Kinder, Theater und Krieg
Vom Inszenieren des Grauens für junges Publikum
Herausgegeben von Wolfgang Schneider
Broschur mit 76 Seiten, Format: 210 x 280 mm
ISBN 978-3-95749-063-6, Durchgehend farbig illustriert
Stell dir vor, es wäre Krieg! Unvorstellbar? Ganz und gar nicht; denn nicht allein in Syrien, in der Ukraine und in Nigeria ist er bittere Realität, auch hierzulande hat er durch mediale Berichterstattung Einzug in die Kinderzimmer gehalten. Auch deshalb beschäftigen sich Kinder- und Jugendtheater mit dem Inszenieren des Grauens. Die Darstellenden Künste für junges Publikum verstehen sich zeitgenössisch, gesellschaftlich verortet, politisch verantwortlich. Dabei geht es nicht um Gewaltdarstellung oder gar Horrorszenarien. Das Thema Krieg ermöglicht es dem Theater, mit jungen Menschen über Humanität und Gerechtigkeit, über Werte und Ideale zu kommunizieren, und damit auch über die Veränderbarkeit von Welt.
Das neue „IXYPSILONZETT Jahrbuch für Kinder- und Jugendtheater 2016“, herausgegeben von Wolfgang Schneider für die ASSITEJ Deutschland, berichtet aus der Theaterpraxis, befragt die Akteure, dokumentiert die Recherche, analysiert die Stücke, reflektiert die Inszenierungen. Und ein Thema: Kinder, Theater und Krieg.
Und wie immer die wichtigsten Informationen zu Premieren, Preisen und Festivals!
Stell dir vor, es wäre Krieg! Unvorstellbar? Auch für Kinder und Jugendliche kann das wahr werden, was wirklich keiner will: Terror und Tod, grauenhafte Gewalt und existenzielle Angst, Flucht und Vertreibung. Vom Krieg der Kulturen ist die Rede, zu sehen ist der Krieg der Bilder. Aber in Syrien, in der Ukraine und in Nigeria ist das bittere Realität. Junge Menschen hierzulande haben eine Ahnung vom Grauen – durch mediale Vermittlung, allzu oft aber auch durch Kriegsspiele im Kinderzimmer. Deshalb gehört der Krieg auch ins Kinder- und Jugendtheater. Denn die Darstellenden Künste für junges Publikum verstehen sich als immerzu zeitgenössisch, gesellschaftlich verortet, politisch verantwortlich. Seit dem Sommer 2015 hat sich die Situation verschärft, die Konfrontation mit Krieg ist jetzt auch im Klassenzimmer erfahrbar: Eine Million Menschen sind auf der Flucht, sie sind in Deutschland angekommen, sie suchen Schutz vor den Mördern in ihrer Heimat.
Der Klassiker ist nach wie vor „Mirad, ein Junge aus Bosnien“, ein Stück von Ad de Bont, in dem Tante und Onkel vom Krieg in Ex-Jugoslawien erzählen; das Stück zum Thema ist derzeit Janne Tellers „Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“, ursprünglich ein Essay, der uns in die Situation von Menschen versetzt, die im Krieg ihre Heimat verlassen müssen, um in der Fremde neu anzufangen. Ein radikaler Perspektivwechsel. Das kann Theater. Als Erfahrungsraum, um Welt kognitiv verstehbar und emotional erlebbar zu machen. Dabei geht es nicht um Gewaltdarstellungen oder gar um Horrorszenarien, vielmehr geht es um Kontexte und Zusammenhänge, um inhaltliche und ästhetische Herausforderungen, um Empathie und Distanz. Das Thema Krieg ermöglicht es dem Theater, mit jungen Menschen über gerecht und ungerecht zu kommunizieren, über Werte und Ideale, über die Veränderbarkeit der Welt.
