Bauen in zerstörten Städten

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I. Der Realisierungswettbewerb zum künftigen Berliner Humboldt-Forum ist in eine Jury-Entscheidung von wirklicher Weisheit ausgegangen; die Palme erhielt ein Entwurf, der die schwierige Aufgabe, das nach den überparteilich gefaßten Beschlüssen des Deutschen Bundestags wiederherzustellende Alte mit neuer Architektur im Dienst vielseitiger Nutzungen zu verbinden, auf eine ebenso sensible wie kühne Weise löst. Daß diese Vorlage, wie sich beim Öffnen der Umschläge herausstellte, von Franco Stella, einem Architekten aus Vicenza kam, preisgekrönt zwei Tage, bevor die Welt den 500. Geburtstag des Vicentiners Palladio beging, war eine Pointe besonderer Art.

Foto: Ostfassade, Stiftung Berliner Schloss/Humboldt-Forum/Franco Stella
Foto: Ostfassade, Stiftung Berliner Schloss/Humboldt-Forum/Franco Stella

Die Klippen der Aufgabe, an denen ernsthafte Mitbewerber auf je eigene Weise gescheitert waren, lagen in den drei außerhalb der Rekonstruktion liegenden, also architektonisch freigegebenen Partien der Außengestalt des Baus: der vierten, westlichen Seite des Schlüterhofs, dem am östlichen Spreearm auf das Marx-Engels-Forum blickenden Trakt und der Kuppel über der wiederherzustellenden Barockfassade Eosander v. Göthes. Sie war in der vom Bundestag 2002 und 2003 beglaubigten Kommissionsempfehlung nicht vorgekommen; in die vom Parlament 2007 gebilligte Wettbewerbsausschreibung ging sie ohne formale Festlegung ein. Schon August Stüler sah sich einer kaum lösbaren Aufgabe gegenüber, als er hundertfünfzig Jahre nach Eosander den Auftrag für diesen das triumphale Westportal krönenden Überbau erhielt, der eine Kapelle überwölben sollte. An einen Schinkel-Entwurf anknüpfend, löste er sie in einer Weise, mit der – der Wettbewerb hat es erwiesen – an dieser Stelle kein zeitgenössischer Architekt konkurrieren kann; Franco Stellas Sensibilität erwies sich daran, daß er das erkannte. Auch Christoph Mäckler, Träger des dritten Preises, hatte die Stülersche Lösung in sein Projekt aufgenommen, Hans Kollhoff, seinerseits mit einem dritten Preis bedacht, war ihr nahegekommen; zwei weitere Träger des dritten Preises, Jan Kleihues und das Veroneser Team Eccheli e Campagnola, präsentierten moderne Variationen mit hohem Tambour und einer originell strukturierten Kuppel, die bei den Veronesern aus einem offenen Stahlgerüst bestand. Eine der Ausschreibung entgegenstehende, aber architektonisch reizvolle Kuppel-Alternative, ein gläsern umkleideter Aufsatz von mäßiger Höhe und beträchtlicher Eleganz über Portaltrakt und westlichem Hof stammte von Johannes Kuehn, dessen origineller Gesamtentwurf von der Jury zu Recht mit einem Sonderpreis bedacht wurde.

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