Recherchen 108
Horst Hawemann - Leben üben
Improvisationen und Notate
von Horst Hawemann
Herausgegeben von Christel Hoffmann
Paperback mit 230 Seiten, Format: 140 x 240 mm
ISBN 978-3-943881-83-7
"Dieses Buch transportiert mit bescheidener Unaufgeregtheit großartig nebensächliche und weiterspinnbare Lebensweisheiten, die man immer schon mitschreiben wollte." Berliner Zeitung
Pflichtlektüre für alle Schauspiel- und Regiestudierenden
Für den großen Theaterlehrer Horst Hawemann, Regisseur und langjähriger Lehrer an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin, war das Leben selbst die unerschöpfliche Quelle für das Handeln auf der Bühne. Wie kaum ein anderer hat er es verstanden, mit Alltagssprache zu spielen. Den stattlichen Fundus seiner praktischen Übungen und „Nummern“, die er den Spielern im Unterricht und auf der Probe angeboten hat, führt nun dieses Buch erstmals zusammen, begleitet von Kommentaren, in denen er seine „improvisierende Methode“ erläutert. Ein unentbehrliches Übungsbuch für den Schauspielunterricht, die Improvisation oder beim Inszenieren.
Dieses Buch ist nicht nur eine Bedienungsanleitung zum Erlernen der Schauspielkunst oder zur Ausbildung von Schauspielerinnen und Schauspielern. Es ist auch nicht nur Anregung und Quelle für Dozentinnen und Dozenten, die sich mit der Vermittlung von Grundlagen der Schauspielkunst beschäftigen, sowie für angehende Schauspieler/innen, die sich mit ihrem zukünftigen Beruf auseinandersetzen wollen. Dieses Buch ist vor allem ein Arbeitsbuch für gestandene Schauspieler/innen und Regisseur/ -innen, die mitten in Inszenierungsprozessen stehen. Und nicht zuletzt ist es ein Erinnerungsbuch an den Theaterlehrer Horst Hawemann.
Die Übungen in diesem Buch entbehren jeder Mechanik, sie sind kein Knöpfedrücken mit immer demselben Ergebnis – nein, sie sind sehr lebendig. Sie sind eine Aufforderung, kreativ mit diesem Material umzugehen, vielleicht so, wie Horst Hawemann selbst seine Erfindungen, er nannte sie seine „Nummern“, gesehen hat: Sie waren ihm nie wichtiger als die Menschen, mit denen er arbeitete.
Professor Horst Hawemann lehrte lange Jahre im Studiengang Zeitgenössische Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, er gab vornehmlich Unterricht in den Grundlagen Schauspiel im ersten Studienjahr, am Anfang des Studiums, und schloss im vierten Studienjahr mit einem Fortgeschrittenenkurs ab. Er war uns sehr verbunden und unterstützte uns inhaltlich in der Planung des Curriculums mit seinen Erfahrungen.
In seinen Grundlagenkurs konnte man jederzeit hineingehen und zuschauen. Man konnte sehen, wie sich seine Übungen entfalteten, wie sie sich veränderten, weil sie manchmal nicht funktionierten, man konnte zusehen, wie neue „Nummern“ auf der Probe von ihm erfunden wurden. „Einsam öffentlich arbeiten“, nannte Horst Hawemann das.
Er hatte immer einen Plan, wenn er in die Probe hineinging, aber der Plan war die Vorbereitung und die Probe das eigentliche Spiel – er improvisierte. Man sah, dass seine „Nummern“ lebten: Sie wurden im Kopf und auf der Probe geboren, manchmal aufgeschrieben, manchmal vergessen, sie kamen wieder, sahen anders aus, formten sich neu, schlossen sich zusammen, gruppierten sich anders, veränderten die Reihenfolge ihres Erscheinens – sie waren quicklebendig und führten, wie er manchmal schmunzelnd sagte, „ein irres Eigenleben“.
Er selbst aber trat zurück, er arbeitete uneitel, was seine eigene Persönlichkeit in diesem Prozess betraf. Er freute sich an dem, was die Studierenden entwickelten, er spielte mit, hatte seinen Spaß, den er nie zurückhielt. Er regte an, weckte die spielerischen Kräfte, die Erinnerungen, die Erfahrungen, klopfte leise aber nachdrücklich an die Schutzschilde der Studierenden, indem er ihre Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Regungen lenkte. Ihm war es wichtig, in den Studierenden ein Verantwortungsgefühl für den sorgsamen Umgang mit ihren eigenen Beobachtungen und Eindrücken zu entwickeln.