Kindertheater brauche Hoffnung, sagt der Autor. Es gehe um’s Erzählen, nicht um’s Abbilden, meint der Regisseur. Es sei eine Frage der Ethik, pointiert die Dramaturgin. Also, worum geht es? Es geht um Haltung, um Wahrhaftigkeit, um Substanz, Relevanz und Brisanz. Nur weil die Welt in Wirklichkeit so schlecht ist, muss die Welt der zweiten Wirklichkeit auf der Bühne nicht auch noch schlecht dargestellt werden. Unsere Gesellschaft darf die Hoffnung ebenso wenig aufgeben wie den Frieden. Es braucht eine ästhetische Analogie, es braucht eine theatralische Metapher, es braucht ein dramatisches Konzept. Das Erleben in der Globalisierung bedarf eines roten Fadens. Und der heißt: Mehr Internationalität, mehr Interkulturalität, mehr Interdisziplinarität! Es könnte sein, dass der Kontext bedeutsamer wird als der Text. Fremde müssen keine Bedrohung sein, Flüchtlinge müssen nicht Angst machen, das Andere und die Anderen müssen nicht zum Ihr und Wir führen. Die gelebte interkulturelle Begegnung wäre positiv zu besetzen, insbesondere wenn die Unterschiede nicht nivelliert werden. Dabei gilt es, kulturpolitisch auch neben der Angebotsorientierung zunehmend Teilhabe zu ermöglichen. Die sogenannte „Flüchtlingskris e“ ist eine politische Herausforderung, die auch und gerade von den Künsten eine Positionierung vor Ort verlangt. Sie ist aber auch eine Chance für das Kinder- und Jugendtheater, sich international, interkulturell und interdisziplinär neu aufzustellen, um die Veränderung unserer Gesellschaft mit zu gestalten.
Wolfgang Schneider
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Eine Frage von Ethik und Ästhetik?Über Potenziale und Strategien des Kinder- und Jugendtheaters als Ort für Erinnerung, Trost und Traumabewältigungvon Stanislava Jević | Seite 5 |
Erzählen und nicht abbildenAnna Vera Kelle, Thomas Maagh, Luise Rist und Jürgen Zielinski über die Ästhetisierung von Gewalt und Krieg im Theater für junges Publikum im Gespräch mit Bernd Mandvon Jürgen Zielinski, Bernd Mand, Luise Rist, Thomas Maagh und Anna Vera Kelle | Seite 7 |
Der „Große Krieg“ feiert Geburtstag und taucht nicht aufWie erzählt man einem Publikum über Krieg, das diesen nie erlebt hat – ihn aber jeden Tag im Fernsehen sieht?von Daphne Ebner | Seite 11 |
Wer heute Krieg führt, war auch mal KindEin Porträt der Choreografin Anna Konjetzkyvon Melanie Suchy | Seite 13 |
Kindertheater braucht HoffnungDer Dramatiker Ad de Bont über Krieg auf der Bühne im Gespräch mit Wolfgang Schneidervon Wolfgang Schneider und Ad de Bont | Seite 15 |
Danke, dass du das gemacht hast„Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“: Warum mir eine unserer Aufführungen ganz besonders in Erinnerung geblieben istvon Elisabeth Nelhiebel | Seite 19 |
Vom Krieg eingeholtNotizen einer Stückentwicklung am Theater zwischen künstlerischer Fiktion und politischer Wirklichkeitvon Konradin Kunze | Seite 20 |
Ganz viel Drama steckt im NeuenEin Streifzug durch die Publikationen zum Kinder- und Jugendtheater in der Spielzeit 2014/15von Ilona Sauer | Seite 27 |
Ein Jahr des Kinder- und JugendtheatersMein Rückblick auf die Spielzeit 2014/15von Wolfgang Schneider | Seite 34 |
Wie politisch ist zeitgenössisches Theater für junges Publikum? Vier Statementsvon Amelie Deuflhard, Kathrin Tiedemann, Thomas Spieckermann und Martine Dennewaldvon Kathrin Tiedemann, Amelie Deuflhard, Thomas Spieckermann und Martine Dennewald | Seite 37 |
Service | Seite 41 |
Impressum | Seite 72 |
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Zum Tod der Hamburger Kultursenatorin und Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins Barbara Kisseler
Bibliographie
Beiträge von Wolfgang Schneider finden Sie in folgenden Publikationen:
IXYPSILONZETT 02/2022
Märchen
Heft 09/2022
BRACK IMPERieT
„Hedda Gabler“ von Vegard Vinge und Ida Müller in Oslo
Heft 02/2022
Henry Hübchen
Jeden Monat die wichtigsten Themen bei Theater der Zeit
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