Elfriede Jelinek und Nurkan Erpulat zur Situation in der Türkei

Entlassungen an den städtischen Bühnen Istanbuls

Die österreichische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek äußerte sich am 3. August in der Wiener Tageszeitung der Standard zur Verhaftung türkischer Theatermacher in Istanbul.

In dem Artikel griff sie den deutschen PEN, in dem sich Schriftsteller in einem internationalen Verband formieren, scharf an, nicht über die kulturpolitischen Säuberungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan seit dem vereitelten Putsch am 15. Juli zu berichten:

„Ich höre nichts von meinen (Schriftsteller-)Vereinigungen. Vielleicht stecken sie derzeit ja im Gefängnis ihrer Badehosen oder Bikinis an irgendeinem Strand fest“.

Die Vorwürfe dementierte der PEN-Präsident Josef Haslinger kurz darauf in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur. Demnach berichte der PEN in einer Resolution alle zwei bis drei Tage über die aktuellen Ereignisse und stünde in regem Kontakt mit dem 2015 wegen Spionage angeklagten Journalisten Can Dündar.

Die Kulturszene in der Türkei befindet sich schon seit einigen Jahren unter Druck, wobei staatlich motivierte Zensur bisher weitestgehend indirekt ausgeübt wurde. So wurde durch den Bau einer Moschee in unmittelbarer Nähe zur kritischen Freilichtbühne Rumeli Hisari öffentlicher Diskussion der Versammlungsort entzogen oder durch die Steigerung der Mietpreise die Schließung des kurdischen Theaters Sermola bewirkt, das beim Istanbuler Theaterfestival im Mai noch seine letzte Vorführung gespielt hatte.

Die künstlerische Vielfalt des staatlich getragenen Festivals, zu dem 2016 auch Robert Wilsons Inszenierung „Die Dreigroschenoper“ des Berliner Ensemble und Milo Raus „Hate Radio“ angereist waren, wird in dieser Form, sollte es im kommenden Jahr denn zu einer Ausrichtung kommen, wohl nicht wieder erreicht werden. Überhaupt zeigt sich die Kulturszene nach der Offensive des türkischen Staates mit der Entlassung von sieben Regisseuren und Schauspielern besorgt über den Fortbestand der Istanbuler Theaterlandschaft, in der sich eine Vielzahl freier Theatergruppen organisieren.

Regisseur Nurkan Erpulat prognostizierte in einem Gespräch mit Deutschlandradio Kultur gar, die Türkei sei in zwei bis drei Jahren ohne Theater. Auch er habe sich im Frühjahr bei seiner Aufführung von Wolfram Lotz' „Die lächerliche Finsternis“ an einem Istanbuler Stadttheater selbst zensieren müssen.

Wenn im November die Produktion „Love it or leave it“ über Demokratie und das Dilemma der im Exil lebenden türkischen Künstler am Maxim Gorki Theater in Berlin anlaufen wird, werden die Erfahrungen der letzten Wochen wohl ohne Rücksicht auf politische Konformität verhandelt werden.

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