Koproduktion von Münchner Kammerspiele, HAU Hebbel am Ufer Berlin, Kampnagel Hamburg, Mousonturm Frankfurt. Bühne Carlo Siegfried. Kostüme Pola Kardum. Dramaturgie Valerie Göhring. Musik Luca Mortella
von Matthias Dell
Der Titel von Anta Helena Reckes Theaterstück „Die Kränkungen der Menschheit“ geht auf eine Formulierung von Sigmund Freud zurück. Der diagnostizierte bei seinen Überlegungen zur Psychoanalyse zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei Kränkungen menschlicher Eigenliebe: die Feststellungen, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt (Kopernikus), dass der Mensch vom Affen abstammt und kein höheres Wesen ist (Darwin) und dass der Mensch nicht Herr im eigenen Haus ist (Freud –…mehr
aus dem Buch: Radikal jung 2020
Thema: unterwegs in offener Landschaft
von Matthias Dell
Unterwegs in offener Landschaft
Am 22. Juli 2014 wehten zwei weiße Fahnen auf der Brooklyn Bridge in New York. Ein Moment der Irritation für Pendler, Passanten, Presseleute, in deren Blick die Brücke an diesem Morgen geriet, denn in dem gewohnten Bild krönen zwei rotweiß-blaue US-Flaggen das Bauwerk. Ein Polizeieinsatz beendete zumindest den Zustand der Unsicherheit, die weißen Fahnen wurden eingeholt. Das Rätselraten über die „mysterious white flags“ war damit aber nicht gelöst; es dauerte…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015
Magazin
Zum Tod von Harun Farocki
von Matthias Dell
„Kennen Sie das Broker-Posing?“, fragt der smarte, aber auch etwas verloren wirkende Venture-Kapitalist Philipp (Devid Striesow) Nina Hoss’ zerzauste Titelfigur. „So junge Anwälte in beschissenen Grisham-Filmen“, fährt er fort, ohne eine Antwort abzuwarten, „ich mag das eigentlich nicht, so in Verhandlungen dazusitzen, aber das hat seine Wirkung.“ Philipp und Yella sind auf dem Weg zu Leuten, die Geld wollen, das ihnen keine Bank geben würde, zu einer Verhandlung (Kredit gegen Anteile), die ein…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2014
Schaubild
von Matthias Dell
Am 10. September wird „House for sale“ von René Pollesch an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Premiere haben. Es ist seine 77. Inszenierung (Arbeiten mit Studenten und Brettspiele ausgenommen) in den letzten 15 Jahren im deutschsprachigen Raum – seit „Heidi Hoh“ (Berlin, Mai 1999), was hier als Anfang gilt, weil damit die Form gefunden war und ein kontinuierliches Arbeiten begann.
Den Reiz des Werks macht aus: die Schönheit der Titel, die Filme zitieren, Slogans rufen, Wissenschaft…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2014
Thema: blackfacing
Die Schauspielerin und Autorin Elizabeth Blonzen und der Schauspieler Ernest Allan Hausmann im Gespräch mit Matthias Dell
von Elizabeth Blonzen, Matthias Dell und Ernest Allan Hausmann
Frau Blonzen, Herr Hausmann, für die deutsche Theateröffentlichkeit ist die Diskussion über Blackfacing und strukturellen Rassismus relativ neu. Wann haben Sie Erfahrungen damit gemacht?Elizabeth Blonzen: Ich war in Wuppertal gerade Ensemblemitglied geworden, Mitte der neunziger Jahre, und in der ersten Woche kam ich in die Kantine – und die war voll mit schwarz geschminkten Statisten. Ich kam mir vor wie in der Leprahöhle in „Der Tiger von Eschnapur“. Es stellte sich heraus, dass sie…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2014
Thema: blackfacing
Das deutsche Theater weiß mittlerweile zwar, wie man Blackfacing schreibt, schmiert sich aber immer noch schwarze Schminke ins Gesicht
von Matthias Dell
Was waren das für Zeiten! „Wörter, die im Deutschen fehlen: Blackface“, konnte Andrian Kreye, der Leiter des Feuilletons der Süddeutschen Zeitung, 2009 mit aller Berechtigung in seinem Blog schreiben. Anlass war der Günter-Wallraff-Film „Schwarz auf Weiß“, für den sich der Investigativjournalist Farbe ins Gesicht pinselte, um am eigenen Leib exklusiv herauszufinden, was er afrodeutsche Menschen hätte fragen können. Kreyes Informiertheit erklärt sich aus der Tatsache, dass er lange Zeit in den…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2014
Protagonisten
