Der performative Umgang mit dem Text
Ansätze sprechkünstlerischer Probenarbeit im zeitgenössischen Theater
von Julia Kiesler
Taschenbuch mit 438 Seiten, Format: 140 x 240 mm
ISBN 978-3-95749-240-1
Vor welchen Herausforderungen stehen Schauspielerinnen und Schauspieler angesichts einer performativen Spielpraxis? Wie gestaltet sich der Erarbeitungsprozess von Texten in der Zusammenarbeit von Regisseuren und ihren Ensembles heutzutage? Wie charakterisiert sich dabei ein performativer Umgang mit dem Text? Diesen Fragen geht die Sprechwissenschaftlerin Julia Kiesler in diesem Buch nach.
Auf Basis der Untersuchung von drei Probenprozessen der renommierten Regisseure Claudia Bauer, Laurent Chétouane und Volker Lösch werden verschiedene Arbeitsweisen unter die Lupe genommen. Hierzu gehören u. a. intertextuelle und intervokale Herangehensweisen, Musikalisierungsprozesse, die chorische Arbeit am Text oder Synchronisationsverfahren, die mit der Trennung von Spiel und Sprache einhergehen sowie mit dem Einsatz von Audio- und Videotechnik arbeiten. Die daraus hervorgehenden vielstimmigen Erscheinungsformen werfen eine veränderte Perspektive auf Prozesse des Darstellens und Sprechens auf der Bühne, die es innerhalb der Schauspielausbildung zu berücksichtigen gilt.
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ISBN 978-3-95749-251-7 (Open Access)
DOI: https://doi.org/10.35287/9783957492517
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Ich hatte einmal die Illusion, theatralisches Wissen sei etwas, das man sich aneignen und dann besitzen könne. Also schaute ich mich um. Zuerst ging ich zu einem, der noch lebte. Drei Jahre lang saß ich da und beobachtete die Arbeit von Jerzy Grotowski. Dann ging ich nach Indien. Später wandte ich mich an die Toten, an die Quellenwerke der „Lehre“ vom Theater: Stanislawskij, Meyerhold, Brecht, die alten Schriften von Zeami und der Natyashastra. Sie standen alle auf meinem Schreibtisch aufgereiht. Eisenstein war auch dabei. So hatte ich mich vorbereitet, bis an den Tag, an dem ich mit meinen Kollegen vom Odin Teatret die Arbeit aufnahm. Liegt es an diesem Wissen, an dem ich als Zuschauer oder als Leser teilhatte, daß heute einige Menschen mit mir arbeiten möchten und mir Fragen über die Arbeit des Schauspielers stellen? Oder liegt es an den Ergebnissen, die von unseren Schauspielern erreicht wurden? (Barba 1985, 90)
Diese kleine Anekdote des italienischen Theatermachers Eugenio Barba fragt danach, ob künstlerisches Wissen erlernbar ist oder ob es vielmehr aus der Erfahrung eines kreativen Prozesses hervorgeht, der zugleich ein Prozess der Erforschung künstlerischer Arbeit ist. Sie wirft die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Probenbeobachtungen auf und verweist damit auf ein Untersuchungsgebiet, dem sich die vorliegende Studie widmet.
Jeder Probenprozess im Theater lässt sich als ein künstlerischer Forschungsprozess betrachten, in dem spezifische Vorgehensweisen entwickelt werden bzw. zum Einsatz kommen. Wie Matzke schreibt, wird innerhalb von Proben nicht nur eine Aufführung vorbereitet, es wird auch ein spezifisches Wissen generiert (vgl. Matzke 2012, 19). Jeder Probenprozess charakterisiert sich durch den Rückbezug auf bestehende künstlerische Praktiken einerseits sowie auf das Entwickeln neuer Herangehensweisen, Formen und Ästhetiken andererseits. „Als Prozess der Wissensgenerierung trifft sich im Begriff des Probens das Theater mit der Wissenschaft.“ (ebd.) Die Reflexion des Einsatzes und der Entwicklung künstlerischer Praktiken innerhalb eines Produktionsprozesses steht im Zentrum der vorliegenden Untersuchung. Eine solche Reflexion kann dazu beitragen, eine veränderte Perspektive auf die schauspielerische Darstellung zu eröffnen. Sie kann zum einen Impulse für die Weiterentwicklung der eigenen künstlerischen Arbeit setzen, zum anderen kann sie der Vermittlung künstlerischer Verfahren, Methoden und Arbeitsweisen im Rahmen von Ausbildungsprozessen dienlich sein.
