Heft 05/2008
Unheimliche Welten
Das Performance-Duo SIGNA
Broschur mit 80 Seiten, Format: 215 x 285 mm
ISSN 0040-5418
Dieses Heft ist leider vergriffen und nur noch als PDF erhältlich.
Nun muss man nicht jedes Theatertreffen zum Anlass nehmen, den darin enthaltenen kunstfeindlichen Wahn mitzufeiern, die Maßstäbe von Leistung und Arbeit auch auf Geschöpfe aus dem Hause Dionysos anzuwenden. Doch wahrscheinlich kann die Gesellschaft die Verausgabung von Subventionen für an sich Unnützes nur ertragen, wenn ihr überzeugend vorgegaukelt wird, dass ihre Gesetze auch auf dem Boden der Talente befolgt werden. Wenn dieses Jahr allerdings die Kölner Inszenierung „Die Erscheinungen der Martha Rubin" des dänisch-österreichischen Künstlerpaares Signa Sørensen und Arthur Köstler (Dramaturgie Sybille Meier) in Berlin gastiert, kommt die Veranstaltung dem Geist der Verschwendung doch ziemlich nahe. Nicht etwa, weil dort enorm teure Schauspielkunst geboten wird oder besonders wertvolle Materialien als Deko dienen, sondern weil es sich auf recht trostlos gehaltenem Terrain um eine schier endlose Performance handelt. Für unseren Redakteur Sebastian Kirsch verschieben sich gar Theater und Welt ebenso unauflöslich wie handfest ineinander. Statt ganzer oder halber Tage, respektive Nächte, musste Friedrich Dieckmann nur knappe drei Stunden in der Volksbühne ausharren und ansehen, wie Frank Castorf die an sich tolle Inszenierung „Die Maßnahme/Mauser" durch ein Zuviel des Guten verdarb. Glücklicherweise tröstete ihn die „Erotizität" der Jeanette Spassova über manch Ungemach hinweg. Der Göttin Aphrodite erweist auch Künstlerphilosoph Friedrich Kittler seine Reverenz, wenn er die von Friedrich Nietzsche ins moderne Bewusstsein geholten dionysischen Kernprovinzen neu vermisst.
Dass Nietzsche als einen der ersten Bewohner dieser Latifundien Heinrich von Kleist einbürgerte, belegt nicht nur seine Instinktsicherheit, sondern auch, dass die Zerreißproben von Denken und Fühlen das Zentrum alles Dramatischen ausmachen. Die Redakteure Dorte Eilers und Rudolf Mast registrieren und kommentieren einen doppelten Kleist-Boom. Seine Textvorlagen erobern das Musiktheater, und eine erkleckliche
Anzahl von Biografien verweist auf seine Relevanz für die Gegenwart.
Eine Renaissance feiert auch Peter Hacks. Ausgerechnet Frank Schirrmacher, Frontmann des Feuilletons der FAZ, ließ sich angesichts des 80. Geburtstages im März dieses Jahres zu einer Hommage an den strammen Gefolgsmann Walter Ulbrichts hinreißen. Theater der Zeit möchte zur aktuellen Debatte zumindest eine kleine Lageanalyse aus dem Jahr 1990 beisteuern, wo der Frage nachgegangen wird, was sich aus dem Untergang der DDR für das Drama gewinnen lässt. Der große Erfolgstext Hacks' heißt: „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe". Was für den dramaturgischen Aufbau dieses Heftes bedeutet, das Hausporträt Weimar unmittelbar anzuschließen, wo sich das Ungeheure diesmal in den Kellern abspielt.
Auf dem diesjährigen Theatertreffen in Berlin möchten wir mit Ihnen in Kontakt treten. Vom 2. bis zum 18. Mai werden wir jeden Abend für Sie vor dem Haus der Berliner Festspiele einen Container aufmachen, wo wir mit all unseren Druckerzeugnissen präsent sind und Ihnen einen ersten Einblick in zukünftige Publikationen des Buchverlags geben möchten. Wir freuen uns auf Ihr Gastspiel in der Schaperstraße!