Peter Carp, Intendant des Theaters Oberhausen, über den neuen Kooperationsvertrag mit dem Ringlokschuppen Ruhr in Mülheim und neue Möglichkeiten im deutschen Theater
von Matthias Dell
Herr Carp, das Theater Oberhausen und der Ringlokschuppen Ruhr wollen künftig noch stärker kooperieren. Jemand, der die Debatten über das deutsche Stadttheater versus freie Szene nicht bis hinter das letzte Komma eines jeden Arguments verfolgt hat, könnte auf die verwegene Idee kommen zu fragen, was daran so revolutionär sein soll.Das ist vielleicht gar kein revolutionärer Schritt. Unser Versuch soll auch zeigen, dass es ein so großes Problem zwischen Stadttheater und freier Szene nicht gibt.…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 11/2014
Gespräch
von Matthias Dell und Thomas Heise
Thomas Heise, Ihre Arbeit zum 100. Geburtstag der Berliner Volksbühne besteht nicht nur aus dem Film „Fabrik“, den Sie gedreht haben. Es wird auch dokumentarisches Material gezeigt, das dort auf dem Dachboden lag.Die Volksbühne wusste, dass mich das Archivmaterial interessiert. Die dachten, dass ich mir alle Sachen anschaue und dann was zusammenschneide. Kein Mensch hat das je gemacht, die wissen also gar nicht, was sie alles haben. Wenn man das macht, dauert das Jahre. Ich habe die Sachen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2014
Gespräch
von Matthias Dell und Lise Risom Olsen
Lise Risom Olsen, was hat Sie nach Berlin geführt?Bergen ist eine schöne, aber auch etwas kleine Stadt. Da kann man sich etwas begrenzt fühlen. Deshalb habe ich entschieden, dass ich umziehen muss. Und Berlin hatte ich immer gemocht, wenn ich hier war. Auch wegen des Theaters, hier gibt es alles zu sehen. Also habe ich mir gedacht, dass ich doch Deutsch lernen könnte. Das war vor zwei Jahren.
Und wie sind Sie in dem Berliner „Tatort“ gelandet?Ich hatte Glück. Klaus Krämer, der Regisseur und…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015
Magazin
Mit dem Festival Eurothalia will sich das Deutsche Staatstheater in Timişoara unverzichtbar machen
von Matthias Dell
Die Kopfhörer sind ein Relikt des rumänischen Staatssicherheitsdienstes. In den 1980er Jahren begnügte sich die Securitate im Deutschen Staatstheater Timisoara / Temeswar (DSTT) nicht mehr damit, Zusammenfassungen der gespielten Stücke zu lesen, sie wollte jedes auf der Bühne gesprochene Wort verstehen. Deshalb wurden Kopfhörer mit Simultanübersetzung eingeführt, damals noch verdrahtet. Heute dient der über Funk gesendete Text nicht mehr der Überwachung durch ungebetene Gäste, sondern erfüllt…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015
Gespräch
von Matthias Dell und Jürgen Trittin
Herr Trittin, wann waren Sie zum letzten Mal im Theater?Gestern. Zur Premiere von „Der geteilte Him- mel“ in der Berliner Schaubühne. Kurz vor Weihnachten habe ich Jürgen Kuttners Abend über 100 Jahre Volksbühne gesehen. Da durfte ich am Schluss mitspielen, obwohl ich Mitmachtheater nicht mag. Aber wenn der mich schon ausguckt, dann ist es auch blöd, Nein zu sagen.
Passiert Ihnen das häufiger?Schauspieler ist ein schwieriger Beruf, den man richtig erlernen muss. Wenn man Laien auf die Bühne…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2015
Thema: unterwegs in offener Landschaft
Das Künstlerduo Wermke/Leinkauf und das Zentrum für Politische Schönheit über abgeschraubte Mauerkreuze, weiße Flaggen auf der Brooklyn Bridge und die Zukunft der Volksbühne im Gespräch mit M. Dell
von Matthias Dell und Mischa Leinkauf
Wir wollen über Kunst sprechen, die in den öffentlichen Raum geht und in der Tagespolitik ankommt. Vielleicht fangen wir mit einem konkreten Ort an, den Sie beide gut kennen: dem Berliner Regierungsviertel.
Mischa Leinkauf (Wermke/Leinkauf): Ganz aktuell – der Betonpfeiler in der Mitte der Doppelbrücke zwischen dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und dem Paul-Löbe-Haus wackelt. Das haben wir neulich entdeckt. Ein tolles Bild: Der Pfeiler, über den die höhere Beamtenlaufbahn führt, wackelt. Philipp…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2015