Magazin
Interventionistische Hologrammfamilie
In „Stonewall Uckermark – ein queerer Heimatfilm“ erteilen Tucké Royale und Johannes Maria Schmit bisherigen identitätspolitischen Vorstellungen eine Absage
von Paula Perschke
Markus Hawemann ist zerrissen. Ohne das queere Potenzial der nahe liegenden Großstadt jemals ausgetestet zu haben, lebt der erwerbslose Endzwanziger ziemlich unaufgeregt in der idyllischen Uckermark, im Plattenbau. Zusammen mit seiner Großmutter und deren Partnerin bestreitet er seinen Alltag. Eines Tages verliebt sich Markus Hawemann, gespielt von Tucké Royale, in Duc, einen Weggezogenen, der aus der Hauptstadt kurzzeitig in die Uckermark zurückgekehrt ist. Gemeinsam nach Berlin kann Markus mit ihm jedoch nicht gehen, die Sorge für seine Großmutter steht für ihn unverhandelbar an erster Stelle.
![Foto: Philipp Rühr / Schuldenberg Films 2019](https://assets.theaterderzeit.de/img/Content/38183/Stonewall_Philipp-Rühr_Unterseite_thumb.jpg)
In den Momenten seiner Einsamkeit imaginiert sich der junge Mann Gleichgesinnte. Menschen, wie sie in Berliner Szenekneipen leicht zu finden sind. Nahezu fabelhaft, euphorisch und ausgedehnt hedonistisch erscheinen sie immer wieder in seinen Gedanken. Halluzinationen einer offeneren und schillernden Welt. Eine weit entfernte Community, zu der Markus Hawemann gern gehören würde. „Hologrammfamilie“ nennt Hauptdarsteller und Autor Tucké Royale diese Erscheinungen. Wie schön wäre es, wenn die Uckermark statt von unzähligen Seen und Alleen mit feierfreudigen, genderqueeren Menschen bevölkert sein könnte!
Diese Idee hat das Künstlerduo Tucké Royale und Johannes Maria Schmit, die seit einigen Jahren zusammenarbeiten, fasziniert. Deshalb sind sie genau dort hingegangen, wo Queerness und Kunst vielleicht nicht primär vermutet werden, aber trotzdem existieren.