Alle Beiträge von Dorte Lena Eilers
Gespräch
von Matthias Brenner, Dorte Lena Eilers und Christine Wahl
Herr Brenner, Sie beenden zur Spielzeit 2022/23 vorfristig Ihre Intendanz am Neuen Theater Halle – mit einer bemerkenswerten Begründung: „Ich bin 64“, erklärten Sie in einem Interview mit dem MDR, „und auch ich habe damals die 64-Jährigen angebrüllt: ,Wann sind wir denn mal dran?‘“ Woran genau haben Sie gemerkt, dass es Zeit ist beiseitezutreten?
Als ich jung war, habe ich immer gesagt: Falls ich jemals in eine entsprechende Position an einem Theater käme, würde ich auf der Seite derer stehen,…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
Kunstinsert
Ein Jahresrückblick der Redaktion auf Geschlechterbilder im Theater 2021
von Dorte Lena Eilers und Christine Wahl
Begonnen hatten wir das Jahr 2021 mit dem „Lachen der Medusa“. Unter dem Motto „Feminismus, Theater, Performance“ beleuchteten wir in unserer Januar-Ausgabe Geschlechterbilder auf der Bühne – und stellten fest: Der Wille zum dramatischen Gretchen-, Ophelien- und Iphigenien-Empowerment ist groß. Allein: Der Weg gestaltet sich steinig. Tut man dem Feminismus, dem Theater und dem Synapsenbetrieb in den Publikumshirnen wirklich einen Gefallen, wenn man die kanonischen Könige Lear, Agamemnon und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
Magazin
Heiner Goebbels: A House of Call. My imaginary Notebook. Neofelis, Berlin 2021, 140 S., 9 EUR.
von Dorte Lena Eilers
„Le Grain de la Voix / Die Rauheit der Stimme.“ Es mag der alte Trickser Zufall gewesen sein, dass in Heiner Goebbels’ vor Kurzem im Neofelis Verlag erschienenen Materialband „A House of Call“, welcher sein gleichnamiges Konzert beim Musikfest Berlin begleitete, dieser für ihn so programmatische Text von Roland Barthes ausgerechnet auf Seite 69 steht. Am 17. August feierte der Komponist seinen 69. Geburtstag, auf den wenige Tage später eben jene Uraufführung folgte, die in rund zwei Stunden…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Auftritt
Belgienhalle Gartenfeld: „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus. Regie und Ausstattung Paulus Manker, Kostüme Aleksandra Kica
von Dorte Lena Eilers
Um 18:09 Uhr beginnt die Maschine zu rollen. Durch die geöffneten Tore der Belgienhalle in der Berliner Siemensstadt schiebt sich majestätisch und monströs zugleich ein stählerner Eisenbahnwaggon mit gerüstartigem Aufbau. Lichtkegel durchstechen die Szenerie, als suchten sie am Hallenhimmel nach feindlichen Fliegern, kraftprotzend untermalt von den ersten Takten aus Richard Strauss’ „Zarathustra“-Sinfonie. Eine Welt entsteht. Eine Welt vergeht. Was für ein Spektakel.