Er arbeitete mit den Studierenden nicht ohne Druck, aber spielerisch leicht, tänzelnd, schwebend, zart, er hielt nichts von Zerstörung und Neuaufbau. Er sensibilisierte ihre Beobachtung, auch die Selbstbeobachtung, aber nicht als Nabelschau und ohne psychologisierende Aufschreie – sondern im Kleinen. Manche „Nummern“ waren nur ein Wort, eine Geste, ein Blick.
Die scheinbare Endgültigkeit, die nun das Aufschreiben solcher Prozesse immer mit sich bringt, müssen die Anwender/innen, die Leser/innen selbst wieder auflösen. Einst sehr lebendig vorgetragene „Nummern“ sind jetzt Beispiele, sind Anregungen geworden, mit denen man umgehen kann, die man selbst in der Situation, in der sie angewendet werden, spielerisch leben, die man aufnehmen und verändern muss.
Aber ein guter Beobachter muss man schon sein. Die schönsten Übungen nützen nichts, wenn man nichts in den Menschen lesen kann. So ähnlich hat das Horst mal gesagt.
Hans-Jochen Menzel
Professor an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, Abteilung Puppenspielkunst
Kapitel | Seite |
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Kapitel | Seite |
Prologvon Horst Hawemann | Seite 7 |
I Arbeitsbegriffe | |
Die „Nummer“ als Spielbegriffvon Horst Hawemann | Seite 10 |
Improvisationvon Horst Hawemann | Seite 15 |
Etüdevon Horst Hawemann | Seite 20 |
Interpretationvon Horst Hawemann | Seite 22 |
II Die Sammlung | |
„Umquatschen“ oder Der gesammelte Heldvon Horst Hawemann | Seite 25 |
Bekannte Redensarten, verdichtete Sprachevon Horst Hawemann | Seite 30 |
Kopfhaltungenvon Horst Hawemann | Seite 34 |
Nachtrag: Sammlung in eigener Sache (ärgerlich aufgeschrieben)von Horst Hawemann | Seite 37 |
III Mit Sprache handeln | |
Das handelnde Wortvon Horst Hawemann | Seite 39 |
Arrangement macht Haltung oder Die Macht der Wortevon Horst Hawemann | Seite 41 |
Sätze über Sätzevon Horst Hawemann | Seite 42 |
Sprache handelt im Theater durch Sprechenvon Horst Hawemann | Seite 47 |
Worte und Hindernissevon Horst Hawemann | Seite 55 |
Die innere Stimmevon Horst Hawemann | Seite 58 |
Etüdischer Umweg zu dichterischen Sätzenvon Horst Hawemann | Seite 60 |
Dass ich dich herzen kannvon Horst Hawemann | Seite 62 |
Sprechenvon Horst Hawemann | Seite 63 |
Vom Nutzen des Nachschlagensvon Horst Hawemann | Seite 63 |
IV Alles handelt mit | |
Spontanes Handeln, bewusstes Handeln, gestaltetes Handelnvon Horst Hawemann | Seite 68 |
Das Ereignisvon Horst Hawemann | Seite 71 |
Dramaturgie heißt Handlungvon Horst Hawemann | Seite 73 |
Umständevon Horst Hawemann | Seite 74 |
Der Spielwert der einzelnen Mittelvon Horst Hawemann | Seite 76 |
V Ein Dialog ist mehr als ein Gespräch | |
Liebe die Pause!von Horst Hawemann | Seite 89 |
Grundtypische Haltungen und sprachlicher Gestusvon Horst Hawemann | Seite 90 |
Fixierungenvon Horst Hawemann | Seite 92 |
Text Text Textvon Horst Hawemann | Seite 97 |
Die Szenevon Horst Hawemann | Seite 101 |
Wir befragen die Szenevon Horst Hawemann | Seite 103 |
VI Erregende Vorgänge | |
Erregungvon Horst Hawemann | Seite 105 |
Beziehungenvon Horst Hawemann | Seite 118 |
Entwicklung von Beziehungen: Szenische Anfängevon Horst Hawemann | Seite 119 |
Partnerschaft: Geben – Nehmen – Gebenvon Horst Hawemann | Seite 120 |
Erfahrungenvon Horst Hawemann | Seite 122 |
In übertragenem Sinnevon Horst Hawemann | Seite 123 |
VII Wie entsteht eine Figur? | |
