Alle Beiträge von Lara Wenzel
Neustart
Der Neustart unter kollektiver Leitung am Theater Magdeburg
von Lara Wenzel
Glitzerfäden und ein Satyr mit leuchtendem Penis schmücken das Kasino. Noch ein paar Handgriffe an Ton und Licht, dann beginnt die „Legit Love Party“ im Magdeburger Theater mit Elektro Tunes und Queer-Hymne „Rise Like a Phoenix“. Zum elften Mal feiern hier LGBTIQ+-Community und Allies im Foyer, das protzige Architektur und gemütliche Wohnzimmerlampen vereint. Gern übernahm die neue Schauspieldirektion diese etablierte Party in ihren Spielplan. Dort ist sie in bester Gesellschaft mit anderen…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2022
Magazin
Das Schauspiel Leipzig startet mit „Letzter Aufguss“ ein mehrteiliges Stadtraum-Projekt
von Lara Wenzel
Ein Riesenrad neben Museen und einem Wohnungslosenheim, dazwischen intergenerationale Begegnung: Der stadtplanerischen Imagination sind keine Grenzen gesetzt. Auf dem Gelände des Matthäikirchhofs soll ein Raum für alle Menschen entstehen. Aber zuerst muss der alte DDR-Bau abgerissen werden, erklärt die Projektleiterin bei der Bürgerinformationsdirektbeteiligungsveranstaltung. In den Schwall blumiger Buzzwords, der blühende Landschaften auf dem Leipziger Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2022
Magazin
Netzwerk für Roma-Theatergruppen wächst in Ungarn
von Lara Wenzel
Science-Fiction, Historie und Hexenkunst verbinden sich im Giuvlipen Theater zu einer radikalen Neuerzählung von Vergangenheit und Zukunft. Roma Futurism ist die spekulative Fabulation eines kommenden Lebens, das romane Stereotypen verkehrt und zur kraftvollen Wiederaneignung in Stellung bringt. Der Wunsch, Gemeinschaftlichkeit in einem Phenjalipen, einer Schwesternschaft, zu organisieren, steht im Zentrum des Konzepts von Mihaela Drăgan. Entwickelt während einer Residenz im Para Site Art…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2022
Auftritt
Schauspiel Leipzig: „vendetta vendetta (a bunch of opfersongs)“ von Thomas Köck (UA). Regie Thomas Köck, Bühne Martin Miotk
von Lara Wenzel
Eine Frauenleiche begründete die Römische Republik, erzählen die schreitenden Rachepriester. Nachdem die sittliche Lucretia vom Tyrannen Tarquinius vergewaltigt wurde, wählte sie den Selbstmord, obwohl Vater und Ehemann die Schuld ganz dem Täter gaben. Die geschändete Frau, die doch ohne Schande ist, wählte den Tod, gegen den Rechtsspruch des Pater familias. Ihr Opfer soll den Übertritt von der Tyrannenherrschaft in die rechtsstaatliche Republik markieren. So beginne die Geschichte der…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2022
Festivals
Die Leipziger euro-scene im ersten Jahr unter der neuen Leitung von Christian Watty
von Lara Wenzel
Alles nicht wahr“ – das Motto der 30. euro-scene realisierte sich anders als erwartet. Auch eine Portion Ungläubigkeit muss für Ann-Elisabeth Wolff in der Absage des Leipziger Tanz- und Theaterfestivals gelegen haben, die 2020 unvermeidbar war. Die ehemalige Leiterin lud Künstlerinnen und Künstler ein, die sie besonders schätzte, um das Jubiläum und ihren Abschied zu feiern. Einige wenige Inszenierungen konnten im nächsten Jahr nachgeholt werden, wie das Puppentheaterstück „F. Zawrel –…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 1/2022
Magazin
Sasha Marianna Salzmann: Im Menschen muss alles herrlich sein. Suhrkamp, Berlin 2021, 367 S., 22 EUR.