In seiner wissenschaftlichen Ausrichtung ist die Probenprozessbeobachtung noch jung. Insbesondere innerhalb der angewandten Theaterwissenschaft ist seit einiger Zeit ein Paradigmenwechsel von der Aufführungsanalyse zur Aufarbeitung unterschiedlicher Probenprozesse zu verzeichnen (vgl. Kurzenberger 2009b, 7). Melanie Hinz und Jens Roselt sondieren in ihrer Publikation Chaos und Konzept ein neues Forschungsfeld, indem sie nach den Poetiken sowie nach konkreten Techniken und Verfahren des Probierens im Theater fragen (vgl. Hinz/Roselt 2011, 9). Im Fokus stehen einzelne Regisseurinnen und Regisseure und ihre individuellen Arbeitsweisen mit Schauspielerinnen und Schauspielern sowie ihr Umgang mit Texten und Situationen. Daran schließt die hier vorliegende Arbeit an.
Ihre Untersuchungen bewegen sich im Umfeld des zeitgenössischen deutschsprachigen Theaters und gehen aus einem Forschungsprojekt hervor, das ich an der Hochschule der Künste Bern ins Leben rief. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Methoden der sprechkünstlerischen Probenarbeit im zeitgenössischen deutschsprachigen Theater“ ging von der Beobachtung aus, dass sich die Anforderungen an Schauspielerinnen und Schauspieler in der Theaterpraxis sowohl im darstellerischen als auch im sprachlichen bzw. sprecherisch-stimmlichen Bereich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark verändert haben. Texte werden chorisch, simultan oder monologisierend statt dialogisch gestaltet und sind nicht mehr unbedingt in die Repräsentation von Handlungen und schauspielerische Vorgänge auf der Bühne eingebunden. Ausdrucksmöglichkeiten wie Körper, Raum, Licht, Bewegung, Bild, gesprochene Sprache und Stimme treten als gleichberechtigte Mittel neben den Text. Sowohl in Inszenierungen, denen ein postdramatischer Theatertext zugrunde liegt, der dramatische Kategorien wie Figur, Dialog, Handlung, Raum- und Zeitgestaltung auflöst und demnach einen veränderten Umgang der Schauspielerinnen und Schauspieler mit dem Text erfordert, als auch in Inszenierungen klassischer Dramen avancieren die Sprache und ihre Erscheinungsweise auf der Bühne als gesprochene Sprache, als Stimmklang, als Rhythmus, als Melodie von einem Mittel zu einem Thema.
Auf der Grundlage dieser Beobachtungen stellte das Projekt die Frage, wie derartige Sprechweisen und Darstellungsformen innerhalb von Probenprozessen entstehen bzw. entwickelt werden und welche Methoden und Arbeitspraktiken dabei zum Einsatz kommen. Durch die teilnehmende Beobachtung an insgesamt fünf mehrwöchigen Probenprozessen sollte herausgefunden werden, wie der Erarbeitungs- und Gestaltungsprozess eines Textes im zeitgenössischen Theater in der Zusammenarbeit von Schauspieler/-innen und Regisseur/-innen erfolgt. Den Untersuchungsgegenstand des gesamten Forschungsprojekts bildeten die folgenden Probenarbeiten:
– ein Workshop des Regisseurs Laurent Chétouane – mit Studierenden der Hochschule der Künste Bern, in dem die Erarbeitung von Shakespeare- Sonetten sowie die Annahme des Regisseurs: „Der Text spricht, nicht ich!“ im Zentrum der Beobachtung standen,
– der Probenprozess zur Inszenierung Biedermann und die Brandstifter von Max Frisch in der Regie von Volker Lösch am Theater Basel, in der insbesondere die chorische Textarbeit fokussiert wurde,
– eine Produktion der Regisseurin Claudia Bauer, die Goethes Faust. Der Tragödie erster Teil am Konzerttheater Bern auf die Bühne brachte und darin einen speziellen Figurenansatz verfolgte,
– der Probenprozess zur Inszenierung Warum läuft Herr R. Amok? nach dem Film von Rainer Werner Fassbinder in der Regie von Susanne Kennedy an den Münchner Kammerspielen, einer Produktion, die mit einem aufgenommenen Playbacktext arbeitete,
– schließlich der Probenprozess zur Inszenierung Wut von Elfriede Jelinek in der Regie von Nicolas Stemann an den Münchner Kammerspielen, in dem die Transformation eines postdramatischen Theatertextes im Zentrum der Beobachtung stand.