Es liegt in der Natur…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Thema
Der Schauspieler Sebastian Blomberg im Gespräch mit Dorte Lena Eilers
von Sebastian Blomberg und Dorte Lena Eilers
Plötzlich herrscht Finsternis. Eine Explosion ist zu hören. Schreie. Rauch. Blitze. Dann wieder Stille. In Karin Beiers Inszenierung von Rainald Goetz’ „Reich des Todes“ sind es nur wenige Minuten, in denen auf der Bühne des Hamburger Schauspielhauses die Geräusche eines Tages heraufziehen, der sich für immer in das kollektive Gedächtnis gebrannt hat. Am 11. September jährten sich die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York zum zwanzigsten Mal. Ein Datum, das auf perfide Weise…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Protagonisten
Raus aus dem Schneckenhaus des Ichs – Neue Romane von Ferdinand Schmalz, Roland Schimmelpfennig, Rebekka Kricheldorf und Michel Decar
von Dorte Lena Eilers
Ach, die Sonne, „diese gelbe Sau“. Scheint und scheint da so gnadenlos von oben herab, als wolle sie das, was auf Erden so lebt, mit kräftigen Hieben erschlagen. Voll drauf auf die Köpfe der Menschen, Materie, die auf Materie trifft, denn Licht besteht halt nicht nur aus Wellen, sondern auch aus Teilchen. Und so bewegen sich die Menschen in Ferdinand Schmalz‘ soeben erschienenem Debüt-Roman „Mein Lieblingstier heißt Winter“ seufzend und ächzend durch ihr Leben. Alles ist Körper in dieser Welt.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2021
Thema: Bundestagswahlen
Der Soziologe und Bildungsforscher Aladin El-Mafaalani über Irrungen und Wirrungen der Symbolpolitik, fatale Romantisierungen und die Produktivität des Streits
von Dorte Lena Eilers und Aladin El-Mafaalani
Aladin El-Mafaalani, sprechen wir über die Wahlen, eine Zeit der Richtungsentscheidungen, aber auch der Symbolpolitik. Besonders Kultur und Bildung werden gerne herangezogen, wenn es um die „Reparatur“ unserer Gesellschaft geht. Kultur und Bildung sollen bilden, integrieren, inkludieren, soziale Ungleichheiten bekämpfen, den Klimawandel aufhalten und Nazis verjagen. Was mich beeindruckt hat: In Ihrem Buch „Mythos Bildung“ weisen Sie diesen Auftrag, bezogen auf die Bildung, mit ziemlich viel…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2021
thema: intendant:innendämmerung
Die Kritikerin und ehemalige Festivalleiterin Renate Klett über den schmalen Grat zwischen Ausnahmezustand und Veränderungsdruck am Beispiel der Frauenbewegung im Theater
von Dorte Lena Eilers und Renate Klett
Renate Klett, Sie blicken auf eine lange Karriere als Dramaturgin, Festivalleiterin und Theaterkritikerin zurück und kennen somit den Theaterbetrieb in- und auswendig. Berühmt wurden Sie 1980, als Sie im Kölner Stollwerk, einer Nebenspielstätte des dortigen Schauspiels, das 1. Internationale Frauentheaterfestival veranstalteten – welches sogleich einen veritablen Skandal auslöste. Sie wurden vor den Stadtrat zitiert, weil Sie an drei von neun Tagen nur Frauen im Publikum zulassen wollten.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 6/2021
Archiv
Die Szenografin Franziska Ritter und die Theatermacher Melanie Mohren und Bernhard Herbordt über die Verlebendigung von Archiven
von Dorte Lena Eilers, Mohren/Herbordt, Franziska Ritter und Christine Wahl
Visionäre Entwürfe in Kunst und Gesellschaft teilen mitunter ein grausames Schicksal: Landen sie einmal im Archiv der Geschichte, fällt der Staub des Vergessens über sie. Das – so schwor es sich ein interdisziplinäres Team um die beiden Szenografen Franziska Ritter und Pablo Dornhege – darf nicht sein! In den vergangenen Monaten ist unter dem Dach der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft im Forschungsprojekt „Im/material Theatre Spaces“ eine spektakuläre Arbeit entstanden: Das legendäre…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2021
Magazin
Freies Musiktheater in Europa/Independent Music Theatre in Europe. Vier Fallstudien/Four Case Studies. Hg. von ITI Zentrum Deutschland/M. Rebstock, transcript Verlag, Bielefeld 2020, 302 S., 35 EUR.