Biografievon Horst Hawemann | Seite 126 |
Auskünfte über Menschenvon Horst Hawemann | Seite 129 |
Kleider machen Leute oder Kostüm und Bewegungvon Horst Hawemann | Seite 140 |
Zeig her deine Füße, zeig her deine Schuhvon Horst Hawemann | Seite 141 |
Der Kragen – ein Kostümteil und mehrvon Horst Hawemann | Seite 143 |
Gang mit Hutvon Horst Hawemann | Seite 144 |
Das erzählende Detailvon Horst Hawemann | Seite 147 |
VIII Am Anfang ist immer ein Raum da | |
Die wichtigste Senkrechte im Raum ist der Mensch!von Horst Hawemann | Seite 151 |
Auch der Blick ist ein Gangvon Horst Hawemann | Seite 152 |
Präsent im Raumvon Horst Hawemann | Seite 153 |
Partnerbeziehung im Raumvon Horst Hawemann | Seite 155 |
Grundtypische Haltungen und deren Beziehung zum Raumvon Horst Hawemann | Seite 156 |
Das Raumbildvon Horst Hawemann | Seite 158 |
Ein Möbelstück im Raumvon Horst Hawemann | Seite 158 |
Die bebaute Bühne – Übungsideenvon Horst Hawemann | Seite 159 |
Vorgestellte Räume, empfundene Räumevon Horst Hawemann | Seite 160 |
Zeichen im Raum (Objekte)von Horst Hawemann | Seite 165 |
Waffen auf der Bühne oder Was tut das Schwert mit der Spielerin?von Horst Hawemann | Seite 167 |
Die Dinge erzählenvon Horst Hawemann | Seite 170 |
Das Licht setzt Zeichenvon Horst Hawemann | Seite 172 |
Den richtigen Ton findenvon Horst Hawemann | Seite 173 |
IX Die Probe | |
Die Entwicklung der Idee beim Schreibenvon Horst Hawemann | Seite 177 |
Wie bereite ich mich auf eine erste Probe vor?von Horst Hawemann | Seite 179 |
Proben begleitende, gültige Altwahrheitenvon Horst Hawemann | Seite 182 |
Fragen, die sich während der Probe oder danach einstellenvon Horst Hawemann | Seite 182 |
Nach dem Ausprobieren folgt die Probevon Horst Hawemann | Seite 185 |
Die Wiederholungs- oder Erinnerungsprobevon Horst Hawemann | Seite 186 |
Die Entwicklungsprobevon Horst Hawemann | Seite 187 |
Eine Proben-Sammlungvon Horst Hawemann | Seite 188 |
Besondere Proben der lockeren Artvon Horst Hawemann | Seite 193 |
Kritik und Auswertungvon Horst Hawemann | Seite 194 |
Bühne – Zuschauerraumvon Horst Hawemann | Seite 197 |
Epilog: Worte, die auf Proben fielenvon Horst Hawemann | Seite 200 |
X Auskünfte | |
Über Freiräume für Schauspielervon Horst Hawemann | Seite 203 |
Ich bekenne mich zu meiner Arbeitsweisevon Horst Hawemann | Seite 214 |
Horst Hawemann – Biografie in Daten | Seite 219 |
Inszenierungen (Auszüge) | Seite 221 |
Nachwortvon Christel Hoffmann |
„Das Buch sammelt und ordnet Hawemann'sche Herangehensweisen, seine Nummern und Etüden. Es operiert als schöpferische Stolperhilfe und als verlässlicher Umwegweiser. Es transportiert mit bescheidener Unaufgeregtheit großartig nebensächliche und weiterspinnbare Lebensweisheiten, die man immer schon mitschreiben wollte. Nun liegt all das gedruckt vo und kann ein wenig sicherer und vielleicht ein Stückchen weiter in Richtung Ewigkeit überliefert werden.“Berliner Zeitung
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Zur Herausgeberin
Christel Hoffmann
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Ein Lesebuch zum Theater der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens
Heft 12/2018
Feier des Absurden
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Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
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