Die Auswahl dieser Produktionen ging von der Vermutung aus, dass die aufgeführten Regisseurinnen und Regisseure den Konflikt mit traditionellen, etablierten Theaterpraktiken suchen und mit neuen Darstellungs- und Sprechformen sowie Texterarbeitungsansätzen experimentieren.
Dieser Studie liegen nur die drei erstgenannten Produktionen von Laurent Chétouane, Volker Lösch und Claudia Bauer als Untersuchungsgegenstand zugrunde, da ich selbst an diesen drei Probenprozessen als teilnehmende Beobachterin beteiligt war und diese auf Basis der dort erhobenen Daten in eigenständiger Arbeit ausgewertet und analysiert habe (zu den Ergebnissen der anderen zwei untersuchten Probenprozesse vgl. Kiesler/Rastetter 2017 sowie Rastetter 2017a und 2017b). Die zunächst allgemeine Fragestellung nach der Entstehung „veränderter“ Spiel- und Sprechweisen und deren Herstellungsprozessen wurde spezifiziert, in dem nach den Entstehungsprozessen speziell performativer Praktiken des Spielens und Sprechens auf der Bühne des Theaters gefragt wurde. Der Fokus wurde in der Beobachtung dieser drei Probenprozesse auf Ansätze der Texterarbeitung gelegt, die keine realistische, also wirklichkeitsabbildende Spiel- und Sprechweise hervorbringen, sondern sich im weitesten Sinne einer performativen, d. h. wirklichkeitskonstituierenden Spielpraxis zuordnen lassen.
Dabei stand vor allem der sprechkünstlerische Gestaltungsprozess der Schauspielerinnen und Schauspieler im Zentrum der Beobachtung, da insbesondere der Umgang mit sprecherischen und stimmlichen Gestaltungsmitteln in früheren Inszenierungen der drei genannten Regisseur/-innen auffiel, so die chorische Sprechweise in den Produktionen von Volker Lösch, das verlangsamte, Wort für Wort deklamierende Sprechen innerhalb von Chétouanes Inszenierungen oder die vielfältigen Brüche und Wechsel von Sprechweisen in den Produktionen von Claudia Bauer.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, Ansätze der Textarbeit, wie sie in der zeitgenössischen Theaterpraxis zum Einsatz kommen, exemplarisch zu beschreiben und methodisch als „performative Ansätze der Textarbeit“ herauszuarbeiten sowie zu definieren. Darüber hinaus ist es das Ziel, Fähigkeiten und Kompetenzen für die Schauspielausbildung abzuleiten, die im Umgang der Schauspielerinnen und Schauspieler mit performativen Herangehensweisen und Erscheinungsformen beobachtet wurden. Die Studie kommt damit der Forderung nach, Ausbildungsinhalte im Hinblick auf die Theaterpraxis zu überprüfen und zu überdenken. Beobachtete künstlerische Praktiken, Erscheinungsformen und Phänomene werden demnach nicht nur theoretisch, sondern auch anwendungsorientiert betrachtet. Darüber hinaus ist es dieser Studie ein Anliegen, die sprechkunsttheoretische Debatte voranzubringen und Impulse für weiterführende sprechkünstlerische Untersuchungen innerhalb der Sprechwissenschaft zu geben.
Die Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Nach der thematischen Einführung der Untersuchung innerhalb der Einleitung wirft das zweite Kapitel einen Blick auf die sprech- und theaterwissenschaftliche Forschungslage. Es werden theoretische Positionen beider Fachgebiete erörtert mit dem Ziel, ein Verständnis für die Formulierung eines „performativen Umgangs mit dem Text“ zu erlangen. Das dritte Kapitel widmet sich dem Untersuchungsdesign und stellt methodische Schritte vor, die im Rahmen der Probenprozessbeobachtungen und -analysen vollzogen wurden. Im Zentrum der Kapitel vier bis acht steht die Analyse der empirischen Probenprozessuntersuchungen, deren Ziel es war, methodische Ansätze eines performativen Umgangs mit dem Text herauszuarbeiten. Die Gliederung der Kapitel vier bis sechs folgt in Ansätzen der Struktur eines Probenprozesses, an dessen Beginn konzeptionelle Überlegungen zu einer Inszenierung sowie ein oder mehrere Texte als Ausgangsmaterial stehen, das im Rahmen der Probenarbeit performativ transformiert wird.
