Heft 06/2012
Puppen entern das Schauspiel
Nicolas Stemann und Florian Loycke / Das Helmi
Broschur mit 112 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Regelmäßig ergreift unsere Korrespondentin und couragierte Zeitgenossin Etel Adnan in Theater der Zeit das Wort. Jetzt freuen wir uns mit ihr, dass ihr visuelles Werk auf der diesjährigen Documenta in Kassel ausgestellt wird. Wir gratulieren mit einem Künstlerinsert, dass diesmal keine Objekte oder Plastiken für den performativen Gebrauch zeigt, sondern Bilder und Farbflächen von Etel Adnan. Bona Facius porträtiert die Dichterin und Malerin.
Schwerpunkt dieses Heftes ist die Puppe. Lena Schneider und Gunnar Decker befragten Regisseur Nicolas Stemann und Puppenperformer Florian Loycke (Das Helmi) zu ihrer gemeinsamen Arbeit. „Die Realitätsebene soll sich verändern“, bringt Loycke sein Credo auf den Punkt und unterstreicht das Irritations- und Verfremdungspotenzial, das seinem Spiel durch die „Verkörperung des Unidealen“ innewohnt. Dass die Puppe auf dem Vormarsch ist, bestätigt Sabine Leucht, die sich mit der Arbeit Suse Wächters auseinandersetzt, deren Kunst „da einsetzt, wo die Schauspielkunst an ihre Grenzen gelangt“. „Die Puppe ist auf der großen Bühne angekommen“, bestätigt auch Jörg Lehmann und widmet sich ihrer Begegnung mit dem „Schauspieler“ genannten Wesen. Das Protestpotenzial der Puppe ruft aktuell die syrische Theaterkompanie Masasit Mati ab, die, befragt von Dorte Lena Eilers, auf eine Demokratisierung im Nahen Osten hofft. Philosophisch versiert rundet Sebastian Kirsch den Komplex ab, indem er fragt, ob es auch ein Puppentheater jenseits des Puppentheaters gibt, wo jene „Marionetten mit himmelblauen Nasen und affektiertem Pathos“ zum Einsatz kommen, die nach einem Wort Georg Büchners in der idealistischen Ästhetik das Sagen haben.
Ob Rudolstadt in Thüringen ein Puppenheim sei, klärt Steffen Mensching, der Leiter des Landestheaters vor Ort, im Gespräch mit Frank Raddatz, der wissen will, wie man in Kleinstädten Theater macht, ohne sich anzubiedern. Wie das gehen kann, zeigt Michael Helbing, der sich in Rudolstadt an zwei Stücken zum Thema des „Fremden“ erfreute. Ganz und gar nicht amused war indes Renate Klett darüber, wie Robert Lepage seinen „Ring“ an der New Yorker Metropolitan Opera versenkte. Ihr zähneknirschendes Resümee: „Alle sind enttäuscht!“
Das wiederum lässt sich über Volker Löschs Arbeit in Montevideo nicht behaupten, in dessen Inszenierung „Antigone Oriental“ Opfer der Militärdiktatur in Uruguay zu Wort kommen. Hartmut Krug sprach mit Irma Leites, einer berühmten Aktivistin der Menschenrechtsbewegung: „In verschiedenen Momenten erzählen wir mal individuell, mal chorisch. Aus unseren Erzählungen sind dramaturgisch bearbeitete Texte entstanden. Manchmal sprechen wir eine eigene Geschichte, aber in den meisten Fällen erzählen wir Geschichten von anderen.“ Ihre Kollegin Ana Demarco ergänzt: „Wenn man anfängt zu erzählen, erweckt man ein inneres Monster, und wir umarmen uns, geben uns Halt und unterstützen uns gegenseitig.“
Am 10. April verstarb Ivan Nagel, ein Dreh- und Angelpunkt der bundesrepublikanischen Theaterkultur. Seiner gedenkend, drucken wir statt eines Nachrufs seine Laudatio zum Friedenspreis für Susan Sontag ab, die im Juli in seiner Essaysammlung „Schriften zur Politik“ bei Suhrkamp erscheinen wird.