von Lara Wenzel
Das fünfzigste Geburtstagsfest von Lena ist nahe daran, Frohsinn und Grausamkeit auf eine Weise zu verbinden, wie es nur Familienzusammenkünften möglich ist. Am Buffet diskutieren die Verwandten über die richtige Zubereitung von Forshmak. Ein Mann – denn solche Aufgaben überlasse man lieber den Herren – entkorkt eine weitere Flasche Krimwein. Und den Jüngeren werden die Lebensentwürfe der Älteren aufgedrängt. Im jüdischen Gemeindezentrum Jenas verständigen sich die Gäste tanzend und trinkend…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
kein schlussstrich!
„Hannibal“ von Dirk Laucke am Deutschen Nationaltheater Weimar
von Lara Wenzel
Ein Offizier der Bundeswehr findet während einer Sauftour in Wien eine geladene Pistole im Gebüsch und steckt sie ein. Am Flughafen verbirgt er sie, ratlos, was damit zu tun sei, auf der Toilette. Später kehrt er zurück, um sie den Behörden zu übergeben. So weit die haarsträubende Geschichte, die Franco A. der Polizei, die ihn in Wien festnimmt, erzählt. Die Identitätsprüfung ergibt, dass der Bundeswehroffizier ein Doppelleben als syrischer Flüchtling führte. Unter der Tarnidentität habe er…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
thema ausbildung
Mit Anna Luise Kiss steht an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin endlich eine Frau an der Spitze der Institution – und auch sonst bewegt sich hier viel
von Lara Wenzel
Zwischen Mythos und verknöcherter Institution: In den letzten siebzig Jahren hat sich die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ den Ruf aufgebaut, die Theater- und Filmgrößen von morgen auszubilden. 1905 gründete Max Reinhardt die Schauspielschule des Deutschen Theaters zu Berlin und legte damit den Grundstein für die spätere DDR-Institution. Nachdem der ästhetische Pionier 1933 aus Deutschland fliehen musste, übernahm erst Woldemar Runge, dann Heinz Dietrich Kenter die Leitung der…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 12/2021
Look Out
Der Berliner Regisseur Benjamin Zock entdeckt verschüttete Theaterstoffe für die Gegenwart
von Lara Wenzel
Heiner Müller? Das funktioniere im Mansfelder Land nicht, bekam Benjamin Zock zu hören, als er „Die Fahne von Kriwoj Rog“ im Südharz spielen wollte. Dabei erzählt das Müller’sche Fernsehkammerspiel ein Stück Lokalgeschichte – von antifaschistischem Widerstand und Arbeitskampf in der ehemaligen Bergbauregion. Diese Ereignisse werden heute kleingeredet, aber ihre Erinnerung darf nicht verschüttet werden, meint der Berliner Regisseur.
In einer kleinen, wendigen Theatertruppe brachte er im Sommer…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Auftritt
Kunstfest Weimar: „Und alle Tiere rufen: Dieser Titel rettet die Welt auch nicht mehr“ (UA) von Thomas Köck; „438 Tage NSU-Prozess – Eine theatrale Spurensuche“ von Nuran David Çalış und Tunçay Kulaoğ
von Lara Wenzel
Erhob sich ein Schwarm Wandertauben, um einen Nistplatz zu finden, verdunkelte er oft tagelang die Sonne. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird von Milliarden Tieren berichtet, die als dunkle Masse den Himmel bevölkerten. Um einen Vogel zu erlegen, schossen die Jäger einfach in die Luft. Sie trafen immer. Etwa hundert Jahre später stirbt Martha, die letzte Wandertaube, im Zoo von Cincinnati. Die europäische Kolonisation führte zum Aussterben der damals größten Vogelpopulation Nordamerikas. Maßlos…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 10/2021
Festivals
Das Impulse Festival in NRW arbeitet engagiert die Checkliste gesellschaftspolitischer Themen ab – im digitalen Raum wird daraus jedoch leicht konsumierbare Kritik