So stellt das vierte Kapitel zunächst die drei der Untersuchung zugrunde liegenden Produktionen vor, deren Probenprozesse beobachtet wurden. Es werden konzeptionelle und inszenatorische Gesichtspunkte der drei Probenarbeiten beschrieben, auf deren Basis Aspekte performativer Situationsanordnungen herausgearbeitet werden. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Texte den drei Produktionen zugrunde lagen und auf welche Weise diese als Material für die jeweilige Inszenierung bearbeitet wurden. Kontingenzmerkmale, intertextuelle Arbeitsweisen sowie Kompositionsprozesse werden hier als künstlerische Ansätze beschrieben, die eine Textvorlage als Material behandeln und die Autorschaft von Schauspieler/-innen und Regieteams herausfordern.
Das sechste Kapitel bildet das Herzstück und größte Kapitel der vorliegenden Studie. Im Zentrum stehen verschiedene Texterarbeitungsansätze, die als performative definiert und herausgearbeitet werden. Dabei untergliedert es sich in neun Teilkapitel. Nach einer Kapiteleinführung stellen die Teilkapitel 2 und 3 allgemein methodische und speziell interperformative Bezugsgrößen vor, um den nachfolgenden Ausführungen einen referentiellen Zusammenhang geben zu können. Kapitel 4 beschreibt methodische Ansätze der Textarbeit, wie sie im Rahmen der Probenprozessuntersuchung des Workshops von Laurent Chétouane beobachtet wurden. Das Unterkapitel 5 untersucht anhand der Probenarbeiten von Claudia Bauer und Volker Lösch sowie ihrer Ensembles musikalische Ansätze der Textarbeit. Exemplarisch werden einzelne methodische Schritte sowie erforderliche Fähigkeiten der Schauspielerinnen und Schauspieler für eine musikalische Texterarbeitung herausgearbeitet. Im Anschluss daran beschreibt das Unterkapitel 6 methodische Aspekte speziell der chorischen Textarbeit, wie sie insbesondere in der Arbeit von Volker Lösch und dem Chorleiter Bernd Freytag zu beobachten war. Auch hier werden am Ende des Teilkapitels Fähigkeiten herausgestellt, die Schauspielerinnen und Schauspieler für das Chorsprechen benötigen. Das Teilkapitel 7 beschäftigt sich mit einem Texterarbeitungsansatz, der als „intervokale Herangehensweise“ bezeichnet werden soll und in diesem Zusammenhang einen neuen Blick auf das Zitieren und Markieren von Figuren und Sprechweisen wirft. Im Unterkapitel 8 steht die Trennung von Spiel und Sprache zum einen als methodischer Ansatz der Probenarbeit, zum anderen hauptsächlich als ästhetische Herangehensweise, wie sie insbesondere im Rahmen der Faust-Produktion von Claudia Bauer zu beobachten war, im Zentrum. In diesem Kapitel wird auch der Einsatz medialer Techniken durch Videoprojektion oder Mikrofon thematisiert. Im letzten Teilkapitel 9 werden schließlich das darstellerische Potential sowie Wirkungsdimensionen der beschriebenen Texterarbeitungsansätze und deren Erscheinungsformen erörtert.
Die Kapitel sieben und acht nehmen eine verstärkte Reflexionsebene ein. Im Kapitel sieben werden auf Basis der empirischen Untersuchungen ausgewählte sprechkünstlerische Gestaltungsmittel als sprechkünstlerische Phänomene beschrieben und damit Überlegungen zu einer erweiterten Theoriebildung hinsichtlich prosodischer Merkmale angestellt. Das Kapitel acht beschäftigt sich abschließend mit der Frage, welche Fähigkeiten und Kompetenzen aufgrund der Untersuchungsergebnisse für eine performative Spielpraxis abgeleitet werden können und welche Rückschlüsse für die Schauspielausbildung zu ziehen sind. Im neunten und letzten Kapitel der vorliegenden Studie werden die Untersuchungsergebnisse zusammengefasst, methodenkritisch reflektiert sowie Perspektiven für nachfolgende Untersuchungen aufgezeigt.