Die Redaktion wünscht allen eine erholsame Sommerpause
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Protagonisten | |
KünstlerinsertMalereienvon Etel Adnan | Seite 4 |
Herrin der FinsternisDie libanesisch-amerikanische Schriftstellerin und TdZ-Kolumnistin Etel Adnan wird auf der documenta (13) in Kassel nun endlich auch als Malerin gefeiert. Ein Porträtvon Bona Facius | Seite 8 |
Thema | |
Die Verkörperung des UnidealenDer Regisseur Nicolas Stemann und Florian Loycke vom Puppentheater Das Helmi über ihre gemeinsame Arbeit „Faust I + II“ und Puppen, die beim Spielen zerfallen wie Gedankenvon Gunnar Decker, Lena Schneider, Nicolas Stemann und Florian Loycke | Seite 12 |
Die BeleberinWie Suse Wächter mit ihrer Puppenwelt die deutsche Schauspiellandschaft aufmischtvon Sabine Leucht | Seite 17 |
Zeigt, dass ihr zeigt!Wiederbegegnung oder Ankunft? Über das Wechselspiel zwischen Puppen und Menschen auf der Schauspielbühnevon Jörg Lehmann | Seite 20 |
Im Bannkreis der SprechpuppeOder: Gibt es ein Puppentheater jenseits des Puppentheaters?von Sebastian Kirsch | Seite 22 |
Imagination statt AnimationIvana Müllers Choreografie „While We Were Holding It Together“ beim Festival FIDENAvon Gerrit Münster | Seite 23 |
Die Albträume eines kleinen DiktatorsWie die syrische Puppentheaterkompanie Masasit Mati im Internet gegen das Assad-Regime protestiert. Ein Gesprächvon Dorte Lena Eilers und Masasit Mati | Seite 24 |
Abschied | Seite 26 |
Töten ist konkretAnstelle eines Nachrufs – Laudatio zum Friedenspreis für Susan Sontag. Vorabdruck aus Ivan Nagels Buch „Schriften zur Politik“von Ivan Nagel | |
Aktuelle Inszenierung | Seite 28 |
Im Meer der MittelmäßigkeitRobert Lepage treibt in seinem „Ring“ an der New Yorker Metropolitan Opera Wagner jeglichen Zauber ausvon Renate Klett | |
Protagonisten | |
Bloß kein bloßer KulturbringerDer Intendant des Theaters Rudolstadt Steffen Mensching über sein Theater, das mehr sein will als ein Selbstverwirklichungsprojektvon Frank M. Raddatz und Steffen Mensching | Seite 30 |
Übungen im FremdelnMit „Othello“ und „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ sucht das Thüringer Landestheater Rudolstadt die Auseinandersetzung mit dem Anderenvon Michael Helbing | Seite 32 |
Look Out | |
Schneller als ein SonnenwagenDas Performancekollektiv Mobile Albania hat sich dem Nomadentum verschriebenvon Sebastian Kirsch | Seite 34 |
Gefährlich bleibenDer Schauspieler Daniel Sträßer füllt mit seinem Charisma problemlos auch das Burgtheatervon Margarete Affenzeller | Seite 35 |
Ausland | Seite 36 |
Wir fühlen uns nicht als OpferVolker Lösch inszeniert in Montevideo „Antigona Oriental“von Hartmut Krug | |
Kolumne | Seite 39 |
Der SofortistWie Professor Rainald Goetz im Hörsaal 1 b loslabertvon Ralph Hammerthaler | |
Auftritt | |
Chemnitz: Ausgangspunkt SehnsuchtDie Theater Chemnitz: „Herr mit Sonnenbrille“ (DSE) von Gerhild Steinbuch. Regie Mirja Biel und Joerg Zboralski; „Die Handgriffe der Evakuierung“ (UA) von Susanna Mewe. Regie Alexandra Wilkevon Michael Bartsch | Seite 40 |
Frankfurt am Main: Es gilt das gesprochene Wort„Der Freund krank“ (UA) von Nis-Momme Stockmann. Regie Martin Schulze; „Medea“ von Euripides. Regie Michael Thalheimervon Shirin Sojitrawalla | Seite 42 |
Mainz: Mindestens VerachtungStaatstheater: „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams. Regie Sarantos Zervoulakos, Bühne Raimund O. Voigt, Kostüme Geraldine Arnoldvon Christoph Leibold | Seite 44 |