von Lara Wenzel
Wie sieht eine nichtnormative Beziehung aus? Muss Liebe immer romantisch sein? Und welche Rolle spielt Sex im Durcheinander der Beziehungsweisen?“, fragen die drei Jugendlichen aus Singapur und Australien. Ganz nah wirken ihre Stimmen am Telefon, während sie Zweifel, Ängste und Hoffnungen des Erwachsenwerdens teilen. Die bekannte und zugleich imperfekte mediale Vermittlung versetzt jedes geschilderte Problem mit den authentischen und authentisierenden Geräuschen in der Leitung. Leises…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 9/2021
Magazin
Wer darf wen wie spielen? Mit Julia Kristeva, Jacques Derrida und dem Konzept der „Heimsuchung“ erklärt Elisabeth Tropper in ihrem Buch „Enter the Ghosts of Europe“ aktuelle Theaterinszenierungen
von Lara Wenzel
Gespenster gehen um in Europa – die Gespenster der Migrantisierten, Kolonisierten und Geflüchteten. Mit ihrem Ausschluss aus der europäischen Identität beginnt die Heimsuchung, denn – wie schon im Begriff angelegt – nur das Abgeschlossene, das Heim, kann von einem Grenzübertritt bedroht sein. Wenn in Horrorfilmen eine vorerst unbekannte Kraft in den intimsten Kreis der Familie eindringt, offenbart sich im Fortgang der Handlung häufig, dass es sich nicht um Willkür handelt, sondern um eine…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2021
Auftritt
Theater der Jungen Welt: „Ich bin“ von Jana Zöll; „Und morgen streiken die Wale“ von Thomas Arzt. Regie Johanna Zielinski, Ausstattung Thurid Goertz
von Lara Wenzel
„Leben Sie in einer Familie? Haben Sie gerne Sex in Gruppen? Sind Sie normal?“ Die Zuschauerinnen werden gebeten, sich zu offenbaren und die Laptopkamera einzuschalten, wenn sie eine der Fragen bejahen. Zögerlich weichen die schwarzen Kacheln des Online-Meetingraums ein paar Gesichtern. Die wenigsten bekennen sich zu den abgefragten Sexualpraktiken; der eigenen Normalität möchte niemand zustimmen.
Was es bedeutet, der Norm zu entsprechen oder mit ihr zu brechen, erforscht die Performerin…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 5/2021
Magazin
Das Festival Re:Writing the Future in Berlin setzt sich für verfolgte Künstlerinnen und Künstler im Exil ein
von Lara Wenzel
Es steht schlecht um die Freiheit der Kunst. Das Erstarken von Populismus und Faschismus gefährdet das Leben von Künstlerinnen und Künstlern weltweit, wie aus dem Report der Organisation Freemuse zum Status der künstlerischen Freiheit 2020 hervorgeht. Dort sind 978 Fälle verzeichnet, bei denen das Recht auf kreativen Ausdruck verletzt wurde – durch strafrechtliche Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung. Im Vergleich zum Jahr 2019 ist die Zahl um 267 Fälle gestiegen.
Die mexikanische Künstlerin…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 4/2021
Magazin
Annie Ernaux: Die Scham. Bibliothek Suhrkamp, Berlin 2020, 110 S., 18 EUR.
von Lara Wenzel
Ein Ereignis zerteilt den Sommer eines jungen Mädchens. Am 15. Juni 1952 versucht der Vater von Annie Ernaux ihre Mutter umzubringen. Von dieser Zäsur ausgehend entwickelt die Autorin eine Topografie der ausgesprochenen und unausgesprochenen Regeln, die ihr Aufwachsen in einer französischen Kleinstadt prägten. Mit Fotos, Zeitungsartikeln und populären Liedern der Zeit erinnert sich Ernaux an das Mädchen, das sie damals war.
Bereits 1997 erschien „Die Scham“ in Frankreich. Die 23 Jahre später…mehr
aus der Zeitschrift: Theater der Zeit 2/2021
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