Die Arbeit richtet sich an Sprechwissenschaftlerinnen und Sprechwissenschaftler, an Sprecherzieherinnen und Sprecherzieher, an Dozierende innerhalb der Schauspielausbildung ebenso wie an Schauspielstudierende, an Theaterwissenschaftlerinnen und Theaterwissenschaftler sowie an Theaterpraktikerinnen und Theaterpraktiker. Eine Schauspielausbildung sollte angehende Schauspielerinnen und Schauspieler auf die vielfältigen Anforderungen, die der Beruf mit sich bringt, vorbereiten. Voraussetzung dafür ist die Wahrnehmung der Theaterrealität und der Anforderungen, die auf der Bühne des zeitgenössischen Theaters gestellt werden. Sich verändernde Anforderungen machen das Überdenken und ein Erweitern bestehender Lehrinhalte nötig. Der vorliegenden Studie kommt demnach eine methodische Bedeutung zu, wenn es gelingt, ihre Forschungsergebnisse direkt in die Theaterpraxis und/oder in die Lehre und Ausbildung von Schauspiel- und Regiestudierenden sowie Studierenden der Sprechwissenschaft als zukünftige Sprecherzieher/-innen an Schauspielschulen und Theatern einfließen zu lassen.
Wissenschaftliche Bedeutsamkeit erlangt die Arbeit durch die Erweiterung des Methodenkanons sowohl für die Theaterwissenschaft als auch für die Sprechwissenschaft. Durch die Methode der teilnehmenden Beobachtung, fokussiert auf den Umgang mit gesprochener Sprache, können Aspekte des Probenprozesses, die sich auf den Erarbeitungsprozess von Texten im zeitgenössischen Theater und die Entstehung von bestimmten Sprechweisen beziehen, untersucht werden. Dank der auditiven Analyse gelangt man auch zu einer genaueren Beschreibung von sprecherischen und stimmlichen Phänomenen. Ebenso wie es allgemein in der Methodologie der Kulturwissenschaft und Sprachphilosophie und speziell innerhalb der Theaterwissenschaft einen Perspektivwandel gegeben hat (vgl. Kolesch/Krämer 2006, 10), nimmt auch die vorliegende Arbeit eine performative Perspektive ein und fokussiert nicht mehr allein Strukturen und Werke, sondern Ereignisse sowie Prozesse der Produktion und Rezeption. Sie leistet damit einen Beitrag zum sich neu konstituierenden Forschungsfeld der Probenforschung innerhalb der Theaterwissenschaft. Die Sprechwissenschaft hat erst in jüngerer Zeit wieder begonnen, sich dem Gegenstand des Theaters zu widmen, ausgehend davon, dass Sprechkunst u. a. am Theater stattfindet. Die vorliegende Arbeit möchte als systematische sprechwissenschaftlich orientierte Untersuchung einen wesentlichen Beitrag in der Diskussion um das zeitgenössische Theater leisten.
Kapitel | Seite |
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Kapitel | Seite |
Danksagungenvon Julia Kiesler | Seite 7 |
Einleitungvon Julia Kiesler | Seite 9 |
Forschungslage | |
1 Zum Begriff des zeitgenössischen Theatersvon Julia Kiesler | Seite 16 |
2 Semiotische und performative Perspektivenvon Julia Kiesler | Seite 19 |
3 Theorie des Performativenvon Julia Kiesler | Seite 30 |
4 Klassifizierung von Spiel- und Sprechweisenvon Julia Kiesler | Seite 57 |
5 Fazit: Der performative Umgang mit dem Text – Versuch einer Definitionvon Julia Kiesler | Seite 64 |
Methodendesign | |
1 Theaterproben als Untersuchungsgegenstandvon Julia Kiesler | Seite 70 |
2 Probenprozessbeobachtungvon Julia Kiesler | Seite 75 |
3 Probenprozessanalysevon Julia Kiesler | Seite 93 |
Konzeptionelle und inszenatorische Aspekte dreier Probenprozesse | |
1 Konzeptionelle Aspekte der Probenarbeit von Laurent Chétouane im Rahmen des Workshops „Shakespeare-Sonette“ an der Hochschule der Künste Bernvon Julia Kiesler | Seite 107 |
2 Konzeptionelle Aspekte der Produktion Biedermann und die Brandstifter von Max Frisch in der Regie von Volker Lösch am Theater Baselvon Julia Kiesler | Seite 117 |
3 Konzeptionelle Aspekte zur Faust-Inszenierung von Claudia Bauer am Konzerttheater Bernvon Julia Kiesler | Seite 125 |