von Dorte Lena Eilers
„Systemsprenger“ ist ein Begriff, der Künstlerinnen und Künstlern, die sich als Avantgarde verstehen, eigentlich als Adelstitel gelten müsste. Keine Vorgaben, keine Regeln, keine Klassifizierungen. Stattdessen eine Kunst, die immer wieder bei null anfängt. Die statt mit vorgefertigten Bausteinen mit den eigenen Ideen spielt. Sich keiner Institution und keinem Abo-Publikum beugt, sondern ihre Kraft und Intensität allein aus sich selbst schöpft, dabei munter alle Genregrenzen ignorierend – und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 3/2021
Auftritt
Theater Thikwa: „Vertigo“ von Max Edgar Freitag und Frank Schulz. Regie Gerd Hartmann; Rambazamba Theater: „Superforecast“. Idee und Fassung Steffen Sünkel. Regie Jacob Höhne
von Dorte Lena Eilers
„Alles Gute kommt von unten“, sagt Max Edgar Freitag. Und schon steht die Welt kopf. Vertigo nennen Mediziner den Zustand, wenn das Bild vor dem eigenen Auge plötzlich kippt, Räume sich anfangen zu drehen und Böden in rasender Geschwindigkeit auf einen zustürzen. Wer lange genug auf die an der Bühnenrückwand kreisende schwarz-weiße Spirale starrt, die an die optische Kunst der italienischen Op-Art-Künstlerin Marina Apollonio erinnert (Design Dirk Lebahn, Bühne Isolde Wittke), dreht sich…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2021
Thema
Die freie Szene ist „schlechter“ als ihr Ruf. Etwas Besseres kann ihr derzeit kaum passieren: Über das anarchofeministische Potenzial in den performativen Künsten
von Dorte Lena Eilers
Ende Oktober kündigten die Vereinten Nationen ein Waffenembargo gegen mehrere europäische Staaten an, darunter Deutschland. Grund waren massive Verstöße gegen die Pekinger Erklärung, eines der umfassendsten Konzepte zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, das bereits 1995 von 189 UN-Mitgliedstaaten verabschiedet worden war. In Europa indes, so Bizimungu Jean-Pierre, herrsche völliger Stillstand. In Ruanda etwa sitzen derzeit 61 Prozent Frauen im nationalen Parlament. 31 Prozent sind…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2021
Thema
Die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken im Gespräch über starke Frauenfiguren und besseren Sex
von Dorte Lena Eilers, Barbara Vinken und Christine Wahl
Frau Vinken, viele Schauspielerinnen, zumal in den auf den Kanon fixierten Stadttheatern, sind es leid, immer wieder die gleichen Frauenrollen zu spielen: zu klischeebeladen, zu gestrig, zu wenig emanzipiert, heißt es. Teilen Sie als Zuschauerin diese Kritik? Oder gab es in der letzten Zeit kanonische Frauenfiguren im Theater, von denen Sie fasziniert waren?
Zuletzt war ich in Stuttgart in der Oper, in dem Doppelabend „Cavalleria rusticana / Luci mie traditrici“ von Pietro Mascagni und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2021
Protagonisten
Straßenszenen aus dem Lockdown
von Dorte Lena Eilers
Sonntagabend, kurz vor dem Lockdown, findet in Berlin ein paradoxes Schauspiel statt. Trotz steigender Corona-Zahlen ist die Stimmung auf der Straße prächtig. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen, und auch wir sind unterwegs, um noch einmal ins Kino zu gehen, bevor alles schließt. Auf dem Weg dorthin passieren wir etliche Clubs, aus deren provisorisch aufgestellten Zelten laute Elektromusik wummert, dem Gegröle nach zu urteilen begeistert gefeiert von einer nicht gerade kleinen Masse Mensch.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
Thema
Der Soziologe Rafael Behr, der Politiker und Aktivist Ferat Kocak und der Autor Kevin Rittberger im Gespräch über Theater und Polizei mit Dorte Lena Eilers und Christine Wahl
von Rafael Behr, Dorte Lena Eilers, Ferat Kocak, Kevin Rittberger und Christine Wahl
Herr Behr, Herr Kocak, Herr Rittberger: Die Polizei steht zurzeit nicht nur im Fokus politischer Debatten, sondern ist auch auf den Bühnen sehr präsent. Am Berliner Maxim Gorki Theater läuft zum Beispiel Kevin Rittbergers Antifa-Stück „Schwarzer Block“, dessen Protagonisten sich erwartungsgemäß einig sind, dass es sich bei der Polizei nicht um „deinen Freund und Helfer“ handelt, sondern um eine rechtslastige Truppe mit rassistischen Tendenzen. Herr Behr, was sagen Sie – als Polizeisoziologe und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2020
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