Heft 04/2005
Neue Realitäten
Theater in Polen
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
A-Polen und B-Polen Warschau ist neben den baltischen Städten Tallinn und Riga eine der wenigen EU-Hauptstädte ohne Autobahnanschluss. Im Zuge des Strukturwandels, den die EU-Mitgliedschaft Polens seit dem 1. Mai 2004 nach sich zieht, wird auch diese Autobahn noch gebaut werden. Polen ist ein Land im Übergang - und jetzt schon zweigeteilt: in Polen A und Polen B, wie ein polnischer Ökonom das kürzlich formuliert hat. Polen A ist das Land der Exporteure, der wenigen Reichen und der wachsenden urbanen Mittelschicht. Polen B lebt größtenteils auf dem Land. Es setzt sich zusammen aus überwiegend schlecht ausgebildeten Arbeitslosen und all jenen, die beim Wandel zur Marktwirtschaft, zum Kapitalismus westeuropäischen Standards auf der Strecke geblieben sind.
"Polen erlebte nach dem Fall der Berliner Mauer die radikalste Veränderung seit dem Zweiten Weltkrieg", schreibt der polnische Theaterkritiker Roman Pawlowski im Schwerpunkt dieses Heftes, der sich dem zeitgenössischen polnischen Theater widmet. Polen A und Polen B, das neue Polen, haben Niederschlag in der zeitgenössischen polnischen Dramatik gefunden, und die ist ein sehr junges Phänomen. Noch vor fünf Jahren hätte die Frage nach einer neuen polnischen Dramatik Ratlosigkeit ausgelöst, so Pawlowski, der als eine Gemeinsamkeit der neuen Stücke ihre Realitätsnähe nennt. Viele Autoren bezögen ihre Stoffe aus Zeitungsreportagen und Polizeiberichten: "Sie beschreiben und analysieren das neue, unter Schmerzen entstehende Polen und versuchen gleichzeitig, die Realität in theatrale Metaphern zu überführen."
Das deutsch-polnische Verhältnis nimmt an Intensität in allen Bereichen zu. Die deutsch-polnische Studiobühne, die TdZ vorstellt, ist nur ein Beispiel dafür. Von Mai 2005 bis Mai 2006 wird es im Rahmen des deutsch-polnischen Jahres über 500 Kultur- und Bildungsprojekte geben. Das Bremer Theater veranstaltet bereits vom 27. bis 30. April ein europäisches Forum für zeitgenössisches Theater mit Blick auf Polen. Eines der Stücke, das dort vorgestellt werden wird, druckt TdZ in diesem Heft ab: "die oberfläche" von Szymon Wróblewski. Damit kommt ein junger Autor zu Wort, der einen subtilen Zugang zu dem Tabuthema Kindesrnissbrauch gefunden hat. Ein Essay diskutiert Stücke, die es für deutsche Bühnen noch zu entdecken gibt (s. auch im Auftritt S. 52); ein anderer zeigt auf, welche neuen Stimmen neben den hierzulande bekannten Regiegrößen wie Krzysztof Warlikowski, Grzegorz Jarzyna oder Krystian Lupa (s. auch Magazin S. 73) das polnische Theater heute prägen. Im Gespräch mit dem großen Dramatiker Tadeusz Rózewicz geht Bernhard Hartmann auf polnische Traditionen ein, an die auch die Jüngeren heute anknüpfen.
TdZ blickt in diesem Heft weiter vom nächsten Osten zum Nahen Osten. Während Europa versuche, seine Grenzen abzubauen, so der belgische Regisseur und Choreograf Alain Platel, sei das eindrücklichste Erlebnis in Palästina noch immer das demütigende Verfahren an den Grenzübergängen nach Israel. Seit 2001 war Platel vier Mal im palästinensischen Ramallah und hat Arbeitsbeziehungen geknüpft. TdZ hat Platel, dessen Truppe Les Ballets C. de la B. im kommenden Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum feiert, zum Utopiepotenzial der palästinensischen Kunst und seiner eigenen Theaterarbeit befragt. Dagmar Walser dagegen berichtet von einem Ort der Kunst in Jerusalem, der im heutigen Israel utopischen Charakter hat. Der Abschied Robert Wilsons von der verstorbenen Freundin Susan Sontag, eine Würdigung des Spätwerks von Arthur Miller, ein Gespräch mit dem Bühnenmusiker Martin Schütz und ein Theaterreport aus Aalen runden das Heft ab.
Schließlich kann die Redaktion einen Neuzugang vermelden: Wolfgang Behrens, Autor des Buches "Einar Schleef. Werk und Person" im Verlag Theater der Zeit, wird Anja Dürrschmidt vertreten, die Anfang dieses Monats in Erziehungsurlaub geht.
Die Redaktion
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Wolfgang Behrens
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