4 Fazit: Aspekte performativer Situationsanordnungenvon Julia Kiesler | Seite 131 |
Die Behandlung des Textes als Material | |
1 Problemstellungvon Julia Kiesler | Seite 139 |
2 Kontingenz als Kennzeichen einer entstehenden Textfassungvon Julia Kiesler | Seite 140 |
3 Intertextuelle Arbeitsweisenvon Julia Kiesler | Seite 145 |
4 Kompositionsprozessevon Julia Kiesler | Seite 163 |
5 Fazit: verstärkte Autorschaft von Schauspieler/-innen und Regieteamsvon Julia Kiesler | Seite 170 |
Performative Ansätze der Textverarbeitung | |
1 Einführung ins Kapitelvon Julia Kiesler | Seite 175 |
2 Methodischer Referenzrahmenvon Julia Kiesler | Seite 178 |
3 Interperformative Bezügevon Julia Kiesler | Seite 188 |
4 Sprechen auf der Basis von Nicht-Wissen: methodische Aspekte der Textarbeit im Probenprozess von Laurent Chétouanevon Julia Kiesler | Seite 200 |
5 Die musikalische Arbeit am Text: Musikalisierungsprozesse in den Probenarbeiten von Claudia Bauer, Peer Baierlein, Volker Lösch und Bernd Freytagvon Julia Kiesler | Seite 242 |
6 Weitere methodische Aspekte der chorischen Textarbeitvon Julia Kiesler | Seite 277 |
7 Intervokale Herangehensweisenvon Julia Kiesler | Seite 298 |
8 Die Trennung von Spiel und Sprachevon Julia Kiesler | Seite 309 |
9 Dimensionen performativer Texterarbeitungsansätze und ihrer vielstimmigen und polysemantischen Erscheinungsformenvon Julia Kiesler | Seite 323 |
Sprechkünstlerische Phänomene | |
1 Rhythmus als sprechkünstlerisches Phänomenvon Julia Kiesler | Seite 334 |
2 Zäsur, Pause und Sprechgeschwindigkeit als sprechkünstlerische Phänomenevon Julia Kiesler | Seite 338 |
3 Stimmklang als sprechkünstlerisches Phänomenvon Julia Kiesler | Seite 345 |
4 Fazit: die performative Funktion sprechkünstlerischer Phänomenevon Julia Kiesler | Seite 348 |
Fähigkeiten füe eine performative Spielpraxis | |
1 Zwischen Virtuosität und Persönlichkeitvon Julia Kiesler | Seite 351 |
2 Bewusstsein für ein relationales Raumkonzept und performatives Situationsverständnisvon Julia Kiesler | Seite 352 |
3 Offenheit und Erlebnisbereitschaft als Gelingensbedingungen für die Entfaltung eines transformatorischen Potentialsvon Julia Kiesler | Seite 354 |
4 Reflexionsfähigkeit und Autorschaft als Kompetenzen der Schauspielerpersönlichkeitvon Julia Kiesler | Seite 357 |
5 Bewusstsein für verschiedene Spiel- und Sprechweisen und deren Brüchevon Julia Kiesler | Seite 362 |
6 Kompetenzen für einen performativen Umgang mit Texten und gesprochener Sprachevon Julia Kiesler | Seite 364 |
7 Umgang mit Emergenzen und den Ambivalenzen von Tun und Nicht-Tunvon Julia Kiesler | Seite 369 |
8 Fazit: Rückschlüsse für die Schauspielausbildungvon Julia Kiesler | Seite 372 |
Zusammenfassung, Ausblick und Desideratavon Julia Kiesler | Seite 374 |
Quellenverzeichnisvon Julia Kiesler | Seite 379 |
Anhangvon Julia Kiesler | Seite 403 |
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Zur Autorin
Julia Kiesler
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3 Interperformative Bezüge
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Zu diesem Buch
Im November 2017 versammelten sich an der Hochschule der Künste Bern Theaterpraktiker,…
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Die Trennung von Spiel und Sprache als ein zentrales Element von Claudia…
5 Fazit: Der performative Umgang mit dem Text – Versuch einer Definition
In den vorangegangenen Ausführungen wurde deutlich, dass sich sprechwissenschaftliche und…
Bibliographie
Beiträge von Julia Kiesler finden Sie in folgenden Publikationen:
Recherchen 153
Wer bin ich, wenn ich spiele?
Fragen an eine moderne Schauspielausbildung
Julia Kiesler
Der performative Umgang mit dem Text
Ansätze sprechkünstlerischer Probenarbeit im zeitgenössischen Theater
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
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