Artikel | Seite |
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Artikel | Seite |
Porträt | Seite 8 |
SIGNA oder Der Sinn für die UnwirklichkeitDie unheimlichen Welten von Signa Sørensen und Arthur Köstlervon Sebastian Kirsch | |
Aktuelle Inszenierung | Seite 12 |
Castorf in der Mauserfalle oder Weg mit der Tonnenideologie!„Die Maßnahme/Mauser“ an der Berliner Volksbühnevon Friedrich Dieckmann | |
Gespräch | Seite 15 |
Götter bluten nichtMedientheoretiker Friedrich Kittler über Friedrich Nietzsche im Gesprächvon Frank M. Raddatz | |
Aktuelle Inszenierung | |
„Vor unseren Augen und Sinnen“Heinrich von Kleist – eine Inszenierung und drei Biografienvon Rudolf Mast | Seite 19 |
Die Wurzel aller DichtungWorüber man nicht reden kann, darüber muss man singen – Musiktheater von Heinrich von Kleistvon Dorte Lena Eilers | Seite 22 |
Gespräch | Seite 24 |
Peter Hacks: Pausenclowns und ZiereremitenProtokoll der Arbeitsgruppe „Technik des Dramas“ mit Peter Hacks, Wolfgang Kohlhaase, Stefan Schmidt, Michael Sobe und Jens Sparschuh | |
Hausporträt | |
Die Monster im KellerIn Weimar erweist sich die deutsche Klassik als Minenfeldvon Sebastian Kirsch | Seite 29 |
Experiment und DiskursivitätZu Barbara Mundels zweiter Spielzeit am Theater Freiburgvon Bodo Blitz | Seite 32 |
„Wir werden sehen“Barbara Mundel im Gespräch mit Bodo Blitz | Seite 35 |
Auftritt | |
LeipzigArmin Petras inszeniert „Als wir träumten” von Clemens Meyer am Schauspiel Leipzigvon Christian Horn | Seite 41 |
PotsdamDas Hans-Otto-Theater zeigt „Die Satanischen Verse“ in der Regie von Uwe Eric Laufenberg und „Der Zufriedene“ von Katharina Schlender, inszeniert von Sebastian Wirnitzervon Martin Linzer | Seite 42 |
HamburgHamburgPeter Zadek inszeniert „Nackt“ von Luigi Pirandello am St. Pauli Theatervon Rudolf Mast | Seite 44 |
EssenAm Grillo Theater ist „Antigone“ von Sophokles in der Regie von David Bösch zu sehenvon Vasco Boenisch | Seite 45 |
MainzMatthias Fontheim inszeniert „Ein Mond für die Beladenen“ von Eugene O’Neill am Staatstheater Mainzvon Anna Blume | Seite 46 |
GrazTom Kühnel inszeniert „Go West. Eine Familie wandert aus“ von Sasˇa Stanis ˇic´ am Schauspielhaus Grazvon Hermann Götz | Seite 47 |
KonstanzDas Stadttheater Konstanz zeigt „Die Räuber“ von Friedrich Schiller in der Regie von Wulf Twiehaus und „Der Schnitt“ von Marc Ravenhill, inszeniert von Leyla Rabihvon Bodo Blitz | Seite 48 |
LuzernAm Luzerner Theater sind „Himmels-W“ von Monique Schwitters, „Wallensteins Tod“ von Friedrich Schillerund „Dogville“ nach dem Film von Lars von Trier zu sehenvon Simone von Büren | Seite 50 |
InnsbruckLandestheater: "Tannöd" nach dem Roman von Andrea Maria Schenkelvon Tristan Berger | Seite 52 |
Kolumne | Seite 53 |
Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei?von Emine Sevgi Özdamar | |
Gespräch | Seite 54 |
Angriff auf AugenhöheNuran David Calis im Gesprächvon Hans-Christoph Zimmermann | |
Stück | Seite 55 |
„Stunde Null“ Vol. I–IIIvon Nuran David Calis | |
Magazin | |
Versuchsland für die MenschheitBerliner und israelische Theaterwissenschaftler diskutieren in einem israelisch-arabischen Dorf das Verhältnis von Theater und Utopievon Benjamin Wihstutz | Seite 67 |
BücherAndré Müller sen.: Gespräche mit Peter Hacks 1963 – 2003von Holger Teschke | Seite 68 |
CDPeter Hacks: Seit du da bist auf der Welt – Liebesliedervon Holger Teschke | Seite 69 |
aufgelesenvon Sebastian Kirsch | Seite 69 |
BücherTanja Bogusz: Institution und Utopie. Ost-West-Transformationen an der Berliner Volksbühnevon Fabian Lettow | Seite 70 |
BücherStefan Hulfeld: Theatergeschichtsschreibung als kulturelle Praxis. Wie Wissen über Theater entstehtvon Joachim Fiebach | Seite 71 |
Linzers Eck | Seite 73 |
Die Schaubühnen-Saga oder Wie 500-Euro-Jobber sich an Deutschland erinnernvon Martin Linzer | |
Magazin | Seite 74 |
etc.von Sebastian Kirsch | |
Aus den KorrespondentenbürosGehen und Gegangenwerden | |
Aus den KorrespondentenbürosVerfluchter Monatvon Willibald Spatz | |
Aus den KorrespondentenbürosSchlamper-Juryvon Willibald Spatz | |
Meldungen | Seite 76 |
Premierenkalender | Seite 77 |
Mai 2008 | |
Kommentar | Seite 80 |
Berliner Opernkrachvon Thomas Flierl |
Tristan Berger
Bodo Blitz
Anna Blume
Vasco Boenisch
Nuran David Calis
Friedrich Dieckmann
Dorte Lena Eilers
Joachim Fiebach
Thomas Flierl
Hermann Götz
Christian Horn
Sebastian Kirsch
Fabian Lettow
Martin Linzer
Rudolf Mast
Emine Sevgi Özdamar
Frank M. Raddatz
Willibald Spatz
Holger Teschke
Simone von Büren
Benjamin Wihstutz
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