriegsvon Michel Bataillon | Seite 27 |
„Ich entdecke die Wirklichkeit, während ich inszeniere“Das Besondere von Benno Bessons Theaterarbeit in der DDRvon Thomas Wieck | Seite 31 |
Nachruf | Seite 34 |
Die Anmut des leisen TonsZum Tod des Regisseurs und Intendanten Christoph Schrothvon Hans-Dieter Schütt | |
Gespräch | Seite 36 |
Das Zürcher Kulturhaus HelfereiValeria Heintges im Gespräch mit Martin Wigger, dem Leiter der Helfereivon Martin Wigger und Valeria Heintges | |
stückgespräch | Seite 38 |
Der MomentzusammenhangsversuchAmir Gudarzi im Gespräch mit seinem Lektor Jonas Schönfeldtvon Amir Gudarzi und Jonas Schönfeldt | |
Stück | Seite 40 |
Quälbarer Leib – ein Körpergesangvon Amir Gudarzi | |
Auftritt | |
Augsburg: Stuntman im WohnwagenStaatstheater Augsburg: „Jerusalem“ von Jez Butterworth (DSA). Regie André Bücker, Bühne Jan Steigert, Kostüme Lili Wannertvon Christoph Leibold | Seite 55 |
Baden-Baden: Verwirrende Zeitreise mit SelfiesTheater Baden-Baden: „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ nach dem Roman von Thomas Mann, Bühnenfassung Daniel Foerster. Regie Daniel Foerster, Bühne und Kostüme Lydia Huller / Robert Sievertvon Elisabeth Maier | Seite 56 |
Frankfurt am Main: Popkulturelle NummernrevueSchauspiel Frankfurt / Brockenheimer Depot: „Yo Bro“ von Joana und Aljoscha Tischkau. Regie Joana Tischkau, Bühne Carlo Siegfried, Kostüme Nadine Bakotavon Shirin Sojitrawalla | Seite 57 |
Heilbronn: Die dunkle Seite des ProphetenTheater Heilbronn: „The Who and the What“ von Ayad Akhtar. Regie Kay Wuschek, Bühne Tom Musch, Kostüme Cornelia Krasskevon Elisabeth Maier | Seite 58 |
Leipzig: Die Kleinsche FlascheSchauspiel: „LUNA LUNA“ von Maren Kames (UA). Regie Enrico Lübbe. Musikalische Leitung Daniel Barke, Bühne Katrin Nottrodt, Kostüme Josa Marxvon Nathalie Eckstein | Seite 59 |
Münster: Wer ist Sandra?Theater Münster: „Orestie“ von Aischylos mit Texten von Sivan Ben Yishai, Miru Miroslava Svolikova, Maren Kames. Regie Elsa-Sophie Jach, Bühne Marlene Lockemann, Kostüme Johanna Stenzelvon Stefan Keim | Seite 59 |
Neubrandenburg: Die Welt ein bisschen liebhabenTheater Neubrandenburg Neustrelitz: „Warten auf’n Bus“ von Oliver Bukowski. Regie Katrin Hentschel, Ausstattung Alexander Wolfvon Juliane Voigt | Seite 61 |
Oberhausen: Granaten in der HighschoolTheater Oberhausen: „Kissyface“ von Noah Haidle (UA). Regie Kathrin Mädler, Bühne und Kostüme Mareike Delaquis Porschkavon Stefan Keim | Seite 62 |
Schwerin: Der Tanz der GiraffeMecklenburgisches Staatstheater: „MÜLLER : Eine Chronik in sechs Jahrzehnten“ von Sascha Hawemann. Regie Sascha Hawemann, Bühne Wolf Gutjahr, Kostüme Hildegard Altmeyervon Thomas Irmer | Seite 63 |
Senftenberg: Fascist Baby, UtopiaNeue Bühne Senftenberg: „Utopia“ von Mikhail Durnenkov in der Übersetzung von Elina Finkel (DEA). Regie Catharina Fillers, Bühne / Kostüme Maria Wolgast, Musik Matthias Bernholdvon Paul Mühlbach | Seite 64 |
Magazin | |
In den Spuren der GeschichteDas tschechische Theater zeigt vielfältige Aufarbeitungsversuche der postsozialistischen Geschichtevon Nathalie Eckstein | Seite 69 |
NeurodiversBack to Back Theatre aus Australien erhält den International Ibsen Award 2022von Thomas Irmer | Seite 70 |
TraumhaftDas Figurentheater Wilde & Vogel im Westflügel Leipzig und ihre Emily Dickinsonvon Renate Klett | Seite 71 |
Der begnadete ErzählerZum Tod von Wolfgang Kohlhaase, Drehbuchautor von Weltrangvon Claus Löser | Seite 72 |
Der Westen im freien Fall – Steffen Menschings neuer RomanSteffen Mensching: Hausers Ausflug. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, 249 S., 22 Euro.von Michael Helbing | Seite 74 |
Im JahrhundertschrittGünther Rühle: Theater in Deutschland 1967–1995. Seine Ereignisse – seine Menschen. Hrsg. von Hermann Beil und Stephan Dörschel, S. Fischer Verlag 2022, 795 S., 98 Euro.von Thomas Irmer | Seite 74 |
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Was macht das Theater, Florentina Holzinger?von Thomas Irmer und Florentina Holzinger |
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