Saarbrücken: Wo Flucht und Erstarrung eins sindSaarländisches Staatstheater: „Thatcher“ (UA) von Markus Bauer. Regie Markus Bauer, Ausstattung Gregor Wickertvon Gerd Zahner | Seite 45 |
Stück | |
Und danach Berlin! Tokio! New York!Die Autoren Beatrice Fleischlin, Lukas Linder und Verena Rossbacher im Gespräch mit Heike Dürscheid, der Leiterin von Stück Labor Baselvon Lukas Linder, Beatrice Fleischlin, Heike Dürscheid und Verena Rossbacher | Seite 46 |
Der Mann in der Badewanne oder Wie man ein Held wirdEin Lehrstückvon Lukas Linder | Seite 48 |
Halali!von Verena Rossbacher | Seite 61 |
triptychon eines seltsamen gefühls** dieses eine bombastische. Stück für 7 Darsteller_innen oder mehrvon Beatrice Fleischlin | Seite 75 |
Magazin | |
Wunderwetter im KarpatenknickWie die kleine rumänische Stadt Sfântu Gheorghe nach der Theaterwelt greiftvon Paula Schneider | Seite 88 |
Danke, dass ich noch weiter wachsen darfZweitaufführungen und Jugendstücke: Der Heidelberger Stückemarkt 2012 setzt neue Akzentevon Otto Paul Burkhardt | Seite 90 |
kirschs kontexteSchatzsucher, Piraten, Kulisvon Sebastian Kirsch | Seite 91 |
Dem Entstehen wohnt das Verschwinden inneZum Tod des raumlabor-Architekten Matthias Rickvon Josef Mackert | Seite 92 |
Urschrei eines NeugeborenenSibylle Dahrendorf zeigt in dem Film „Knistern der Zeit“, was aus Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso wurdevon Gunnar Decker | Seite 93 |
Die Geschichte stirbt nichtvon Fabian Lettow | Seite 94 |
Bücher | Seite 95 |
Beobachter der StilleJosef Bierbichler liest Mittelreich. 727 Min. auf 10 CDs, Deutscher Audio Verlag, Berlin 2011, 39,99 EUR.von Gunnar Decker | |
Ausnahmsweise altersweiseHerlinde Koelbl, Gerhard Polt: Gerhard Polt und auch sonst. Kein & Aber, Zürich 2012, 208 S., 19,90 EUR.von Holger Teschke | |
In eigener Sache | Seite 96 |
Linzers Eck | Seite 97 |
Nachhaltiger, weniger schnappatmig!Die Berliner Spielzeit 2011/12 geht ihrem Ende entgegen. Was davon bleibt (eventuell) im Gedächtnis?von Martin Linzer | |
Aktuell | Seite 98 |
Aus den KorrespondentenbürosASSITEJ, die internationale Vereinigung der Kinder- und Jugendtheater, formiert sich neuvon Myrta Köhler | |
Kommentar | Seite 99 |
Schauspiel macht PolitikThomas Flierl über den teilerfolggekrönten Protest der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“von Thomas Flierl | |
Aktuell | Seite 100 |
Meldungen | Seite 101 |
Aktuell | Seite 102 |
Film: Drei Tausendsassasvon Ralf Schenk | |
Hörspiel: Produktivitätssteigerung und Parteidisziplinvon Gerwig Epkes | |
In Nachbars Garten | Seite 103 |
Kunst: Düsteres Amerikavon Dominic Eichler | |
Musik: Butter, Fische, Elektropreußenvon Otto Paul Burkhardt | |
Premieren | Seite 104 |
Juni 2012 | |
Autoren | Seite 107 |
Impressum | Seite 107 |
Vorschau | Seite 107 |
Arbeitsbuch 2012: Import Export Arbeitsbuch zum HAU Berlin. Herausgegeben von Kirsten Hehmeyer und Matthias Pees | |
Gespräch | Seite 108 |
Was macht das Theater, Hasko Weber?von Otto Paul Burkhardt |
Etel Adnan
Margarete Affenzeller
Michael Bartsch
Otto Paul Burkhardt
Gunnar Decker
Heike Dürscheid
Dominic Eichler
Dorte Lena Eilers
Gerwig Epkes
Bona Facius
Beatrice Fleischlin
Thomas Flierl
Ralph Hammerthaler
Michael Helbing
Sebastian Kirsch
Renate Klett
Myrta Köhler
Hartmut Krug
Jörg Lehmann
Christoph Leibold
Fabian Lettow
Sabine Leucht
Lukas Linder
Martin Linzer
Florian Loycke
Josef Mackert
Masasit Mati
Steffen Mensching
Gerrit Münster
Ivan Nagel
Frank M. Raddatz
Verena Rossbacher
Ralf Schenk
Lena Schneider
Paula Schneider
Shirin Sojitrawalla
Nicolas Stemann
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